Krankenhausreform wird nachjustiert : Koalition will alltagstaugliche Anpassung
Die Krankenhausreform soll nachgebessert werden. Es soll Ausnahmen von den Auflagen geben und einen erweiterten Zeitplan.
Die vor rund einem Jahr beschlossene Krankenhausreform wird an wichtigen Stellen nachjustiert. Der von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) vorgelegte Entwurf für ein Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG), der am Mittwoch erstmals beraten wurde, orientiert sich dabei eng an der Koalitionsvereinbarung.
An den Zielen der Reform soll sich nichts ändern
Warkens Amtsvorgänger Karl Lauterbach (SPD) hatte die Krankenhausreform im Herbst 2024 gegen heftigen Widerstand vor allem der Bundesländer durchgesetzt. Er argumentierte, dass komplexe Eingriffe, die viel Erfahrung erfordern, teilweise in Kliniken angeboten würden, die dafür schlecht qualifiziert seien. Lauterbach forderte mehr Spezialisierung der Häuser, mehr nachprüfbare Qualität und auch mehr Effizienz. An diesen Zielstellungen soll sich auch nichts ändern.
Die nachjustierte Krankenhausreform soll auch die medizinische Versorgung im ländlichen Raum dauerhaft sichern. Hier im Bild der Krankenhausneubau in Calw im Schwarzwald.
Experten waren sich überdies einig, dass die Zahl von rund 1.700 Kliniken auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten ist, zumal viele Häuser bereits rote Zahlen schreiben. Im Zuge der Reform wird es zu Zusammenlegungen und Kooperationen von Kliniken kommen, einzelne Standorte könnten auch wegfallen.
Kritiker sehen in der Reform der Reform eine Aufweichung der Vorgaben. Die Deutsche Krebsgesellschaft appellierte an die Abgeordneten, die Qualitätsvorgaben nicht abzusenken. Wenn die Qualitätskriterien bei der Krebsbehandlung herabgesetzt würden, wäre das für die Onkologie, die sich durch ihre Spezialisierung auszeichne, ein Rückschritt. Patienten seien bereit, für eine spezialisierte, bessere Behandlung auch weitere Wege in Kauf zu nehmen.
Bund plant mehr Geld ein für den Kliniktransformationsfonds
Der Gesetzentwurf sieht erweiterte Ausnahmen von den Auflagen und Kooperationsmöglichkeiten für Krankenhäuser vor, um insbesondere im ländlichen Raum die Versorgung sicherzustellen. Die Zahl der für die Qualitätsvorgaben relevanten Leistungsgruppen wird von 65 auf 61 reduziert. Die Einführung der sogenannten Vorhaltevergütung wird um ein Jahr verschoben. Geändert und erweitert wird zudem die Finanzierung des Bundesanteils am Krankenhaustransformationsfonds (KHTF), mit dem über zehn Jahre (2026 bis 2035) der Krankenhausstrukturwandel abgesichert wird. Nun sollen die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität bereitgestellt und auf Bundesseite auf 29 Milliarden Euro aufgestockt werden.
„Die Reform wird verzögert und verwässert.“
Ministerin Warken wies Kritik an den geplanten Änderungen zurück und erklärte, die Krankenhausreform werde "alltagstauglicher". Sie versprach: "Es wird keine Abstriche bei den grundlegenden Zielen geben. Wir wollen und wir brauchen mehr Qualität in der Versorgung." Die bisherige Reform sei unausgereift gewesen und hätte zu Verwerfungen in der Versorgung geführt. "Es kann nicht Sinn einer Reform sein, funktionierende und qualitativ hochwertige Strukturen ohne Not zu zerstören."
Opposition spricht von verfehlter Gesundheitspolitik
Armin Grau (Grüne) konterte, die bisherige Reform werde "verzögert und verwässert unter der falschen Vorgabe, mehr Flexibilität oder Alltagstauglichkeit zu ermöglichen". In der Folge entstehe ein Flickenteppich in der Versorgung. Leistungsgruppen für die Kinderbehandlung oder Infektiologie würden gestrichen. Grau hielt der Regierung vor: “Sie machen einen Kniefall vor den Interessen einzelner Länder.”
Was geplant ist
🏥 Zur Sicherstellung der Versorgung insbesondere im ländlichen Raum sind erweiterte Ausnahmen und Kooperationsmöglichkeiten für Krankenhäuser vorgesehen.
📉 Die Zahl der Leistungsgruppen wird von 65 auf 61 reduziert.
💰 Die Einführung der Vorhaltevergütung wird um ein Jahr verschoben. Der Bundesanteil für den Krankenhaustransformationsfonds wird aus dem Sondervermögen Infrastruktur bezahlt.
Auch Ates Gürpinar (Linke) hielt der Koalition eine verfehlte Gesundheitspolitik vor. Was die Ampel-Koalition als Krankenhausreform verkauft habe, sei "in Wirklichkeit ein Klinikschließungsprogramm". Die vorgesehenen Übergangsregelungen könnten nicht verhindern, dass flächendeckend bedarfsnotwendige Kliniken schließen. Die Fallpauschalen und die "Pseudovorhaltevergütung" schafften überdies Anreize, möglichst viele Fälle mit möglichst wenig Personal zu versorgen. Gürpinar forderte, sämtliche Personalkosten aus den Fallpauschalen herauszunehmen. “Die Profitlogik muss endlich raus aus der Gesundheit.”
SPD verspricht Verbesserung statt Verwässerung
Auch Christina Baum (AfD) kritisierte die "profitorientierte Ausrichtung" der Gesundheitspolitik. Der wirtschaftliche Druck zwinge Kliniken, Fallzahlen zu generieren. Die Ausnahmen seien kein Konzept, sondern das Eingeständnis, dass die Regeln an der Versorgungsrealität vorbeigingen. Das Ziel müsse sein, flächendeckend wohnortnahe Krankenhäuser zu erhalten. Sie sprach von einer "Verschlimmbesserung" der alten Reform.
Christos Pantazis (SPD) betonte, die Krankenhausreform sei kein Selbstzweck, sondern ein Versprechen an Patienten, dass gute Versorgung überall erreichbar bleibe, und an die Beschäftigten, dass ihr Einsatz Anerkennung erfahre. “Wir wollen verbessern, nicht verwässern.”
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