Beschwerde des BSW erfolglos : Vorerst keine Neuauszählung der Bundestagswahl
Der Wahlprüfungsausschuss spricht sich gegen eine vom BSW geforderte Neuauszählung der Bundestagswahl aus. Die Partei will nun vor das Verfassungsgericht ziehen.
Die Bundestagswahl 2025 wird voraussichtlich ein juristisches Nachspiel vor dem Bundesverfassungsgericht haben. Hintergrund ist eine Wahlprüfungsbeschwerde des "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). Die Partei, die nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt hatte, fordert eine Neuauszählung des Urnengangs. Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages lehnte diese Forderung am Donnerstagnachmittag aber mit Stimmen von Union, SPD, Grünen und Linken ab. Die AfD stimmte dafür.
Der Entwurf der Beschlussempfehlung hatte bereits in den Tagen zuvor die Runde im politischen Berlin gemacht. Parteigründerin Wagenknecht kündigte daraufhin den Gang nach Karlsruhe an. Zunächst muss jedoch der Bundestag über die Beschlussempfehlung des Ausschusses abstimmen, bevor das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung überprüfen kann. Das sieht das in Artikel 41 des Grundgesetzes geregelte Wahlprüfungsverfahren vor.
BSW vermutet Fehler bei der Auszählung
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar hatte das BSW mit 4,981 Prozent der Zweitstimmen den Einzug in das Parlament denkbar knapp verpasst. Der Partei fehlten bundesweit 9.529 Stimmen.
Aus Sicht des BSW könnten aber Auszählfehler dafür verantwortlich sein. In mehreren Bundesländern stand das BSW auf dem Wahlzettel nahe dem "Bündnis Deutschland", die Partei vermutet, dass Stimmen für das BSW womöglich dem "Bündnis Deutschland" zugerechnet worden seien. Argumentiert wird auch mit dem Umstand, dass das BSW beim endgültigen amtlichen Endergebnis besser abgeschnitten hatte als beim vorläufigen amtlichen Endergebnis am Tag nach der Wahl.
Ausschuss hält Beschwerden des BSW für unbegründet
Der Ausschuss folgte der Argumentation nicht. Es könne "kein mandatsrelevanter Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften und damit kein Wahlfehler festgestellt werden", heißt es in der Vorlage. Die Mehrheit des Ausschusses habe die Einsprüche des BSW für unbegründet gehalten, teilte der Vorsitzende des Gremiums, Macit Karaahmetoglu (SPD), mit. Der Ausschuss habe die Anliegen des BSW sehr genau geprüft, sagte der Sozialdemokrat. Doch habe sich der Sachvortrag des BSW in allen Teilen als unzutreffend herausgestellt.
Das BSW wiederum hatte in den letzten Tagen auf die sich abzeichnende Ablehnung mit scharfer Kritik reagiert. In einer Stellungnahme auf der Webseite der Partei sprach die Partei davon, dass die Entscheidung "keine Überraschung" sei. Es sei naheliegend, dass "machtpolitische Gründe" eine Rolle spielten. Tatsächlich hätte ein nachträglicher Einzug des BSW erhebliche Folgen für die bundespolitische Konstellation. CDU, CSU und SPD hätten dann im Bundestag keine Mehrheit mehr.
Mit der angekündigten Beschwerde des BSW gegen die Entscheidung des Bundestages landet die Bundestagswahl erneut vor dem Bundesverfassungsgericht. Das BSW hatte noch vor Feststellung des endgültigen Ergebnisses in Karlsruhe von den Karlsruher Richterinnen und Richtern ein Eingreifen und eine Neuauszählung verlangt. Das lehnte das Gericht mit Verweis auf das im Grundgesetz geregelte Verfahren ab.
Ebenso argumentierte das Gericht einige Monate später, als es eine weitere Klage als unzulässig ablehnte, die die Einsetzung des Wahlprüfungsausschusses und die Prüfung einer Beschwerde verlangte. In dem Beschluss rüffelte das Verfassungsgericht aber das langsame Tempo, das der Bundestag bei der Wahlprüfung an den Tag legte.
In der vergangenen Wahlperiode gab es eine Wiederholungswahl
Bereits in der vergangenen Wahlperiode entschieden die Karlsruher Richterinnen und Richter über die Bundestagswahl. Hintergrund war der in Berlin chaotisch verlaufene Wahltag. Nachdem der Bundestag auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses am 10. November 2022 eine teilweise Wiederholungswahl angeordnet hatte, landete der Fall auf Bestreben der damaligen Oppositionsfraktion CDU/CSU in Karlsruhe.
Das Gericht folgte in seinem Urteil vom 19. Dezember 2023 dem Bundestagsbeschluss überwiegend, erklärte die Wahl aber in einigen weiteren Bezirken für ungültig. Am 11. Februar 2024 - fast zweieinhalb Jahre nach dem eigentlichen Wahlgang - ging ein Teil der Berliner erneut zur Urne. Aufgrund der niedrigeren Wahlbeteiligung verloren im Nachgang mehrere Abgeordnete aus der Hauptstadt ihr Mandat zugunsten von Nachrückern aus anderen Bundesländern.
Eine Klage gegen die angeblich zu langsame Wahlprüfung im Bundestag scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht. Aber auch die Richter wundern sich über das Tempo.
Die Bundestagswahl 2021 muss in Berlin teilweise wiederholt werden. Der Neuwahltermin für die rund 550.000 Wählerinnen und Wähler ist am 11. Februar.