Neue Einstiegsmöglichkeiten : Reform der Pflegeausbildung verabschiedet
Mit dem Gesetz wird die Ausbildung zur Pflegefachassistenz neu geregelt und vergütet. Damit soll der Pflegeberuf für Einsteiger attraktiver werden.
Wer in den Pflegeberuf einsteigen will, kann sich künftig in einem bundesweit einheitlich geregelten Berufsbild zum Pflegefachassistenten ausbilden lassen. Die Vereinheitlichung der bislang 27 unterschiedlichen Ausbildungswege in den Ländern soll dazu beitragen, dass sich mehr junge Frauen und Männer in der Pflege engagieren.
Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Pflegefachassistenzausbildung wurde am Donnerstag mit den Stimmen von Union und SPD gebilligt, die Oppositionsfraktionen von AfD, Grünen und Linken enthielten sich.

Die Ausbildung zur Pflegefachassistenz wird bundesweit einheitlich geregelt. Das soll den Berufseinstieg für junge Leute in die Pflege erleichtern.
In dem Gesetzentwurf wird der Personalmangel in der Pflege klar formuliert. In allen Versorgungsbereichen würden dringend mehr Pflegekräfte benötigt, heißt es dort. Die Personalausstattung der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser werde künftig nicht allein durch eine Steigerung der Zahl der Pflegefachpersonen sichergestellt werden können. Vielmehr bedürfe es eines geeigneten Personalmixes mit einer kompetenzorientierten Aufgabenverteilung.
Laut einer Studie zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen werden künftig in der vollstationären Langzeitpflege bis zu 100.000 zusätzliche Kräfte mit einer Pflegehilfe- oder Pflegeassistenzausbildung auf dem Qualifikationsniveau 3 (QN3) benötigt.
Die acht Qualifikationsstufen in der professionellen Pflege
In der stationären Langzeitpflege wird das Qualifikationsniveau in acht Stufen unterschieden, von QN1 (angeleitete Servicekraft ohne Ausbildung) bis zu QN8, das sind Pflegefachpersonen mit Bachelorabschluss, Masterabschluss oder Promotion, die zur Steuerung pflegewissenschaftlicher Aufgaben eingesetzt werden. Das Niveau QN3 für Pflegeassistenz setzt eine Ausbildung voraus und qualifiziert für bestimmte Aufgaben im Pflegeprozess. Niveau QN4 umfasst Pflegefachkräfte, die nach einer dreijährigen Ausbildung für die Steuerung und Gestaltung komplexer Pflegeprozesse eingesetzt werden können.
Die künftig bundesweit einheitliche Ausbildung ist generalistisch angelegt und beinhaltet Pflichteinsätze in der stationären Langzeitpflege, der ambulanten Langzeitpflege und der stationären Akutpflege. Die Ausbildungszeit umfasst in der Regel 18 Monate.
„Wir wollen längere Erfahrungszeiten, damit Qualität und Patientensicherheit gesichert bleiben.“
Voraussetzung für die Ausbildung ist regelhaft ein Hauptschulabschluss, bei einer positiven Prognose der Pflegeschule können auch Bewerber ohne formalen Abschluss eine Ausbildung beginnen. Hier wurde in den Beratungen vereinbart, dass es auch für die Erstellung der Prognosen einheitliche Empfehlungen geben soll. Auszubildende erhalten eine Vergütung. Die neu strukturierte Ausbildung soll 2027 beginnen.
In der Expertenanhörung zu dem Gesetzentwurf waren sich die Sachverständigen am Montag weitgehend einig, dass die einheitliche Ausbildung ein Fortschritt ist, doch nicht alle Experten sind überzeugt von 18 Monaten Ausbildungsdauer. Der Deutsche Pflegerat (DPR) erklärte, das nötige Qualifikationsniveau dürfe nicht unterschritten werden, 18 Monate Ausbildung seien fachlich nicht ausreichend, 24 Monate wären besser.
Linke fordert 24 statt 18 Monate für die Ausbildung zur Pflegefachassistenz
In der Schlussberatung würdigten Gesundheitspolitiker aller Fraktionen die Initiative zur Aufwertung des Pflegeberufs. Allerdings bemängelten Rednerinnen der Opposition, dass die Reform einige Schwächen beinhalte, die hätten ausgeräumt werden können.
Birgit Bessin (AfD) kritisierte, der Pflegenotstand sei schon seit den 1970er Jahren bekannt. Einem stetig wachsenden Bedarf stehe seit mehr als 50 Jahren ein sinkendes Angebot an Pflegekräften gegenüber. "Seit 50 Jahren wird das Problem verwaltet statt gelöst, ein Armutszeugnis für Deutschland." Sie warnte, laut Pflegekräftevorausberechnung könnten bis 2049 bis zu 690.000 Pflegekräfte fehlen. Bessin fragte: “Wie konnten Sie es dazu kommen lassen?”
Simone Fischer (Grüne) wertete die Ausbildungsreform als einen wichtigen Schritt. Erstmals würden damit klare und einheitliche Ausbildungsstandards gesetzt, das sei richtig und überfällig. Jedoch hätte der Entwurf an zentralen Punkten nachgebessert werden müssen, etwa bei der Anerkennung von Berufserfahrung und hinsichtlich der Sprachförderung für Menschen ohne Schulabschluss oder mit Migrationsgeschichte. Sie mahnte, praktische Erfahrung sei wichtig, ersetze aber keinen Unterricht oder qualifizierte Praxisanleitung. "Wir wollen längere Erfahrungszeiten, damit Qualität und Patientensicherheit gesichert bleiben."
Die gelernte Kinderkrankenschwester Julia-Christina Stange (Linke) sagte, 18 Monate Ausbildung reichten nicht aus. "Wer Verantwortung in der Pflege übernimmt, braucht Zeit, braucht Sicherheit und braucht Fachwissen." Aus ihrer Sicht wäre eine Ausbildung über 24 Monate nötig. Zudem dürfe die Assistenzausbildung keine Sackgasse sein, "sondern ein Türöffner zur Fachkraftausbildung".
Das Gesetz stärke die Pflege und schaffe bessere Karrierewege
Rednerinnen von Union und SPD hoben die aus ihrer Sicht bedeutenden Verbesserungen hervor. Astrid Timmermann-Fechter (CDU) sagte, für viele Aufgaben in der Pflege würden nicht zwingend Pflegefachkräfte benötigt. Es brauche aber qualifiziertes Personal, das Verantwortung übernehme und entlasten könne. Mit der Reform werde die Pflegefachassistenz als eigenständiger Beruf gestärkt. Der Gesetzentwurf schaffe neue Einstiegsmöglichkeiten, bessere Karrierewege und stärke die Position der Pflege insgesamt.
Sabine Dittmar (SPD) erinnerte daran, dass dem Gesetz anderthalb Jahrzehnte politische Beratungen von Bund, Ländern und Fachverbänden vorausgegangen seien. Sie sprach von einem Meilenstein. Bei erfolgreicher Ausbildung bestehe Anschlussfähigkeit an die Pflegefachkraftausbildung bis hin zu einem Studium. “Das ist ein entscheidender Beitrag zu einem zukunftsfähigen, attraktiven und durchlässigen Pflegeausbildungssystem.”
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