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Ausbildung für den Zoll : Im Holzbau fit werden für den Kampf gegen Finanzkriminalität

Wie gegen Geldwäsche und Schwarzarbeit vorgehen? Das sollen Studenten in der neuen Zollhochschule in Rostock-Lichtenhagen lernen. Ein Besuch auf der Baustelle.

26.11.2025
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5 Min

Ein zarter, kaum wahrnehmbarer Holzduft durchzieht die Räume. Er mischt sich etwas mit den typischen Gerüchen einer Baustelle im Endstadium, die aber bei weitem nicht so dominieren wie üblich in einem klassischen Neubau. Holz dominiert die Arbeiten an der Möllnerstraße in Rostock-Lichtenhagen. Hier entsteht die neue Zollhochschule des Bundes. 

Im Januar soll das Bauwerk übergeben werden, der Innenausbau läuft auf Hochtouren. Zimmerleute und Tischler arbeiten vor Ort. Eine Treppe, selbstverständlich aus Holz, schwingt sich freischwebend von einer Empore herab auf die untere Ebene. Hier wird in wenigen Wochen die Bibliothek der neuen Hochschule einziehen. Noch liegen die Handläufe sorgsam neben dem Aufgang, die Handwerker müssen diese noch anbringen. Ein wenig ungewohnt ist das schon, die Holzkonstruktion erinnert ein bisschen an einen Abenteuerspielplatz. Ob das die Studenten hier auch so empfinden werden?

Weniger Beton, besseres Lernklima

Die künftigen Anwärter für den gehobenen Dienst des Zolls werden umgeben von hellen Balken aus Fichtenholz lernen, wie sie Finanzkriminalität bekämpfen können. "Studien zeigen, dass Menschen in Räumen aus Holz eine geringere Herzfrequenz haben und weniger Adrenalin ausschütten, das steigert die Konzentrationsfähigkeit und verbessert das Lernklima", erklärt Lorenz Nagel. In hellblauer Jeans und dunkelblauer Daunenjacke zeigt er stolz seine Baustelle.

Foto: Stephan Balling

Außen Metall, innen viel Holz und relativ wenig Beton: Arbeiter vollziehen den letzten Feinschliff am Neubau für den Zoll in Rostock.

Der gelernte Architekt führt in zweiter Generation das Hamburger Unternehmen "Primus developments", das zusammen mit der österreichischen Holzmodulbau-Firma "Kaufmann Bausysteme" den öffentlichen Auftrag übernommen hat, die neue Ausbildungsstätte des Zolls samt einem Wohnheim mit Platz für 620 Studenten zu entwickeln und zu bauen. 230 Millionen Euro werden dafür aufgewendet. "Im Vergleich zu einem konventionellen Bau sparen wir mehr als zwei Drittel an Beton und nutzen einen nachwachsenden Rohstoff", erklärt Nagel, der auch Ambassadeur der "Koalition für Holzbau" ist. Holz gebe es auf absehbare Zeit genug, wirbt Nagel für den nachhaltigen Baustoff.

“Quasi-Punktlandung” bei den Kosten

In Rostock zeigt sich: Deutschland kann bauen. "Das Projekt liegt sehr gut im Zeit- und Kostenplan", sagt Mechthilde Wittmann. Die CSU-Politikerin ist als Abgeordnete nicht nur Mitglied im Finanz- und Haushaltsausschuss des Bundestags, sondern sitzt auch im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die den Bau vonseiten des Bundes verantwortet. Der vereinbarte Übergabetermin werde zwar "geringfügig um neun Werktage überschritten", aber der Bau habe auch vier Wochen später gestartet. Somit seien während der Bauphase drei Wochen aufgeholt worden. Bei den Kosten liege der Bau "derzeit quasi bei einer Punktlandung".

Im Frühjahr kann der Lehrbetrieb in Rostock starten. Mit bestens qualifizierten Mitarbeitern und ausreichender Personalstärke soll der Zoll noch schlagkräftiger werden im Kampf gegen Schwarzarbeit, Geldwäsche und andere Formen von Finanzkriminalität. Nötig ist Nachwuchs, und der muss gut ausgebildet sein. Darin sind sich die Fraktionen im Bundestag weitgehend einig. Kritik an der neuen Zollhochschule: Fehlanzeige. Folglich nimmt der Zoll auch im Bundeshaushalt eine gewichtige Größe ein. 

Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen

So sieht der Einzelplan 08, der den Etat von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) festlegt, für das Jahr 2026 Gesamtausgaben von 10,82 Milliarden Euro vor, eine leichte Erhöhung im Vergleich zum laufenden Jahr (10,56 Milliarden Euro). Darin enthalten sind die Ausgaben für den Zoll. "Die im Bundeshaushalt 2026 veranschlagten 3,5 Milliarden Euro für den Zoll sind ein klares Bekenntnis zu Sicherheit und Gerechtigkeit", sagt Frauke Heiligenstadt, finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Die Aufdeckung von Schwarzarbeit, die Verfolgung von Geldwäsche oder die Bekämpfung organisierter Finanzkriminalität: "Der Zoll schützt ehrliche Arbeitnehmende und Unternehmen vor unfairem Wettbewerb und entzieht Kriminellen den Boden", sagt Heiligenstadt.


„Das Projekt liegt sehr gut im Zeit- und Kostenplan.“
Mechthilde Wittmann (CSU)

Isabelle Vandre, Finanzpolitikerin der Fraktion Die Linke, begrüßt zwar, dass der Haushalt 2026 für die beim Zoll angesiedelte Einheit Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) 796 zusätzliche Stellen vorsehe und bereits 4.900 Personen beim Zoll in Ausbildung seien. "Allerdings hat die Zollverwaltung schon heute Schwierigkeiten, freie Stellen zu besetzen", bemängelt Vandre und verweist auf Daten des Deutschen Gewerkschaftsbundes, denen zufolge allein bei der FKS 2.500 Planstellen unbesetzt seien.

Kritik an Kürzungen in digitaler Zollverwaltung

Für Max Lucks, Finanzpolitiker in der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, ist indes kaum nachvollziehbar, dass dieser Stellenaufwuchs zugleich mit einer Kürzung der Sachmittel um mehr als hundert Millionen Euro einhergehe. "Gerade für Investitionen in Digitalisierung, Infrastruktur und Sicherheit bräuchte die Zollverwaltung vielmehr einen finanziellen Aufwuchs", fordert er.

Braucht der Zoll also mehr Mittel als im Haushalt vorgesehen? "Wir erachten die hier veranschlagten Gesamtausgaben als auskömmlich", erklärt AfD-Haushaltspolitiker Michael Espendiller. Aus seiner Sicht ist der gewachsene Personalbedarf beim Zoll teilweise hausgemacht, sei "letztlich auch auf eine kontinuierlich steigende Regelungsdichte und eine überproportionale Zunahme der Bürokratie zurückzuführen".

Foto: Stephan Balling

Der Projektentwickler Lorenz Nagel präsentiert den Eingangsbereich der neuen Zollhochschule

Aber den Bau in Rostock loben Politiker fraktionsübergreifend. "Der neue Campus der Zoll-Hochschule in Rostock ist eine zukunftsweisende Investition in die Schlagkraft des Zolls", sagt die SPD-Abgeordnete Heiligenstadt.

Lob für den Standort Rostock-Lichtenhagen

"Wir begrüßen es, dass die Universitätsstadt Rostock 2021 als Standort für die neue Zollhochschule ausgewählt wurde und sind zuversichtlich, dass dort zusammen mit der bereits vorhandenen Ausbildungsstruktur in der Zollverwaltung qualifizierte Nachwuchskräfte ausgebildet werden", sagt AfD-Mann Espendiller und ergänzt: “Wenngleich der Start nun erst 2026 und nicht schon wie geplant 2025 erfolgen soll, wurde hier ein wichtiger Schritt getan, um die Altersabgänge in der Zollverwaltung zu kompensieren und dauerhaft als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.”


„Der Zoll muss sich zusätzlich stärker für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger öffnen, um dringend benötigte spezialisierte Kompetenzen zu gewinnen.“
Max Lucks (Bündnis 90/Die Grünen)

Allerdings reiche "für den erfolgreichen Kampf gegen Finanzkriminalität die interne Ausbildung allein nicht aus", gibt Grünen-Politiker Lucks zu bedenken. Er fordert: "Der Zoll muss sich zusätzlich stärker für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger öffnen, um dringend benötigte spezialisierte Kompetenzen - etwa in Datenanalyse, IT-Forensik oder Wirtschaftsprüfung - zu gewinnen." Dennoch begrüßt auch er "den Neubau der Zollhochschule in Rostock ausdrücklich".

Modulbau: "Die neue Platte" ist nachhaltig

Rostock-Lichtenhagen, der Standort der neuen Zoll-Hochschule, hat indes keinen allzu guten Ruf. Im August 1992 gingen Bilder mehrtägiger gewalttätiger rechtsextremer Ausschreitungen um die Welt, die als Pogrom gegen Ausländer gelten. Seitdem ist der Ort in Wahrnehmung und Vorstellung vieler Menschen gezeichnet. Rostock-Lichtenhagen, hier reihen sich Plattenbauten aus DDR-Zeiten aneinander, freilich nicht in trister Farblosigkeit. Die alten Bauten erstrahlen in verschiedenen bunten Farben.

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Genau dieser Ort hat sich im Wettbewerb um den Standort der neuen Zollhochschule durchgesetzt. Und der Bau fügt sich ein, steht in gewisser Tradition. Denn was zu DDR-Zeiten Plattenbau war, nennt sich heute Modulbauweise. "Die neue Platte", wie Bau-Experte Nagel witzelt, erfüllt dabei die Energie-Standards der bundeseigenen EBG-40-Vorgaben, und ist zudem auch im Bau weitgehend nachhaltig. Im "größten Holzbauprojekt Europas" seien "tausend Module verbaut" worden, berichtet Nagel.

Nagel steht in einem der neuen Vorlesungsräume. Hier reihen sich vier solcher Module aneinander, fügen sich zusammen zu einem Unterrichtssaal. Die aufwendige Medientechnik für heutige Lehrräume wird bereits ab Werk mitgeliefert, aufwendige Installationsarbeiten vor Ort entfallen somit. Das senkt die Bauzeit. Schneller bauen, mit industriellen Methoden: Für Nagel ist das ein Weg nicht nur für den repräsentativen Neubau in Rostock, sondern generell ein Mittel gegen die Krise am deutschen Bau.

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