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Deutlich weniger Mittel : Heftige Kritik an den geplanten Kürzungen bei humanitärer Hilfe

Außenminister Johann Wadephul soll kräftig bei humanitären Hilfen einsparen. Mit Blick auf die multiplen Krisen finden vier Fraktionen: Das geht so nicht.

11.07.2025
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4 Min

Das Auswärtige Amt soll sparen, aber soll es das angesichts der multiplen Krisen in der Welt ausgerechnet bei der humanitären Hilfe? Mehrere Abgeordnete machten in der Debatte zum Einzelplan 05 des Bundeshaushalts 2025 am Mittwoch keinen Hehl daraus, die Sparvorschläge der Bundesregierung als sportliche Herausforderung für parlamentarische Nachverhandlungen zu betrachten: Die Mittel für humanitäre Hilfsmaßnahmen im Ausland sollen den Vorgaben zufolge von 2,2 Milliarden im Jahr 2024 auf rund eine Milliarde Euro in diesem Jahr fallen.

Foto: picture alliance/dpa

Laut dem Haushaltsentwurf 2025 muss das Ministerium von Außenminister Johann Wadephul künftig mit deutlich weniger Geld zurechtkommen.

Dass das womöglich keine gute Idee ist, daran ließ auch Außenminister Johann Wadephul keinen Zweifel. Angesichts von Zahl, Umfang, Tiefe und Schärfe der Krisen wie unter anderem in der Ukraine, im Nahen Osten und etwa auch in Südsudan und im Sudan sei Deutschland "unter humanitären Gesichtspunkten gefordert, uns in diesen Regionen deutlicher zu engagieren, als wir das bisher tun", sagte der Christdemokrat.

Rückzug der Entwicklungsbehörde USAID reißt Löcher in die weltweite humanitäre Hilfe

Die internationale Lage und der Rückzug der USA mit ihrer US-Entwicklungsbehörde USAID müssten in den weiteren Beratungen über den Haushalt berücksichtigt werden. Wenn sich die Krisen etwa in Afrika zuspitzten, werde dies zu weiteren Migrationsbewegungen führen. Deutschland sei gefordert, "die Wurzeln dieser Flüchtlingsbewegung zu bekämpfen. Deswegen ist es in unserem ureigenen Interesse, uns dort zu engagieren", sagte Wadephul.

Adis Ahmetovic (SPD) betonte, dass der Haushalt des Auswärtigen Amtes so etwas wie der "Ausdruck unserer weltpolitischen Reife" sei. Der Etat für 2025 biete "überwiegend" richtige Antworten. Man könne aber nicht damit zufrieden sein, wenn bei Friedenssicherung und humanitärer Hilfe 50 Prozent eingespart würden. Wenn Deutschland handlungsfähig und glaubwürdig in den Krisenregionen der Welt auftreten wolle, müsse man 2025, spätestens aber 2026 ein "klares Zeichen" setzen.


„Humanitäre Hilfe und Diplomatie sind kein Luxus, sie sind ein zentraler Pfeiler unserer Sicherheit.“
Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen)

Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, mit diesem Haushalt "außenpolitisch leider im Gestern stehen" zu bleiben. Trotz der Krisen wie im Südsudan, im Sudan und in Gaza wolle die Bundesregierung bei der humanitären Hilfe kürzen. "Hier müssen Sie nachbessern. Das ist unsere humanitäre Pflicht." Schäfer monierte zudem Kürzungspläne bei der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik und "viel Zögern statt Führung" bei der Ukraine-Unterstützung. "Humanitäre Hilfe und Diplomatie sind kein Luxus, sie sind ein zentraler Pfeiler unserer Sicherheit."

Sascha Wagner (Die Linke) nannte den Etat "weder sozial gerecht noch nachhaltig", er trage nicht zu einer friedlicheren und gerechteren Außenpolitik bei. Während der Verteidigungsetat um 10,5 Milliarden Euro wachsen solle, wolle die Bundesregierung mehr als eine Milliarde Euro bei humanitärer Hilfe einsparen. "Und ebendas lehnen wir als Linke entschieden ab."

AfD-Kritik an Aufnahmezusagen für afghanische Ortskräfte

Jonas Geissler (CSU) gab zu bedenken, dass sich die USA aus dem System internationaler Hilfen zurückziehen und warb dafür, in den weiteren Haushaltsberatungen bei der humanitären Hilfe nachzubessern. Vor zehn Jahren habe man gesehen, wie sich Menschen auf den Weg gemacht hätten, weil ihnen in Syrien und in Flüchtlingslagern das Verhungern drohte. "Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich genau das niemals wiederholt."

Einen anderen Punkt griff Markus Frohnmaier (AfD) mit seiner Kritik an Aufnahmezusagen für afghanische Ortskräfte auf. Während die Union im Wahlkampf die Nutzung von Flughäfen zur Abschiebung gewollt habe, wolle das CDU-geführte Auswärtige Amt diese Flughäfen nun nutzen, um "Tausende Afghanen ein- und nicht auszufliegen". Frohnmaier verwies auf die Anschläge afghanischer Täter in München, Mannheim und Aschaffenburg. Nicht die Sicherheit von afghanischen Ortskräften "sollte Ihnen allen hier schlaflose Nächte bereiten. Die Sicherheit unserer eigenen Bürger sollte Ihnen am Herzen liegen".

743 Millionen Euro weniger als im vergangenen Jahr

Über den Haushalt berät der Bundestag abschließend im September, bis dahin wird über den Sommer im Haushaltsausschuss noch an den Zahlen gefeilt. Der Etat des Auswärtigen Amtes für 2025 soll nach Plänen der Bundesregierung mit dem Stand heute mit rund 5,96 Milliarden Euro auskommen und damit mit 743 Millionen Euro weniger als im vergangenen Jahr. Die Soll-Ausgaben für 2024 lagen noch bei rund 6,7 Milliarden Euro.

Für das Kapitel Sicherung von Frieden und Stabilität sind rund 2,57 Milliarden Euro eingestellt, ein Minus von 951 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr (3,53 Milliarden Euro). Hier schlagen vor allem Kürzungen bei humanitären Hilfen im Ausland um knapp 1,18 Milliarden Euro auf nunmehr 1,05 Milliarden Euro zu Buche. Steigen sollen hingegen die Ausgaben für den Beitrag an die Vereinten Nationen von 394 Millionen Euro im Jahr 2024 auf nun knapp 681 Millionen Euro.

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