Sacharow-Preis für Menschenrechte : "Andrzej und Msia sind für uns Beispiele für Mut und Stärke"
Die in Belarus und Georgien inhaftierten Journalisten Msia Amaghlobeli und Andrzej Poczobut sind heute in Straßburg mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet worden.
Die höchste Auszeichnung der EU für Menschenrechte, der Sacharow-Preis, geht in diesem Jahr an die georgische Journalistin Msia Amaghlobeli und ihren polnisch-belarussischen Kollegen Andrzej Poczobut. Beide sitzen wegen ihres politischen Engagements in ihrer Heimat in Haft und konnten den Preis am Dienstag deshalb nicht selbst entgegennehmen. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola übergab ihn in Straßburg stellvertretend an Poczobuts Tochter und eine Mitstreiterin Amaghlobelis.
Poczobut (r.) und Amaghlobeli im Gerichtssaal. Amaghlobeli hielt dabei demonstrativ das Buch "How to Stand Up to a Dictator" der philippinischen Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa hoch.
Beide Preisträger sind in ihren Heimatländern Symbolfiguren der Opposition. Amaghlobeli leitet zwei Online-Medien, die kritisch über die aktuelle Regierung Georgiens berichten. Im Januar 2025 wurde sie wegen ihrer Teilnahme an einer regierungskritischen Demonstration verhaftet und im August zu zwei Jahren Haft verurteilt. Am 18. Februar beendete sie einen 38-tägigen Hungerstreik, nachdem sie ihrer Anwältin zufolge ohne angemessene medizinische Versorgung zu erblinden drohte. Ihr Fall ist inzwischen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg anhängig. Laut Europäischem Parlament ist Msia Amaghlobeli die erste weibliche politische Gefangene, seit Georgien 1991 von der Sowjetunion unabhängig wurde.
Der Journalist und Blogger Andrzej Poczobut gehört der großen polnischen Minderheit in Belarus an und hat sich viele Jahre für deren Rechte eingesetzt. Er ist Kritiker der Regierung von Alexander Lukaschenko und gilt als unabhängiger Journalist als Staatsfeind. Wiederholt wurde er festgenommen, 2021 schließlich zu acht Jahren Haft verurteilt. Als das Regime in Belarus vor wenigen Tagen mehr als 120 Oppositionelle freiließ, war Poczobut nicht darunter. Seinem Weggefährten zufolge lehnt Poczobut jede Bitte um Gnade weiterhin ab.
EU-Parlament fordert Freilassung von Amaghlobeli und Poczobut
"Andrzej und Msia können heute nicht bei uns sein, um ihre Taten und ihren Mut zu feiern. Sie wurden inhaftiert, einfach weil sie ihre Arbeit getan und ihre Stimme gegen Ungerechtigkeiten erhoben haben", sagte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola bei der Verleihung in Straßburg. Die EVP-Europaabgeordnete Rasa Jukneviciené, Mitinitiatorin der Nominierung, nannte die beiden Journalisten "Beispiele für Mut und Stärke". Mit ihrer Auszeichnung setze das Europäische Parlament "ein Zeichen der Solidarität an die politischen Gefangenen in Weißrussland und an das georgische Volk, das mit EU-Fahnen auf den Straßen für die Freiheit kämpft". Das Parlament fordert ihre Freilassung.
Mit dem Sacharow-Preis zeichnet das Europäische Parlament seit 1988 Persönlichkeiten und Institutionen aus, die sich gegen Unterdrückung und für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Benannt ist die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung nach dem sowjetischen Physiker und Dissidenten Andrej Andrej Sacharow (1921-1989).
Zu den bisherigen Preisträgern gehören der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan sowie Südafrikas Ex-Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela. Im letzten Jahr ging der Sacharow-Preis an die demokratische Opposition in Venezuela, vertreten von Edmundo González Urrutia und der diesjährigen Friedensnobelpreisträgerin María Corina Machado.
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