Anhörung zur Pflegekompetenz : Effizienter Einsatz knapper Ressourcen
Pflegekräfte sollen mehr Kompetenzen erhalten und von bürokratischen Aufgaben entlastet werden. Die Experten, die sich in der Anhörung äußerten, sehen das positiv.
Ein voller Saal mit 50 geladenen Verbänden und Einzelsachverständigen, ein opulenter Gesetzentwurf mit vielen Neuregelungen und sachfremden Ergänzungen und eine Branche, die auf Veränderungen und Verbesserungen hofft: Die Expertenanhörung am Mittwoch über den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege ist in der Branche vermutlich mit großen Erwartungen verfolgt worden.
Viele der von den Abgeordneten befragten Gesundheitsexperten machten in der Anhörung deutlich, dass sie die Reform positiv sehen, wenngleich dennoch einige Sachverständige perspektivisch weitergehende Regelungen zugunsten der Pflegefachkräfte forderten sowie einen konsequenteren Abbau bürokratischer Vorschriften.

Mehr Eigenverantwortung der Pflegekräfte soll die Versorgung verbessern. Das Ziel ist, doppelte Wege zu vermeiden und insgesamt effizienter zu arbeiten.
Unterstützung kommt etwa von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die KBV begrüße die Intention des Gesetzgebers, mit Blick auf den demografischen Wandel den Ausbau einer aufeinander abgestimmten pflegerischen Versorgung und damit auch die Weiterentwicklung der Pflegekompetenzen anzugehen, erklärte der Verband. Es sei wichtig, keine neuen Schnittstellen zwischen den Professionen oder Doppelungen von Versorgungsangeboten zu schaffen, sondern integrierte Versorgungsmöglichkeiten zu fördern.
Optimierte Aufgabenverteilung zwischen Pflegern und Ärzten
Grundsätzlich begrüßt wird die Reform auch vom Verband der Ersatzkassen (vdek). Eine optimierte Aufgabenverteilung zwischen Pflegekräften und Ärzten sei hilfreich für den möglichst effizienten Einsatz des knappen Personals im Gesundheitswesen. Jedoch bleibe die geplante Regelung hinter dem Anspruch der eigenverantwortlichen Tätigkeit von Pflegefachpersonen zurück. Weiterhin würden Ärzte entscheiden, ob Pflegefachpersonen bestimmte Leistungen übernehmen dürfen. Ungeklärt bleibe zudem die Haftungsfrage.
Die Haftungsfrage wird auch von der Bundesärztekammer (BÄK) aufgeworfen, die außerdem mahnt, dass die Befugniserweiterung in der Pflege die Grenze der ärztlichen Kernkompetenz nicht überschreiten dürfe. Unterstützt werde ausdrücklich die Vorbereitung einer systematischen Entwicklung und Beschreibung pflegerischer Aufgaben (Muster-Scope of Practice) und die Zuschreibung von entsprechenden Kompetenzen zu Qualifikationsgraden. Das sei ein wichtiger Schritt, um die Rolle und Verantwortlichkeiten von Pflegefachpersonen klarer zu definieren.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) sieht in der Reform wegweisende Fortschritte. Erstmals würden heilkundliche Aufgaben der Pflege im Leistungsrecht der Sozialgesetzbücher (SGB XI und V) verankert. Damit werde der Grundsatz anerkannt, dass Pflegefachpersonen per se heilkundliche Aufgaben ausübten. Es müsse aber ergänzt werden, dass die Kompetenzen zur erweiterten Heilkundeausübung auch von Pflegefachpersonen während ihres Berufslebens durch Fort- und Weiterbildung erworben werden könnten. Nur so könne die erweiterte Heilkunde in die Fläche kommen. Zudem gelte es, die Anwendungsbereiche Diabetes, chronische Wunden und Demenz thematisch zu erweitern.
Mehrere Sachverständigen drängen auf Entlastung bei der Bürokratie
Nach Ansicht des Deutschen Pflegerats (DPR) dürfen die pflegefachlichen Leistungen nicht auf Anwendungen reduziert werden, die lediglich aus ärztlichen Diagnosen abgeleitet seien. Die Erarbeitung von Leistungskatalogen könne daher nur als weiterer Schritt in Richtung der pflegerischen Heilkundeausübung verstanden werden.
Mehrere Sachverständige machten deutlich, dass eine Entlastung von Bürokratie dringlich ist. Eine Sprecherin der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte, die bürokratischen Anforderungen seien angesichts des Fachkräftemangels nicht vertretbar.
Ein Sprecher des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) sprach von einem Etikettenschwindel. Weniger Bürokratie sei nicht zu erwarten. Die Digitalisierung und der Abbau von Regulatorik seien jedoch wesentliche Bausteine bei Gesundheitsreformen.
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