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Gastkommentare : Waffenlieferungen an Israel aussetzen? Ein Pro und Contra

Soll Deutschland seine Waffenlieferungen an Israel wegen dessen Vorgehen im Gaza-Streifen aussetzen? Gastkommentator Hans Monath und Eva Quadbeck im Pro und Contra.

05.06.2025
True 2025-06-06T15:34:23.7200Z
3 Min

Pro

Die Kehrtwende in der deutschen Israelpolitik war notwendig

Foto: Tsp
Hans Monath
arbeitet als freier Journalist in Berlin.
Foto: Tsp

Selten hat eine neue Regierung in kurzer Zeit eine solche Wende in der Außenpolitik vollzogen wie nun die Koalition beim Thema Israel. Vor wenigen Wochen versprach Friedrich Merz Premierminister Benjamin Netanjahu ungeachtet des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs freies Geleit bei einem Deutschland-Besuch.

Inzwischen wirft der Kanzler ihm vor, er verletze das humanitäre Völkerrecht, verweigere der Bevölkerung in Gaza Lebensmittel und medizinische Hilfe. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat die Überprüfung deutscher Waffenlieferungen angekündigt - mit offenem Ausgang.

Die Korrektur war notwendig. Die Deutschen haben zwei Lehren aus ihrer mörderischen Geschichte gezogen. Da ist die historische Verantwortung für Israels Recht, in Sicherheit zu leben. Aber da ist auch der Einsatz für die Geltung von internationalem Recht und Völkerrecht. Beide Gebote sind nun in einen Konflikt miteinander geraten. Der aber lässt sich nicht auflösen, indem man auf internationale Normen pfeift.

Deshalb hatte sich noch die Ampel zusagen lassen, deutsche Waffen würden in dem Konflikt nicht völkerrechtswidrig eingesetzt. Sollte die Prüfung nun ergeben, dass Israel auf schwere Weise Normen bricht, kann die Aussetzung bestimmter Lieferungen geboten sein. Deutsche U-Boote, die Israels atomare Zweitschlagfähigkeit sichern, sollten weiter zur Verfügung stehen.

Eine solche Entscheidung dürfte einen Preis haben. Denn Deutschland ist zum künftigen Schutz seines Territoriums womöglich abhängiger von High-Tech-Rüstungsgütern aus Israel als umgekehrt. Netanjahu könnte etwa mit der Blockade des von Berlin bestellten Raketenabwehrschirms "Arrow 3" drohen. Auch dieses Risiko wird die Regierung genau abwägen müssen. 

Contra

Deutschland sollte auch weiterhin solidarisch an der Seite Israels bleiben

Foto: Andreas Krebs
Eva Quadbeck
ist Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Foto: Andreas Krebs

Das Vorgehen Israels im Gaza-Streifen ist nicht akzeptabel, hat die Verhältnismäßigkeiten überschritten und verstößt in Teilen wahrscheinlich gegen das Völkerrecht. Die Zivilbevölkerung muss verschont und mit Hilfslieferungen versorgt werden. Wichtig ist, dies laut auszusprechen. Die Bundesregierung kommt dem nach - zuletzt mit den deutlichen Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul.

Deutschland muss beides tun: Israel gegenüber auf humanitärem Völkerrecht bestehen und aus dem Selbstverständnis der deutschen Staatsräson gegenüber Israel heraus solidarisch bleiben. Zur Solidarität mit Israel gehören Waffenlieferungen dazu. Es wäre falsch, sie auszusetzen. So unmenschlich Gaza zerstört ist, die Gefahr durch die Hamas ist nicht dauerhaft gebannt. Wenn Israel nicht militärisch durchgreift, kann sich der 7. Oktober 2023 wiederholen.

Und da ist man am Ausgangspunkt: Dieser Krieg hat nach dem bestialischen Überfall der Terrororganisation Hamas auf die Kibbuzim begonnen. Ein Massaker ausgerechnet an jenen Israelis, die die Aussöhnung mit den Palästinensern gesucht haben. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem Israel begonnen hatte, das Verhältnis zu seinen arabischen Nachbarn zu normalisieren. Das Signal hätte nicht klarer sein können: Die Hamas will keinen Frieden. Sie will Israel vernichten. Das darf man bei aller notwendigen Kritik an dem brutalen Vorgehen der von Premierminister Benjamin Netanjahu befehligten israelischen Armee im Gaza-Streifen nicht vergessen.

Es gibt nicht mehr viele Länder, die noch an der Seite Israels stehen. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland dort bleibt. Denn Israel braucht Verbündete, denen es trauen kann und die auch Israel zu Zugeständnissen bewegen können, wenn es eines Tages darum geht, mit internationaler Hilfe eine Friedensordnung herzustellen. 

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