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Über 800 Beschwerden : Digital Services Coordinator legt ersten Jahresbericht vor

Deutschlands Aufsicht zieht eine erste Bilanz zur DSA-Durchsetzung: 824 Beschwerden über mögliche Verstöße zählte die Koordinierungsstelle der Netzagentur in 2024.

13.08.2025
True 2025-08-13T15:18:14.7200Z
3 Min

Im vergangenen Jahr sind bei der Koordinierungsstelle für Digitale Dienste (DSC) 824 Beschwerden über mögliche Verstöße gegen den Digital Services Act (DSA) eingegangen. Das geht aus dem ersten Tätigkeitsbericht 2024 der Koordinierungsstelle hervor. Diese wurde im Mai 2024 eingerichtet. 87 Beschwerden wurden an DSCs anderer EU-Länder weitergeleitet, da die betroffenen Online-Dienste dort ihren Sitz haben. Die Mehrheit (83) wurde demnach an Irland weitergeleitet, geht aus dem Bericht hervor.

Bis zum Ende des Berichtszeitraums seien vier Verwaltungsverfahren gegen Online-Dienste eingeleitet worden. Außerdem habe die Koordinierungsstelle an Verfahren der EU-Kommission gegen die Plattformen AliExpress, Temu, TikTok und X (ehemals Twitter) mitgewirkt. Wird ein Verwaltungsverfahren eingeleitet, können Zwangsgelder erlassen werden, um die Anordnungen durchzusetzen. Diese können bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes des Diensteanbieters betragen. 

20 Beschäftigte arbeiten bei der Koordinierungsstelle

Der DSA gilt seit Februar 2024 in der gesamten Europäischen Union. Seitdem sind Online-Dienste verpflichtet, auf ihren Plattformen gegen illegale Inhalte und Desinformation vorzugehen. Sehr große Plattformen und Suchmaschinen werden von der EU-Kommission beaufsichtigt, für die nationale Durchsetzung zuständig ist die Bundesnetzagentur mit dem DSC. 

Das macht der Digital Services Coordinator (DSC)

🔎 Der DSC ist die Koordinierungsstelle für die Durchsetzung des Digital Services Act in Deutschland. Er kontrolliert Vermittlungsdienste wie Online-Plattformen auf die Einhaltung ihrer Verpflichtungen etwa hinsichtlich Transparenz und fairem Wettbewerb.

📥 In einem Beschwerdeportal nimmt der DSC Beschwerden von Nutzern aus Deutschland über Verstöße gegen den DSA entgegen.

📲 Dazu zählen u.a.: Probleme bei der Meldung von rechtswidrigen Inhalten, im Umgang mit Beschränkungen von Accounts/Inhalten/Diensten, beim Online-Schutz Minderjähriger, bei Transparenzproblemen bei Online-Werbung oder bei Empfehlungssystemen.



Ende 2024 sind laut Bericht 20 Personen bei der Koordinierungsstelle beschäftigt gewesen. Bis Ende Juni 2025 hatte Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller die kommissarische Leitung der Koordinierungsstelle inne. Seit 1. Juli leitet Johannes Heidelberger den DSC. Heidelberger ist seit 2012 in verschiedenen Positionen für die BNetzA tätig. 

DSC-Beirat moniert personelle Ausstattung 

Der DSC zertifiziert zudem außergerichtliche Streitbeilegungsstellen und sogenannte „Trusted Flagger" (vertrauenswürdige Hinweisgeber). Laut DSA müssen Betreiber von Online-Plattformen Hinweise dieser Organisationen auf mutmaßlich rechtswidrige Inhalte vorrangig und unverzüglich bearbeiten. Im August 2024 hat der DSC laut Jahresbericht die User Rights GmbH als erste außergerichtliche Streitbeilegungsstelle zertifiziert. Es habe insgesamt fünf Anträge auf Zertifizierung gegeben. Anfang Oktober 2024 sei die Meldestelle REspect! bei der Jugendstiftung Baden-Württemberg als vertrauenswürdige Hinweisgeberin zertifiziert worden, heißt es weiter. 22 Anträge seien in 2024 eingereicht worden. Mit dem Bundesverband Onlinehandel e.V., der HateAid gGmbH und dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. seien Anfang Juni 2025 drei weitere Institutionen als “Trusted Flagger” anerkannt worden, teilte die BNetzA mit.

Anfang August hat auch der Beirat bei der Koordinierungsstelle seinen ersten Jahresbericht vorgelegt. In diesem kritisieren die aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft stammenden Beiratsmitglieder unter anderem, dass die personelle Ausstattung der Koordinierungsstelle hinter den gesetzlichen Vorgaben zurückbleibe. Die Zusammenarbeit im Gremium selbst sowie mit der Geschäftsstelle bewertete das Gremium als „positiv und konstruktiv“. Hinsichtlich künftiger Forschungsschwerpunkte des DSC nennt der Beirat systemische Risiken großer Plattformen, potenzielle Wahlbeeinflussung und „Shadow Banning“ sowie die Rolle Künstlicher Intelligenz bei der DSA-Durchsetzung.

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