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Vor 35 Jahren : Gemeinsames Gedenken von Volkskammer und Bundestag

Am 17. Juni 1990 gedachten Volkskammer und Bundestag gemeinsam des DDR-Volksaufstands von 1953 – im Bewusstsein, dass die Einheit nun greifbar war.

13.06.2025
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2 Min

Das Ereignis machte auf Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) einen Eindruck, "der unter die Haut geht". Kein Wunder: Denn als am 17. Juni 1990 Abgeordnete von Volkskammer und Bundestag erstmals den "Tag der deutschen Einheit" gemeinsam feierten, gedachte man des Volksaufstands in der DDR von 1953 erstmals mit dem Gefühl, dass die deutsche Einheit bald Realität sein würde.

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Verzweifelte Geste: Demonstranten werfen am 17. Juni 1953 Steine auf Sowjetpanzer am Leipziger Platz in Ostberlin.

37 Jahre zuvor war man davon weit entfernt. Rund eine Million Menschen in der DDR erhoben sich gegen staatliche Willkür und Unterdrückung. Was als Streiks begann, entwickelte sich von Ost-Berlin aus zu einem Massenprotest gegen das Regime, der sich wie ein Flächenbrand in der ganzen DDR ausbreitete. Noch am selben Tag schlug die SED mit Hilfe des sowjetischen Militärs die Demonstrationen gewaltsam nieder.

In Ost-Berlin rollten gegen 11.30 Uhr die ersten Panzer, am Nachmittag verhängte die sowjetische Besatzungsmacht über weite Teile der DDR den Ausnahmezustand, damit herrschte Kriegsrecht. Angehörige der Volkspolizei und sowjetische Soldaten gingen gegen die Demonstranten vor, erschossen am 17. Juni und an den Tagen danach 34 Menschen. Insgesamt ist von mindestens 55 Toten im Zusammenhang mit den Ereignissen die Rede.

“Faschistischer Putschversuch” versus Symbol der Freiheit

Während der Volksaufstand in der DDR als "faschistischer Putschversuch" dargestellt und ansonsten totgeschwiegen wurde, bestimmte der Bundestag nur Wochen später den 17. Juni - als "Symbol der deutschen Einheit in Freiheit" - mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der KPD zum gesetzlichen Feiertag. Was dann im Herbst 1989 passierte, habe vollendet, was im Juni 1953 auf den Weg gebracht werden sollte, betonten nahezu alle Redner beim gemeinsamen Gedenken 1990 in Ost-Berlin.


„Denn wir wären nicht hier, wenn nicht immer wieder Menschen den Aufstand gegen Unterdrückung und Unrecht gewagt hätten.“
Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU)

Zu der Feierstunde im Deutschen Schauspielhaus, zu der die Präsidentin der DDR-Volkskammer, Sabine Bergmann-Pohl (CDU), geladen hatte, kamen mehr als 1000 Parlamentarier und Spitzenpolitiker aus Ost und West, die am Rande der Veranstaltung weiter über den Weg zur Wiedervereinigung berieten. Die SED-Nachfolgepartei PDS blieb der Gedenkveranstaltung demonstrativ fern. Bergmann-Pohl betonte die Chance der Deutschen, jetzt die Einheit und Freiheit zu vollenden. Die damaligen Machthaber der DDR hätten es nach dem Aufstand versäumt, das Vertrauen der Bevölkerung zu erlangen. Nach 1953 habe die Staatsmacht “nicht mehr die Interessen der Bürger, sondern nur sich selbst ”vertreten".

Debatte um den 17. Juni als neuen Nationalfeiertag

Es gibt einen großen Bogen, der vom 17. Juni zum 9. Oktober und 9. November führt", erklärte Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU). "Denn wir wären nicht hier, wenn nicht immer wieder Menschen den Aufstand gegen Unterdrückung und Unrecht gewagt hätten." Was in der DDR nach Vorstellung der dortigen Machthaber noch 100 Jahre Bestand haben sollte, hätten "mutige Menschen in weniger als einem Jahr beseitigt", sagte sie unter großem Beifall.

Zwar war nicht nur Süssmuth der Meinung, dass der 17. Juni - vorausgesetzt, ein gesamtdeutsches Parlament würde entsprechend entscheiden - nationaler Feiertag in einem vereinten Deutschland werden könnte. Doch als am 3. Oktober 1990 die Wiedervereinigung völkerrechtlich vollzogen wurde, wurde dieser Tag neuer Nationalfeiertag. Der 17. Juni ist heute nationaler Gedenktag.

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