
Entwicklungsetat soll weiter sinken : Regierung plant fast eine Milliarde Euro weniger ein
Die Koalition will bei der Entwicklung weiter kürzen. Während Grüne und Linke das empörend finden, würde die AfD gern noch mehr streichen.
Vier Billionen US-Dollar - pro Jahr. So viel Geld fehlt den Vereinten Nationen zufolge in den Entwicklungsländern, um die Ziele des globalen Aktionsplans "Agenda 2030" zu erreichen: um Hunger und Armut zu bekämpfen, die Gesundheitsversorgung zu verbessern, Klimaanpassungsmaßnahmen zu finanzieren. Seit die USA, bisher größter Geber in der Entwicklungszusammenarbeit, unter Präsident Donald Trump sämtliche Programme gestrichen oder drastisch reduziert haben, stehen Geberländer wie die Bundesrepublik mehr denn je vor der Herausforderung, die Finanzierungslücken zu füllen.
Budget soll das dritte Jahr in Folge sinken
Doch mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit sieht die Bundesregierung in diesem Jahr nicht vor, im Gegenteil: Laut dem Regierungsentwurf für den Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) soll das Budget das dritte Jahr in Folge sinken. Nur noch 10,27 Milliarden Euro soll Ressortchefin Reem Alabali Radovan (SPD) ausgeben dürfen, 940 Millionen Euro weniger als 2024. Unter anderem streicht die Koalition bei den Mitteln für Krisenbewältigung und Wiederaufbau (minus 318 Millionen Euro) und das Welternährungsprogramm (minus 30 Millionen Euro). Der Beitrag zum Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria soll von 415 Millionen Euro auf 370 Millionen Euro sinken. Dennoch bleibt der Etat mit geplanten Investitionen in Höhe von 6,57 Milliarden Euro der zweitgrößte Investitionshaushalt des Bundes.
Linke sieht in den Kürzungen "einen Bruch mit dem Anspruch globaler Solidarität”
In der Debatte über den Budgetvorschlag der Bundesregierung sparten Grüne und Linke am Mittwoch nicht mit Kritik. Sascha Wagner (Die Linke) nannte die Kürzungen "inakzeptabel". Fielen die US-Mittel im Kampf gegen HIV/Aids dauerhaft aus, sei bis Ende 2029 mit mehr als sechs Millionen Aids-Toten und etwa 3,5 Millionen Aids-Waisen zu rechnen. Die geplanten Streichungen beim Globalen Fonds seien daher nicht nur kurzsichtig, sondern auch "ein Bruch mit dem Anspruch globaler Solidarität".
Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) nannte es zwar ein gutes Signal, dass die Bundesregierung sich erst Anfang Juli auf der Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla zu dem Ziel bekannt habe, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit aufzubringen, doch die Streichung von fast einer Milliarde Euro im Etat des BMZ "sei angesichts der Weltlage genau der falsche Weg".
Felix Döring (SPD) machte geltend, dass sich seine Partei für den Erhalt des Entwicklungsministeriums eingesetzt habe. Durch die Reform der Schuldenbremse für den Etat des Bundesverteidigungsministeriums sei es außerdem gelungen, noch stärkere Kürzungen im Entwicklungsetat zu verhindern.
AfD fordert wirtschaftliche Zusammenarbeit im deutschen Interesse
Nicolas Zippelius (CDU) nannte es "nicht verwunderlich", dass die im Koalitionsvertrag festgelegten Prioritäten bisher nur bedingt im Haushaltsentwurf abgebildet seien. Es gebe derzeit nur eine vorläufige Haushaltsführung, insofern sei der BMZ-Etat 2025 ein "Übergangshaushalt".
Für die AfD-Fraktion forderte Rocco Kever eine Kürzung der BMZ-Mittel um 70 Prozent und die Integration der Entwicklungspolitik in das Auswärtige Amt und in das Wirtschaftsministerium. Notwendig seien Effizienz und wirtschaftliche Zusammenarbeit im deutschen Interesse statt einer Entwicklungspolitik, die seit 60 Jahren kaum wirke.
Sie nehme die Kritik ernst, sagte Ministerin Radovan. Im Zuge einer Priorisierung wolle sie herausfinden, wo Deutschland am dringendsten gebraucht werde und wo es sich zurückziehen müsse. Grundsätzlich gelte aber: “Die Entwicklungszusammenarbeit ist sinnvoll und gerade jetzt notwendig.”
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