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Paul Hindenburg : Der preußische Feldmarschall und "sein lieber Kanzler"

1925 wurde Paul Hindenburg zum Reichspräsidenten gewählt. Wolfgang Niess analysiert in "Schicksalsjahr 1925" seine Rolle beim Aufstieg Hitlers.

07.05.2025
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4 Min
Foto: picture alliance/Fotoarchiv für Zeitgeschichte

Reichskanzler Adolf Hitler (l.) verneigt sich am 21. März 1933 anlässlich des Festaktes zur Reichstagseröffnung in Potsdam vor Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (r.) und gibt ihm die Hand.

Noch heute gibt es in über einhundert deutschen Städten eine Hindenburgstraße oder einen Hindenburgplatz. Den Historiker Eberhard Jäckel motivierte dies 1984 zu der Feststellung, dass "die Hindenburgstraßen fast ausschließlich auf ein einziges 'Verdienst' zurückgehen: Hindenburg wurde geehrt, weil er Hitler zum Reichskanzler ernannt hatte, weil er die Tür aufgemacht hatte für den Weg in die größte Katastrophe unserer Geschichte". Sollen diese Straßen auch noch im 21. Jahrhundert Hindenburgs Namen tragen, hinterfragt der Journalist und Historiker Wolfgang Niess in seinem neuen empfehlenswerten Buch.

Der Autor analysiert systematisch und umfassend, wie die Nationalsozialisten an die Macht gelangten. Nach seinen Büchern über den "9. November 1918" und der "Hitlerputsch 1923" thematisiert er jetzt das "Schicksalsjahr 1925". Das Jahr hätte man eigentlich überspringen können, bemerkt Niess. Oftmals werde es nur im Zusammenhang mit kulturellen und technischen Innovationen genannt. Gleichwohl gebe es ein zentrales politisches Ereignis, das 1925 zu einem "Schicksalsjahr" für die Deutschen und die Weltgeschichte mache: Feldmarschall Paul von Hindenburg wurde zum Reichspräsidenten gewählt.

Anti-republikanischen Agenda des Reichspräsidenten ebnete Hitler den Weg

Niess erläutert die Ziele der Präsidentschaft Hindenburgs und berichtet detailliert über sein parteipolitisches Lavieren. Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Krisen ging es ihm vor allem darum, Deutschland zu stabilisieren und regierbar zu halten. Allerdings führte Hindenburgs Präsidialregime dazu, dass die Bedeutung des Reichstags massiv ab- und die politische Unruhe zunahm. Als sich der staatenlose Hitler 1932 anschickte, für das höchste Staatsamt zu kandidieren, ernannte ihn der Freistaat Braunschweig, in dem die NSDAP die Regierung stellte, zum Gesandten Braunschweigs bei der Landesvertretung in Berlin. Damit einherging die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft.


Wolfgang Niess:
Schicksalsjahr 1925.
Als Hindenburg Präsident wurde.
C.H. Beck,
München 2025;
304 S., 28,00 €


Zu diesem Zeitpunkt glaubte Hindenburg in Hitler den Mann gefunden zu haben, der seinen Plan von einer Einigung aller "national denkenden Deutschen" verwirklichen würde. Der Vertreter des altpreußischen Adels, der im "Entferntesten das politische Format eines zweiten Bismarck hatte", ebnete damit "seinem lieben Kanzler" Hitler den Weg zur Errichtung der NS-Diktatur. Dieser Schritt war nicht etwa auf geistige Umnachtung oder Hilflosigkeit Hindenburgs zurückzuführen, sondern er entsprach seiner anti-republikanischen Agenda des Reichspräsidenten. Wolfgang Niess beherrscht sein Handwerk so gut, dass der Leser bereits sein nächstes Buch mit Spannung erwartet.

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