Russlands Krieg gegen die Ukraine : Kein Frieden auf Diktat
Union, SPD und Grüne zweifeln am US-Friedensplan, AfD und Linke sehen Chancen. Offen bleibt die Frage des eingefrorenen russischen Vermögens.
Eine Lösung liegt in Brüssel - in doppelter Hinsicht: Die EU-Kommission will das in Europa eingefrorene russische Staatsvermögen nutzen, um die Ukraine weiterhin substanziell in ihrem Abwehrkampf gegen Russlands Angriffskrieg zu unterstützen. Sie stößt dabei aber auf Widerspruch unter anderem in Belgiens Hauptstadt.
Am Mittwoch hat die UN-Generalversammlung Russland aufgefordert, alle seit Kriegsbeginn deportierten ukrainischen Kinder unverzüglich, sicher und bedingungslos zurückzubringen. Die Abstimmung ergab 91 Ja-, zwölf Nein-Stimmen und 57 Enthaltungen.
Auf rund 185 Milliarden Euro wird das vom belgischen Finanzinstitut Euroclear verwaltete russische Zentralbank vermögen beziffert. Die belgische Regierung fürchtet beim Einziehen dieser Gelder aber, dass ihr Land zum Ziel von Vergeltungen wird und dringt auf Garantien der EU-Partner. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wollte am Freitagabend nach Brüssel aufbrechen, um im Gespräch mit Belgiens Regierungschef Bart de Wever Überzeugungsarbeit zu leisten.
Skepsis an Donald Trumps Friedensplan überwiegt
Auch den Bundestag beschäftigte am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde die Frage der möglichen Nutzung des russischen Staatsvermögens als Reparation für die von Russland angerichteten Zerstörungen. Mehr noch bewegte aber die Frage, inwieweit der jüngst von der US-Seite vorgestellte Plan für ein Ende der seit dreieinhalb Jahren anhaltenden Verheerungen und des Sterbens sorgen könne: Union, SPD und Grüne haben daran erhebliche Zweifel, AfD und Linke sehen eher Chancen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hob die unmittelbare Bedeutung eines fairen Friedens in der Ukraine für die Sicherheit Deutschlands und Europas hervor. Es dürfe "keinen Diktat-, keinen Kapitulationsfrieden für die Ukraine geben". Eine "gedemütigte Ukraine" unter russischem Einfluss wäre ein Sicherheitsrisiko für Europa. "Schon deswegen dürfen wir nicht lockerlassen in der Unterstützung." Dem 28-Punkte-Plan der USA habe man sich nicht verschlossen, ihm aber auch eigene Punkte hinzugefügt. Die Ukraine dürfe nicht gezwungen werden, einseitig Gebiete aufzugeben, und sie müsse auch künftig in der Lage sein, sich zu verteidigen, sagte Pistorius. Die Sicherheitsgarantien dürften nicht so porös sein wie die der vergangenen 30 Jahre.
AfD wirft Bundesregierung vor, die Initiative des US-Präsidenten zu blockieren
Markus Frohnmaier (AfD) warf der Bundesregierung vor, die "Friedensinitiative" des US-Präsidenten Donald Trump zu blockieren und zu verzögern. Sie stelle sich hinter "ukrainische Maximalforderungen", die "reine Illusionen" seien. "Wir müssen uns mal ehrlich machen: Die Krim wird nicht wieder ukrainisch, der Donbass ist verloren." Die Position der Ukraine werde sich nur noch verschlechtern. “Mit jedem Tag blutet die Ukraine weiter aus, während Russland seine Position festigt.”
„Wenn Krieg belohnt wird, dann wird nicht Frieden einkehren, sondern neuer Krieg ausbrechen.“
Florian Hahn (CSU), Staatsminister im Auswärtigen Amt, betonte, dass es keinen "Frieden um jeden Preis" geben dürfe: "Sonst wäre Russland versucht, die Aggression mit neuer Kraft fortzusetzen." Der Druck auf Russland müsse weiter steigen, um den Kreml endlich zu ernsthafter Verhandlungsbereitschaft zu bringen. Mit den europäischen Partnern arbeite die Bundesregierung in Brüssel "mit Hochdruck" an einer Lösung zur Nutzung des eingefrorenen russischen Staatsvermögens.
Grüne warnen vor Einfluss der “Moskau-Connection”
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) warb für ein entschlossenes Vorgehen Europas bei diesem Schritt. "Für all das furchtbare Leid, all die riesigen Schäden, sollen diejenigen zahlen, die daran schuld sind, die Kriegsverbrecher aus dem Kreml und ihre Oligarchenfreunde." Der Koalition von Union und SPD warf sie vor, sich den wiederauflebenden "alten Zombies der Moskau-Connection" in den eigenen Reihen nicht entgegenzustellen.
Was tun mit dem russischen Vermögen?
⚫️ Nach der russischen Invasion in der Ukraine sind rund 200 Milliarden Euro russische Vermögen in Europa gesperrt worden, ein Großteil davon der russischen Zentralbank.
⚫️ Bisher werden nur Zinsen zur Unterstützung der Ukraine genutzt. Die EU-Kommission dringt darauf, der Ukraine das Geld direkt zur Verfügung zu stellen - auch um den Druck auf Russland zu erhöhen.
⚫️ Ein Antrag der Grünen zur Nutzung dieser Gelder für die Ukraine fand im Finanzausschuss am Mittwoch keine Mehrheit.
Sören Pellmann (Die Linke) bedauerte, dass das "Zeitfenster des militärischen Patts" zwischen Russland und der Ukraine mit dem Scheitern der Verhandlungen in Istanbul 2022 verpasst worden sei. "Der Abbruch der Verhandlungen war eine Katastrophe." Pellmann warb dafür, im 28-Punkte-Plan eine Chance zu sehen: Er bringe keinen gerechten Frieden, aber die Chance des Wiederaufbaus und des Aufatmens nach mehr als dreieinhalb Jahren Krieg.
SPD: Russland allein trägt die Verantwortung für den Krieg
Norbert Röttgen (CDU) warnte indes davor, die Ukraine einer "würdelosen Kapitulation" preiszugeben. Diese würde das Land ins Chaos stürzen mit ernsthaften Folgen für Europas Sicherheit. "Wenn Krieg so belohnt wird, dann wird nicht Frieden einkehren, sondern neuer Krieg ausbrechen." Röttgen warb eindringlich für die Nutzung des russischen Staatsvermögens zur weiteren Unterstützung der Ukraine: Dies sei ein entscheidender Moment europäischer Selbstbehauptung.
Auch für Siemtje Möller (SPD) wäre es ein "fataler Irrtum", aus Verzweiflung einen sogenannten Friedensplan zu unterstützen, "der nichts anderes wäre als ein Diktat Moskaus". Von der Ukraine sei nie irgendeine Bedrohung für Russland ausgegangen. Ihre Entscheidung, sich EU und Nato anzunähern, sei keine Aggression gegen Russland, sondern ein demokratischer Prozess, sagte Möller. "Russland ganz allein trägt die Verantwortung für diesen fürchterlichen Krieg."
Mehr dazu lesen
Der frühere russische Vize-Zentralbankchef Alexaschenko ist skeptisch ob neuer EU-Sanktionen gegen Moskau. Um Russland zu schwächen, brauche es andere Maßnahmen.
US-Präsident Trump werde nie ein verlässlicher Partner sein, meint Sicherheitspolitikerin Sara Nanni von den Grünen. Europa müsse selbst für seine Sicherheit sorgen.
Die Koalition warnt wie die Grünen davor, die Ukraine zur Kapitulation zu zwingen und erhöht die Hilfen. Die AfD begrüßt Donald Trumps Friedensplan.