Sechs Milliarden Euro für das Auswärtige Amt : Von 28 Punkten kalt erwischt
Die Koalition warnt wie die Grünen davor, die Ukraine zur Kapitulation zu zwingen und erhöht die Hilfen. Die AfD begrüßt Donald Trumps Friedensplan.
Es ist der höchste Betrag in dreieinhalb Jahren des Krieges: 11,5 Milliarden Euro sind im Bundeshaushalt 2026 für die "Ertüchtigung von völkerrechtswidrig angegriffenen Staaten im Bereich Sicherheit, Verteidigung und Stabilisierung" vorgesehen. Hinter diesem Titel im Einzelplan 60 verbergen sich Hilfen für die Ukraine, die als Verteidigungsausgaben firmieren und als solche seit einer von Union, SPD und Grünen getragenen Grundgesetzänderung im Frühjahr nun von der Schuldenbremse ausgenommen sind.
Abschuss einer russischen Rakete über Kiew: Auch Waffen aus Deutschland helfen der Ukraine dabei, sich gegen russische Angriffe zur Wehr zu setzen und die Zivilbevölkerung zu schützen.
Das von Russland angegriffene Land steht im vierten Kriegsjahr so stark unter Beschuss wie seit langer Zeit nicht mehr: Russland zielt vor allem auf die Energieinfrastruktur, die Zerstörung von Wärme- und Stromversorgung soll die Ukrainerinnen und Ukrainer im anstehenden Winter weiter zermürben. Mit den 11,5 Milliarden Euro nimmt die Koalition von Union und SPD nun drei Milliarden Euro mehr Geld in die Hand, als von der Bundesregierung ursprünglich vorgesehen war, um dem angegriffenen Land weiter unter die Arme zu greifen.
US-Friedensplan sorgt für Beklemmung
Das passt allerdings nicht jedem, wie sich bei der Annahme des Etats des Auswärtigen Amtes mit der Koalitionsmehrheit in der vom Haushaltsausschuss bereinigten Fassung am Mittwoch zeigte: "Eine irrwitzige Belastung für unser Land" nannte der AfD-Abgeordnete Markus Frohnmaier die neuen Hilfen sowie die inzwischen auf 76 Milliarden angewachsene Summe der Hilfen für die Ukraine insgesamt. Angetan zeigte sich Frohnmaier von den jüngst vorgelegten 28 Punkten von US-Präsident Donald Trump für einen Friedensplan für die Ukraine. "Die Amerikaner zeigen, wie es geht: Sicherheitsgarantien statt Kriegsverlängerung, Eigeninteresse statt Moraltheater, Gewinnbeteiligung und Korruptionskontrolle statt Blankoscheck." Die Bundesregierung hingegen sabotiere aktiv den "Friedensprozess".
Viele andere Rednerinnen und Redner warfen hingegen die Frage auf, ob es sich bei diesen US-Plänen für die Ukraine nicht eher um eine russische Wunschliste handle. "Trump sucht Partnerschaft mit Russland und nicht mit dem Westen", konstatierte Robin Wagener (Grüne). Sein Friedensplan sei in Wirklichkeit ein "Kapitulationsplan" nicht nur für die Ukraine, sondern auch für die Nato und das Völkerrecht. Wenn die Bundesregierung bei Verhandlungen nicht mit dem Katzentisch vorliebnehmen wolle, müsse sie entschlossener auftreten - "mit klaren Sanktionen gegen die russische Schattenflotte", "Taurus"-Lieferungen für die Ukraine und mit dem Einsatz des eingefrorenen russischen Staatsvermögens.
Außenminister Wadephul verteidigte die Hilfen für die Ukraine
Norbert Röttgen (CDU) sprach von einer "fundamentalen Kehrtwende der Europapolitik der USA". Die US-Regierung stelle sich an die Seite des kriegsführenden Aggressors und Diktators und das sei nichts anderes als eine "fundamental neue Realität", eine zweite "Zeitenwende". "Die Belohnung von Krieg" werde nicht zum Frieden führen. Auch Siemtje Möller (SPD) sah das so: Ein Frieden könne nicht allein zwischen den USA und Russland verhandelt werden. "Das würde den Aggressor Russland belohnen, die Ukraine unterwerfen und mittelbar unsere eigene europäische Sicherheit gefährden."
Außenminister Johann David Wadephul (CDU) verteidigte die Hilfen für die Ukraine und wies die AfD-Darstellung eines "Moraltheaters" zurück. Es gehe hier um grundlegende zivilisatorische Fragen. "Wir haben uns eine internationale Rechts- und Friedensordnung gegeben. Und die verteidigen wir." Er zeigte sich überzeugt, dass "niemand über unsere Köpfe hinweg Entscheidungen bei Fällen trifft, die uns, unsere Sicherheitsinteressen und die Friedensordnung in Europa betreffen".
Unzufriedenheit über Deckelung der humanitären Hilfen
Deutliche Kritik übten insbesondere Linke und Grüne an der Höhe der im Haushalt eingeplanten humanitären Hilfen. Für Ausgaben in der Titelgruppe "Humanitäre Hilfe und Krisenprävention" sieht der Haushalt 1,4 Milliarden Euro vor, davon einen Löwenanteil von 1,05 Milliarden Euro für "humanitäre Hilfsmaßnahmen im Ausland". Das liegt zwar in etwa auf dem Niveau für dieses Jahr, aber deutlich niedriger als noch im Jahr 2024. Katrin Frey (Die Linke) verwies auf den Krieg im Sudan mit 30 Millionen Hilfsbedürftigen und 14 Millionen Menschen auf der Flucht.
"In der größten humanitären Krise der Gegenwart" streiche die Bundesregierung ausgerechnet die humanitäre Hilfe zusammen. Frey forderte eine Aufstockung auf drei Milliarden Euro. Diese Zahl nannte auch Jamila Schäfer (Grüne). Angesichts der Weltlage und mit Blick auf die deutsche Wirtschaftsleistung sei das "nicht einfach nur großzügig, sondern schlicht notwendig und angemessen".
„Während die USA, bislang größter Geber, ihre Hilfen komplett eingestellt haben, bleibt Deutschland aber verlässlich.“
Inge Gräßle (CDU) betonte, dass die humanitäre Hilfe auf dem Niveau des Vorjahres bleibe. "Wir sehen international viele Aussteiger aus diesem wichtigen Politikbereich: Deutschland bleibt drinnen, die humanitäre Hilfe ist weiter ein wichtiger Pfeiler unserer auswärtigen Politik." Esther Dilcher (SPD) räumte ein, dass der Ansatz nicht gefallen könne. “Während die USA, bislang größter Geber, ihre Hilfen komplett eingestellt haben, bleibt Deutschland aber verlässlich.”
Ministerium kann mit Ausgaben in Höhe von insgesamt 6,03 Milliarden Euro planen
Minister Wadephul warb für mehr Mittel in künftigen Haushaltsaufstellungen. "Wir haben in der Ukraine, wir haben in Gaza, wir haben im Sudan riesige Aufgaben." Es gehe um humanitäre Verantwortung, mit der Verhinderung von Fluchtursachen aber eben auch um deutsche und europäische Interessen. "Ein Bundeshaushalt, der 180 Milliarden neue Schulden macht, muss auch berücksichtigen, dass im humanitären Bereich größte Aufgaben auf uns warten", sagte Wadephul.
Für das von ihm geleitete Auswärtige Amt bleibt es mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts im Bundestag am Freitag nun erst einmal bei Ausgaben in Höhe von insgesamt 6,03 Milliarden Euro (2025: 5,89 Milliarden Euro). Das sind 33,84 Millionen Euro weniger als im Regierungsentwurf vorgesehen. Die Verpflichtungsermächtigungen - also Ausgaben, die in künftigen Haushalten wirksam werden - liegen mit 2,64 Milliarden Euro hingegen um 129,28 Millionen Euro über dem Regierungsentwurf.
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