Parlamentarisches Profil : Die Besonnene: Gabriela Heinrich
SPD-Politikerin Gabriela Heinrich pendelt zwischen Berlin und Nürnberg, spricht deutliche Worte zur Nahostpolitik – und kämpft für Menschenrechte mit Bodenhaftung.
Für eine, die nach guter Berliner Art von ihren Eltern vorgelebt bekommen hat, dass man generell besser auf dem Teppich bleibt, hat Gabriela Heinrich gerade viel um die Ohren. "Zu Beginn einer Legislatur ist immer eine Menge los", sagt sie am Telefon. Die 62-Jährige ruft von irgendwo aus dem Reichstagsgebäude an; gleich muss sie in den Plenarsaal in eine Aktuelle Stunde. Und dennoch schenkt sie einem das Gefühl, jetzt ganz da zu sein, in aller Ruhe. Eben auf einem gemütlichen Teppich.

Die Sozialdemokratin Gabriela Heinrich ist seit 2013 Bundestagsabgeordnete. In dieser Legislaturperiode sitzt sie unter anderem im Auswärtigen Ausschuss.
Noch ruckeln sich die Fraktionen zusammen, sind nicht alle Ämter gewählt. "Ich werde vor allem zu afrikanischen Ländern arbeiten", skizziert die SPD-Abgeordnete ihren Plan. Aber auch zu Zentralasien und strukturell zur Frauenpolitik, so die menschenrechtspolitische Sprecherin ihrer Fraktion; Heinrich sitzt ebenfalls im Auswärtigen Ausschuss. "Gestern berieten wir im Menschenrechtsausschuss die humanitäre Lage in Gaza", sagt sie. "Jetzt ist keine Zeit mehr. Es muss so viel Hilfe rein wie möglich, auch über die offensichtlich überforderte Stiftung und jene Organisationen, die vorher dort tätig waren." Haben sie die kritischen Worte von Kanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadepfuhl überrascht? "Ich fand gut, was sie sagten", antwortet Heinrich.
Ob damit eine Neuausrichtung der deutschen Nahostpolitik verbunden sei, wisse man noch nicht. Hatte die Vorgängerregierung etwas versäumt? "Nein, jetzt hat es sich massiv aufgebaut." Dennoch bleibe, setzt sie fort, die Freundschaft zum israelischen Staat und die Garantie seiner Sicherheit - mit dem Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung. "Wenn es das nicht gibt, werden immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen die Folge sein."
Für Heinrich steht ihre Partei für die Emanzipation von Frauen und Arbeitern
Seit 2013 ist sie Bundestagsabgeordnete. Geboren und aufgewachsen in West-Berlin, studierte sie dort an der FU und an der TU Slawistik, Literaturwissenschaft und Medienberatung, wurde Diplom-Medienberaterin. 1990 zog sie nach Nürnberg, "der Liebe wegen, mein Mann lebte dort". Heinrich arbeitete in einem Verlag für Berufsbildung und als Redakteurin bei einem Softwareunternehmen, "Zeiten der Arbeitslosigkeit kannte ich auch".
In der Frankenstadt dann der Eintritt in die SPD. "In meinem Elternhaus wurde mir das Interesse an Politik nicht in die Wiege gelegt", erinnert sie sich. "Ich war die Erste in der Familie, die Abitur machte und studierte." Doch die Mutter, bei Karstadt beschäftigt, und der Vater, ein Maurer, der zum Bauleiter aufstieg, ließen sie immer machen. "Sie waren überzeugt, dass ich mein Ding schon machen würde. Dieses Vertrauen unterstützte mich sehr." In der Schule waren ihre Lieblingsfächer Geschichte und Politische Weltkunde.
„Es gilt, den Aspekt der Menschenrechte überall dort reinzubringen, wo es nötig ist.“
Und warum dann die SPD? "Einerseits lockte das Wissen um die große Historie der SPD, und andererseits war und ist sie für mich die Partei der Emanzipation, und zwar von Frauen, Arbeitern und Zugewanderten". So engagierte sich Heinrich zwischen 2002 und 2013 als Stadträtin in Nürnberg und war viele Jahre Vorsitzende von "pro familia" in Nürnberg.
Die SPD-Politikerin hat ein besonderes Augenmerk auf den Menschenrechten
Nun, als Bundestagsabgeordnete, lebt sie in zwei Heimaten. Anfang der Neunziger habe sie in Franken schon zuweilen die Unübersichtlichkeit der Spreemetropole vermisst, das Grün in der Stadt. "Aber ich wurde dann schnell heimisch, mit der tollen Lebensqualität in Nürnberg." In den Sitzungswochen wohnt sie also in ihrer alten Heimat Steglitz. "Ich erkenne viel wieder von früher." Und ein Auf und Ab, das sei für Berlin wohl typisch. Zum Beispiel der Savignyplatz, wo sie früher in einer Kneipe kellnerte: "Nach dem Mauerfall ging es für ihn erst mal runter, dann kam ein Aufstieg. Jetzt denke ich, dass es wieder in die andere Richtung geht."
Als menschenrechtspolitische Sprecherin wird Heinrich ihr Augenmerk auf die vielen Querschnittsthemen legen, die man in diesem Amt beackert. "Es gilt, den Aspekt der Menschenrechte überall dort reinzubringen, wo es nötig ist." Die Frage, die sie sich dauernd stelle: "Wo kann man unterstützen?" Dann geht es für sie schon weiter, an diesem Donnerstagmittag.
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