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Foto: picture alliance/dpa/Bernd Weißbrod
Mit besseren steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten will die Koalition die Industrie generell fördern, den Standort Deutschland für Elektroautos aber insbesondere. Das dürfte unter anderem im Mercedes-Werk Rastatt auf ein positives Echo stoßen. Dort wird der EQA gefertigt.

Klingbeils Investitions-Pläne : Wachstumsbooster für Maschinen und Elektroautos

Um eine "Wirtschaftswende" zu erreichen, will die Koalition über "Super-Abschreibungen" Anreize für mehr Investitionen setzen.

05.06.2025
True 2025-06-05T18:54:32.7200Z
4 Min

Drei Jahre Rezession in Deutschland: Fabriken schließen, Menschen verlieren ihre Arbeitsplätze. Zuletzt haben 20.000 Volkswagen-Mitarbeiter einem Job-Verzicht zugestimmt. Die Klagen von Firmenlenkern sind bekannt: Hohe Energiepreise, hohe Sozialabgaben und Steuern sowie viel Regulierung und Bürokratie machen den Standort Deutschland wenig attraktiv. Eine "Wirtschaftswende" müsse her. Diesen Aufruf scheint die neue Regierung ernst zu nehmen. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben ihren "Investitionsbooster" ins parlamentarische Verfahren gebracht. Höhere Investitionen bringen mehr Wachstum, mehr Wachstum schafft Jobs, so die Idee. Deutschland soll wieder wettbewerbsfähiger werden.

Steuern für Kapitalgesellschaften sollen ab 2028 sinken 

Dazu sollen Unternehmen hierzulande ab diesem Jahr bis 2027 weniger Steuern zahlen, wenn sie etwa in Maschinen oder ihren Fuhrpark investieren, also in sogenannte bewegliche Güter des Anlagevermögens. Sie können die Ausgaben für diese Wirtschaftsgüter über drei Jahre hinweg steuerlich mit 30 Prozent abschreiben (sogenannte degressive AfA). So sieht es ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen vor.


Lars Klingbeil während seiner Rede
Foto: DBT/Felix Zahn/photothek
„Diese Superabschreibungen sind einfach, sie sind unkompliziert.“
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD)

Ab 2028 sollen dann zusätzlich auch die Steuern für Kapitalgesellschaften sinken, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu steigern. Bis 2032 soll der Körperschaftssteuersatz von 15 auf zehn Prozent sinken. Auch Personengesellschaften, bei denen die Inhaber persönlich mit ihrem Vermögen haften, sollen auf Gewinne weniger Steuern zahlen. Außerdem stellt der Gesetzentwurf für Unternehmen geringere Steuern in Aussicht, wenn sie Elektroautos anschaffen. Dienstwagenbesitzer sollen auch dann weniger Steuern bezahlen, wenn ihr Fahrzeug bis zu 100.000 Euro kostet. Bisher lag die Grenze für den entsprechenden ermäßigten Satz bei 70.000 Euro.

AfD geißelt “explodierende Sozialausgaben”

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte bei der Einbringungsdebatte im Bundestag, mit dem Gesetz würden die Rahmenbedingungen für mehr Investitionen geschaffen. "Diese Superabschreibungen sind einfach, sie sind unkompliziert."

Christian Douglas entgegnete für die AfD-Fraktion, dass der Grund für die schlechte Lage vor allem darin liege, dass zuvor "eine massive Schwächung" des Standorts Deutschland stattgefunden habe. Seit der "Ära Merkel" sei immer weniger investiert worden, dafür habe es "explosionsartig steigende Ausgaben für Soziales, Auslandsprojekte und Klientelpolitik" gegeben.

Mathias Middelberg (CDU) sagte für die CDU/CSU-Fraktion, dass derzeit jeden Monat Tausende Arbeitsplätze verloren gingen. Deshalb handele die Koalition jetzt. Er dankte Klingbeil für seine Vorarbeit. "Die Gesetzesvorlage kommt formal aus den Fraktionen, materiell aber aus Ihrem Haus."

Grüne bringen Antrag für höhere Immobiliensteuern ein

Middelbergs Fraktionskollege Fritz Güntzler (CDU) erklärte: "Es ist klug, mit einer Abschreibung zu beginnen, weil alle volkswirtschaftlichen Studien zeigen, dass man die schnellsten Investitionsanreize durch eine Abschreibung erhält." Dies gelte insbesondere, wenn zeitlich daran anschließend die Senkung der Körperschaftsteuer greife. Redner der AfD-Fraktion kritisierten dagegen, dass die Senkung der Unternehmenssteuern erst 2028 beginne.

Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) attackierte die Steuersenkungen heftig, vor allem mit Blick auf die daraus folgenden Einnahmeausfälle bei den Kommunen: “Dieses Gesetz würde unseren Städten und Gemeinden das Genick brechen. Wenn es so kommt, legen Sie die Axt an die Daseinsvorsorge.”


„Wegen Ihrer verantwortungslosen Trödelei kommt es dazu, dass dieser erst im September beschlossen wird.“
Christian Görke (Die Linke)

Tatsächlich sieht der Gesetzentwurf umfassende steuerliche Mindereinnahmen vor, allein im kommenden Jahr gut acht Milliarden Euro, davon drei Milliarden bei den Kommunen. Die Fraktion der Grünen hat deshalb einen Antrag eingereicht, der mit dem Gesetzentwurf der Koalition diskutiert wurde, und der milliardenschwere Steuermehreinnahmen generieren  soll. Konkret fordern die Grünen unter anderem ein Ende der Steuerfreiheit für Gewinne aus dem Verkauf von vermieteten Immobilien auch nach zehn Jahren Haltedauer. Ferner wollen die Grünen die Gewerbesteuerfreiheit von vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaften im Immobilienbereich beenden. "Vonovia hat in Berlin 113.000 Wohnungen gekauft, und dabei nicht einen einzigen Euro Grunderwerbsteuer gezahlt", kritisierte Audretsch in seiner Rede.

Linke: Vorläufige Haushaltsführung schadet öffentlicher Investitionstätigkeit

Für die Fraktion Die Linke brandmarkte Christian Görke, dass der Bundeshaushalt 2025 noch nicht beschlossen sei. In Richtung des Finanzministers rief Görke: "Wegen Ihrer verantwortungslosen Trödelei kommt es dazu, dass dieser erst im September beschlossen wird." Neun Monate werde Deutschland unter vorläufiger Haushaltsführung geführt. Dies schade der öffentlichen Investitionstätigkeit.

Wiebke Esdar hob für die SPD-Fraktion die erhöhte steuerliche Forschungszulage hervor. Hier könnten Unternehmen künftig auch vereinfacht Gemeinkosten steuerlich geltend machen.

Neben der steuerlichen Förderung dürfte auch das weiter sinkende Zinsniveau das Investitionsklima in Deutschland verbessern. Die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins am Donnerstag weiter gesenkt, von 2,4 auf 2,15 Prozent.

Investitionen steigen bereits leicht an - hellt sich die Konjunktur auf?

Zuletzt hellte sich der Konjunkturhimmel ohnehin etwas auf. "Trotz des Gegenwinds durch eine hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit und eine niedrige Kapazitätsauslastung in der Industrie sind die Ausrüstungsinvestitionen wohl gestiegen", berichtet die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht zum ersten Quartal.

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Ein steigendes Interesse ausländischer Investoren an Deutschland will auch der Vorstandsvorsitzende der staatlichen Förderbank KfW erkannt haben. Im Interview mit dem "Handelsblatt" sagte er: "In meinen mehr als 30 Berufsjahren habe ich noch nie einen so rasanten Stimmungswechsel miterlebt."

Die Dekabank rechnet für 2026 mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von einem Prozent. "Die größte Rolle hier spielen die zusätzlichen Staatsausgaben in den Bereichen Infrastruktur und Verteidigung", erklärt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater dazu auf Anfrage. Aber auch die steuerlichen Anreize für private Investitionen im Gesetzentwurf "bilden einen Baustein für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung".

Auch Finanzminister Klingbeil hob hervor, dass das "Investitions-Booster"-Gesetz nur ein Baustein sei. Auch die verabredeten 500 Milliarden Euro schweren Kreditermächtigungen im Rahmen des Sondervermögens Infrastruktur würden auf die Leistungsfähigkeit Deutschlands einzahlen.