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Unzulässige Verfassungsbeschwerde : Karlsruhe lehnt Klage gegen langsame Wahlprüfung ab

Eine Klage gegen die angeblich zu langsame Wahlprüfung im Bundestag scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht. Aber auch die Richter wundern sich über das Tempo.

20.08.2025
True 2025-08-20T14:50:57.7200Z
3 Min

Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch eine Klage wegen angeblich zu langsamer Wahlprüfung durch den Bundestag als unzulässig verworfen. Das Gericht nahm die Verfassungsbeschwerde, die dem Bundestag Untätigkeit vorwarf, nicht an, teilte der Zweite Senat in einem einstimmig ergangenen Beschluss mit. Damit entfiel zugleich die vom Kläger beantragte einstweilige Anordnung.

Zugleich wiesen die Richterinnen und Richter darauf hin, dass das Parlament schneller in die Wahlprüfung einsteigen könnte und wohl auch sollte.

Kläger verlangte unverzügliche Wahlprüfung

Nach der Konstituierung des Bundestages am 25. März hatte der Kläger am 23. April Einspruch gegen die Bundestagswahl vom 23. Februar 2025 eingereicht. Am 22. Juni erhob er Verfassungsbeschwerde und ersuchte das Gericht um den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Damit sollte der Bundestag verpflichtet werden, den Wahlprüfungsausschuss unverzüglich einzurichten. Außerdem verlangte der Kläger, dass der Ausschuss sofort mit der Prüfung der Wahleinsprüche beginne.

Foto: Deutscher Bundestag / Inga Haar

Macit Karaahmetoglu (SPD) leitet den Wahlprüfungsausschuss der 21. Wahlperiode.

Der Wahlprüfungsausschuss konstituierte sich tatsächlich am 27. Juni. Nach der Konstituierung des Ausschusses verlangte der Kläger zusätzlich zur Erstattung seiner Auslagen nur noch, dass dieser sich unverzüglich der Eingaben annehme. Aus Sicht des Klägers widersprach die bislang fehlende Befassung sowohl dem deutschen Verfassungsrecht als auch den europäischen Menschenrechten, heißt es im Beschluss.

Gericht mahnt Wahlprüfung binnen "angemessener Frist" an

Das Gericht betonte in seinem Beschluss, dass ein "öffentliches Interesse an der raschen und verbindlichen Klärung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments" bestehe. Der Bundestag müsse binnen "angemessener Frist" über die Wahleinsprüche entscheiden.

Zwar habe das Parlament - drei Monate nach der Konstituierung - am 26. Juni die Mitglieder des Wahlprüfungsausschusses gewählt. Die Gründe dafür, dass die für die Wahlprüfung erforderlichen Schritte "nicht unverzüglich" eingeleitet worden seien, erschlössen sich aber "nicht ohne Weiteres". "Schließlich kann die Prüfung der Legitimation des Parlaments durch den Wählerwillen nicht von den Mehrheitsverhältnissen und Koalitionsverhandlungen abhängig gemacht werden oder davon abhängen, ob überhaupt eine Regierung gebildet werden kann", heißt es in dem Beschluss.

Verfassungsbeschwerde unzulässig

Allerdings ist die vom Kläger erhobene Verfassungsbeschwerde laut Gericht der falsche Weg, um den Bundestag in Sachen Wahlprüfung zum Handeln zu bewegen. Die Beschwerde sei unzulässig, da es sich um den falschen Rechtsbehelf handelt. Klagen gegen die Wahlprüfung des Bundestages müssen sich nach dem Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren gemäß Artikel 41 Absatz 2 Grundgesetz richten.

Das gelte auch, wenn sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass der Bundestag über seinen Wahleinspruch nicht in “angemessener Frist” entscheide. Das Bundesverfassungsgericht schließt daher „ausnahmsweise“ eine Wahlprüfungsbeschwerde auch ohne vorangehende Entscheidung des Bundestages nicht aus, wenn dieser über den Wahleinspruch nicht in „angemessener Frist“ entscheide und „dadurch die Gefahr besteht, dass das Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren nicht mehr zeit- oder sachgerecht durchgeführt werden kann“.

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In ihrem Beschluss verwiesen die Richter auch auf Empfehlungen des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Im Nachgang zur vorgezogenen Bundestagswahl hatten die Fachleute empfohlen, eine gerichtliche Überprüfung in allen Phasen des Wahlprozesses zu ermöglichen, um einen effektiven Rechtsschutz im Rahmen der Wahlprüfung zu gewährleisten, und verbindliche Fristen für Entscheidungen einzuführen. „Das Fehlen klarer Fristen gewährleistet somit kein wirksames Rechtsmittel und steht im Widerspruch zu internationalen Standards“, hieß es in dem Bericht.

Auch das BSW hatte schon wegen der Bundestagswahl geklagt

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich in den vergangenen Monaten schon öfters zur Bundestagswahl 2025 geäußert. So hatte das knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiterte “Bündnis Sarah Wagenknecht” (BSW) mehrfach erfolglos an das Gericht gewandt. So scheiterte die Partei im März mit einem Eilantrag gegen die Feststellung des amtlichen Endergebnis. Auch seinerzeit hatte das Gericht auf das ordentliche Wahlprüfungsverfahren verwiesen.

Die Wahlprüfung ist laut Grundgesetz Sache des Bundestages.  Die Details sind im Wahlprüfungsgesetz geregelt. Jeder Wahlberechtigte kann innerhalb von zwei Monaten nach der Wahl Einspruch gegen diese einlegen. Die Mitglieder des Ausschusses prüfen den Einspruch dann. In der Regel werden die meisten Einsprüche verworfen. Gegen die Entscheidungen des Ausschusses kann vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage erhoben werden. Erfolg hatten in der vergangenen Wahlperiode allerdings Einsprüche gegen den chaotischen Ablauf der Bundestagswahl in Berlin. In der Folge musste in Teilen der Hauptstadt mitten in der Legislaturperiode neu gewählt werden.