Beratung über den Gesundheitsetat : Mehr Geld für Gesundheit und Pflege
Die Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung bereitet zunehmend Sorgen. Mit reformierten Strukturen sollen die Mittel künftig effektiver eingesetzt werden.
Die Finanzlage in der Kranken- und Pflegeversicherung wird von Gesundheitsökonomen kritisch beurteilt. Dass grundlegende Reformen nötig sind, ist in der Politik Konsens, allerdings bieten die Rezepte der Parteien kaum Schnittmengen, und ihre Umsetzung ist alles andere als trivial. Obwohl die Zeit drängt, sollen zunächst Kommissionen prüfen, was genau getan werden kann.

Die soziale Pflegeversicherung (SPV) steht finanziell unter Druck. Eine Fachkommission soll sich mit Reformen befassen und bis Jahresende Vorschläge unterbreiten.
Die Finanzkrise in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) wird als besonders dramatisch eingeschätzt. Nach einem Defizit von rund 1,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr wird sich nach Angaben des Bundesrechnungshofes ohne tiefgreifende Reformen bis 2029 eine Finanzierungslücke von mehr als zwölf Milliarden Euro ergeben.
"Die Finanzlage muss zügig stabilisiert, die Reform der SPV in dieser Legislaturperiode endlich umgesetzt werden", heißt es in einem Bericht der Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages. Zudem müssten Antworten auf den rapiden Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen gefunden werden, die 2023 bei 5,7 Millionen Menschen lag.
Pflegeversicherung bekommt vom Bund ein Darlehen in Milliardenhöhe
Auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) warnte davor, die Lösung der Finanzierungsprobleme hinauszuzögern. "Wichtig ist, dass mit der geplanten Reform wirklich eine nachhaltige finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung geschafft wird", sagte der neue Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt. Mit der vorübergehenden schuldenfinanzierten Unterstützung der Pflegeversicherung werde das Finanzierungsproblem nicht gelöst.
Die Pflegeversicherung bekommt in diesem Jahr aus dem Bundeshaushalt ein Darlehen von 500 Millionen Euro und nächstes Jahr eines über 1,5 Milliarden Euro, die zurückgezahlt werden müssen.
Warken stellt grundlegende Reform der Pflegeversicherung in Aussicht
Der Rechnungshofbericht zeige, dass die Lage in der Pflegeversicherung dramatischer sei als bisher eingeräumt, sagte DAK-Vorstandschef Andreas Storm. "Nicht nur die Krankenversicherung, sondern auch die Pflegeversicherung ist ein Notfallpatient,", sagte Storm der dpa.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) stellt eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung in Aussicht, will dazu aber erst die Ergebnisse einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe abwarten, die am Montag ihre Arbeit aufgenommen hat. Ende des Jahres wird mit Ergebnissen gerechnet. Zu Beginn wurden zwei Fachgruppen gebildet: die eine kümmert sich um die Finanzen, die andere um die Versorgung. Warken stellte klar, dass eine Ausweitung von Leistungen nicht in Betracht kommt.
Schlecht sieht es auch in der Krankenversicherung aus, die nach neuen Zahlen der Bundesregierung 2024 ein Defizit von 6,6 Milliarden Euro verbucht hat; der Gesundheitsfonds kam auf ein Defizit von rund 3,7 Milliarden Euro. Die Ausgaben stiegen deutlich stärker als die Einnahmen.
AfD: Ressort gleicht einem sinkendem Schiff
In der Debatte über den Gesundheitsetat 2025 am Donnerstagabend spielte die Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung eine zentrale Rolle. Ministerin Warken kündigte "grundlegende und weitreichende Reformen der Versorgungsstrukturen" an. Sie räumte ein: "Der Finanzdruck auf die GKV und Pflegeversicherung ist unmittelbar sehr hoch." In der Pflegeversicherung stehe aus der Coronazeit noch die Rückzahlung eines Darlehens von mehr als fünf Milliarden Euro aus. Sie fügte hinzu: “In beiden Versicherungssystemen müssen wir zudem über die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen sprechen.”
„Meine Oma hat immer gesagt: Spare in der Zeit, so hast Du in der Not.“
Michael Espendiller (AfD) sagte, Warken habe ein "kaputtgewirtschaftetes" Ressort übernommen, das einem sinkenden Schiff gleiche. Das Gesundheitssystem sei "hyperbürokratisch", ungerecht und verschlinge Unsummen Verwaltungskosten. Mit der GKV-Kommission werde wieder einmal ein "Stuhlkreis" eingerichtet. Dass Reformen frühestens 2028 angegangen würden, sei "absolut grotesk".
Grüne warnen vor absehbar weiter steigenden Beiträgen
Paula Piechotta (Grüne) warf dem früheren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, die Rücklagen in der GKV sträflich abgeschmolzen zu haben. "Meine Oma hat immer gesagt: Spare in der Zeit, so hast Du in der Not." Die Defizite in GKV und SPV hingen auch mit planlosen Leistungsausweitungen zusammen. Nun fehle Geld, Reformen zögen sich hin, und die einst versprochenen Milliarden würden nicht zugeschossen. Das werde zu steigenden Beiträgen führen.
Das sieht die Linke genauso. Tamara Mazzi rügte, der Haushalt erzähle die Geschichte von einem System, das kaputtgespart werde. Die Darlehen an die GKV (2,3 Milliarden Euro) und die Pflege böten keine nachhaltigen Lösungen, sondern seien ein klassischer Haushaltstrick, um die Schuldenbremse einzuhalten, denn die Gelder müssten in der nächsten Wahlperiode zurückgezahlt werden.
Svenja Stadler (SPD) sagte, der Haushalt 2025 zeige, dass die Herausforderungen nicht kleiner geworden seien. Sie begrüße die Kommissionen, erwarte aber zügig gute Lösungen. In der Pflege gehe es um eine "verlässliche, zukunftsfähige und gerechte" Versorgung. Simone Borchardt (CDU) mahnte, es nutze nichts, immer mehr Geld in ein "krankes System" zu stecken. "Denn dieses System braucht neue Strukturen und Reformen." Nötig sei ein faires und planbares Finanzierungssystem.
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