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Aktuelle Stunde zur Wirtschaftskrise : Alles noch normal - am Nachmittag

FDP, SPD und Grüne verteidigen noch kurz vor dem Ampel-Aus die Wirtschaftspolitik ihrer Regierung - und kontern ein parlamentarisches Manöver der Unionsfraktion.

08.11.2024
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3 Min
Foto: picture-alliance/dpa/Kay Nietfeld

Abgeordnete stimmen über den Antrag der CDU/CSU-Fraktion ab.

Mittwochnachmittag, im Plenum des Reichstagsgebäudes, wenige Stunden vor dem Platzen der Ampel-Koalition: Auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion debattieren die Abgeordneten in einer Aktuellen Stunde zum Thema "Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise". Noch verlaufen die Fronten hier anhand der üblichen Linien: Opposition contra Koalition. Die Unionsfraktion kritisiert, dass keine Minister anwesend sind, stellt einen Antrag, dass die Kabinettsmitglieder Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian Lindner (FDP) herbeigerufen werden. 

Beim Hammelsprung am Nachmittag steht die Koalition noch

Aufgrund unübersichtlicher Mehrheitsverhältnisse folgt ein sogenannter Hammelsprung zu diesem Antrag, die Abgeordneten verlassen den Plenarsaal und betreten ihn durch verschiedene Türen, die mit "Ja", "Nein" und "Enthaltung" markiert sind. Das Ergebnis dieses Abstimmungsprozederes, bei dem die Saaldiener die Stimme der Abgeordneten einzeln zählen können: Die Koalition steht noch, mit 329 Gegenstimmen wird der Unionsantrag abgelehnt. "Welch eine Überraschung", kommentiert der sitzungsleitende Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) den Vorgang noch ironisch-süffisant, als wäre es da noch selbstverständlich gewesen, dass die Ampel-Koalition zusammenhält.

Redner von SPD, Grünen und FDP verteidigen in der Folge die Regierungspolitik in Einigkeit: "Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren viel erreicht" sagt Reinhard Houben für die FDP-Fraktion. Die Energieversorgung sei nach dem russischen Angriff auf die Ukraine gesichert worden, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei verabschiedet, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt, der Strompreis von Kosten des Ausbaus Erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) befreit, die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe gesenkt worden. Eine Wachstumsinitiative liege vor.

Klöckner: Nichts, nichts, wieder nichts

"Dann läuft das ja super!", ruft Julia Klöckner dazwischen. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion ist zuvor durch die vergangenen Ampel-Monate gefegt. In ihrer Rede wirft sie der Koalition vor, Ankündigungen nie umzusetzen: "Ende April legt die FDP zwölf Punkte für eine Wirtschaftswende vor. Daraus folgt: Nichts. 

Im Juli legt das Bundeskabinett die Wachstumsinitiative vor. Daraus folgt: nichts. Im September dann der Autogipfel von Minister Habeck. Was folgt daraus? Nichts." Weiter sei es im Oktober mit dem SPD-Strategiepapier gegangen - Mindestlohn erhöhen, Reiche besteuern, Industriestrompreis. "Was folgt daraus? Nichts." Der Industriegipfel des Bundeskanzlers am 16. Oktober, was sei dabei herausgekommen? "Nichts." Was aus den Wirtschaftsgipfeln von Kanzler Scholz (SPD) und Lindner? "Wieder nichts."

SPD verweist auf gute Wirtschaftsdaten

Dass die wirtschaftliche Lage Deutschlands nicht so schlecht sei, wie Klöckner sie zuvor beschrieben habe, entgegnet ihr Bernd Westphal für die SPD-Fraktion: “Es ist so, dass wir in der industriellen Produktion im September einen Zuwachs von 4,2 Prozent hatten und dass wir ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent im letzten Quartal hatten.”

Leif-Erik Holm stellt daraufhin für die AfD-Fraktion fest: "Die Ampel hat immer noch nichts begriffen. Aber zum Glück kommen die Dinge in Bewegung, jetzt zumindest schon mal auf der anderen Seite des Atlantiks. Donald Trump wird neuer US-Präsident, und da sagen wir: Herzlichen Glückwunsch."


„Es wurde nicht investiert. Die Infrastruktur ist immer maroder geworden.“
Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen)

Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) wirft der Union mit Blick auf deren langjährige Regierungszeit vor: "Sie haben nichts gemacht, trotz der Finanzlage, die in diesen Jahren sehr gut war. Es wurde nicht investiert. Die Infrastruktur ist immer maroder geworden."

Der Deutschlandfonds von Minister Habeck sei zwar eine "gute Idee", findet Janine Wissler, Gruppe Die Linke. "Dieses Geld aber ohne Sinn und Verstand Unternehmen in den Rachen zu werfen, ist schlichtweg Unsinn." Dem zu diesem Zeitpunkt noch amtierenden Finanzminister Lindner wirft sie vor, er wolle "beim Klimaschutz kürzen". Wissler: "Er schadet der Wettbewerbsfähigkeit."

Sahra Wagenknecht von der Gruppe BSW warnt vor angekündigten "Massenentlassungen". Die Bundesregierung sei handlungsunfähig. “Schlimmer kann es für ein Land kaum kommen.”