Angespannter Wohnungsmarkt : Mietpreisbremse soll bis Ende 2029 greifen
Der Bundestag verlängert die Mietpreisbremse um weitere vier Jahre. Union, Grüne, Linke und AfD sind skeptisch, wenn auch aus ganz verschiedenen Gründen.
Der Bundestag hat am Donnerstag die Mietpreisbremse verlängert. Die Regelung, die in "Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten" dafür sorgt, dass die Miete bei Neuvermietungen grundsätzlich gedeckelt wird, gilt nun bis Ende 2029. Eigentlich wäre sie zum Ende dieses Jahres ausgelaufen.
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktion, der in dieser Woche nach zweiter und dritter Lesung verabschiedet wurde, stieß numerisch auf verhältnismäßig große Zustimmung. Neben CDU/CSU und SPD stimmten auch die Grünen für den Vorschlag, die Linke enthielt sich, einzig die AfD lehnte ihn ab. Wirklich zufrieden schien aber niemand mit dem nun in Richtung Bundesrat gehenden Gesetzentwurf zu sein. Grüne und Linke haben deutlich weitergehende Vorstellungen beim sozialen Mietrecht - und hatten dazu einen Entwurf für ein "Faires-Mieten-Gesetz" (Grüne) und einen Antrag für einen Mietenstopp (Linke) vorgelegt. Die SPD könnte sich ebenfalls eine deutlich schärfere Regulierung im Mietrecht vorstellen, hat aber an ihrer Seite mit der CDU/CSU einen Koalitionspartner, der schon die reine Verlängerung der Mietpreisbremse skeptisch sieht.

In der Debatte um die Mietpreisbremse sind sich die Bundestagsparteien einig: Das Problem der steigenden Mieten wird sich ohne Neubau kaum lösen lassen.
Das wurde nicht nur bei der abschließenden Debatte im Plenum deutlich, sondern bereits wenige Tage zuvor bei der Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Die drei von der Union benannten Sachverständigen rieten den Abgeordneten davon ab, die Mietpreisbremse weiter zu verlängern oder gar zu verschärfen. Anders lauteten die Meinungen der Experten, die die SPD eingeladen hatte: Sie rieten zur Entfristung der Regelung und zur Begrenzung der bisherigen Ausnahmen.
SPD setzt auf angekündigte Expertengruppe
In der Bundestagsdebatte sprach Sozialdemokratin Sonja Eichwede daher auch von einem "ersten Schritt", der mit der Verlängerung der Mietpreisbremse gegangen werde. Weitere Änderungen müssten folgen. Eichwede nannte etwa bessere Regelungen bei der Kurzzeitvermietung, bei Indexmietverträgen und bei der Vermietung möblierten Wohnraums. Dazu verwies sie auch auf die von der Koalition geplante Expertengruppe, die weitere Vorschläge zum Mietrecht ausarbeiten soll - bis Ende 2026. Eichwede machte auch deutlich, dass schneller, effektiver und kostengünstiger gebaut werden müsse - Stichwort: "Bau-Turbo".
Das sah Günter Krings für die CDU/CSU-Fraktion genauso. Die Probleme auf den Wohnungsmärkten seien nicht durch Preisregulierung zu lösen, sondern durch Neubau. Da aber die von der Koalition geplanten Maßnahmen nicht sofort ihre Wirksamkeit entfalteten, sei die Mietpreisbremse "befristet und rechtsstaatlich klar eingegrenzt" für einige Jahre noch ein "notwendiges Instrument des Übergangs, um kurzfristig Menschen vor Verdrängung zu schützen", sagte der Christdemokrat.

„Wer das Vertrauen von Kapitalgebern zerstört, der gefährdet damit eben auch künftige Investitionen.“
Eine klare Absage erteilte Krings Überlegungen, an die Ausnahme von der Mietpreisbremse für Neubauten ranzugehen. Aktuell greift die Mietdeckelung nicht für Wohnungen, die erstmals nach dem 1. Oktober 2014 vermietet wurden. "Unsere Glaubwürdigkeit als Gesetzgeber" stünde auf dem Spiel, mahnte Krings. “Wer das Vertrauen von Kapitalgebern zerstört, der gefährdet damit eben auch künftige Investitionen.”
Aus Sicht von Till Steffen (Grüne) ist dieser Fokus auf Investorenerwartungen problematisch. In der Marktwirtschaft gehe es nicht darum, Gewinne zu garantieren. Es könne sein, dass sich Rahmenbedingungen ändern. Wenn die Mieten zu stark steigen, "dann ist es Aufgabe des Staates, zu reagieren", meinte Steffen.
Der SPD attestierte er, deutlich zu machen, dass sie mehr wolle, aber die Bilanz sei frustrierend, schon die Anpassung des Neubaudatums habe sich die SPD nicht durchgesetzt. Mit Blick auf die Arbeit der Expertengruppe zeigte sich Steffen besorgt, dass auch dort die Union die Oberhand behalten werde. Wirksamen Schutz für Mieterinnen und Mieter böte nur der Entwurf seiner Fraktion, das habe in der Anhörung auch der Deutsche Mieterbund betont. Eine Mehrheit fand die Grünen-Vorlage allerdings nicht.
Linke nennt Mietpreisbremse “Etikettenschwindel”
Caren Lay (Die Linke) ging mit der Mietpreisbremse hart ins Gericht. Sie bremse überhaupt nicht, sagte die Abgeordnete, und verwies auf die von ihr bei der Bundesregierung abgefragten Zahlen. Demnach seien in den vergangenen zehn Jahren die Mieten in Großstädten um 50 Prozent gestiegen, in manchen wie etwa Berlin sogar um 100 Prozent. Die Mietpreisbremse sei ein "Etikettenschwindel", befand Lay und kritisierte, dass das nun verlängerte Instrument so schwach sei, "dass sogar die Union zustimmen wird". In dem ebenfalls abgelehnten Antrag hatte ihre Fraktion unter anderem einen Mietenstopp gefordert, ein Nachschärfen der Mietpreisbremse und eine Regulierung von Bestandsmieten.
Rainer Galla (AfD) nannte die Verlängerung der Mietpreisbremse "reine Symbolpolitik". Denn der "Elefant im Raum" sei, dass Deutschland "seit 2015 eine enorme, eine außergewöhnliche, eine ungeheuerliche Zunahme der Bevölkerung" zu verzeichnen habe. Wenn die Nachfrage steige, dürfe man sich nicht wundern, wenn der Wohnraum noch knapper werde. 2014 sei die Einführung der Mietpreisbremse noch vertretbar gewesen, inzwischen verschärfe sie bestehende Fehlentwicklungen, so Galla. Zudem seien die Wohnungsbauziele verfehlt worden. "Wohnungspolitisch haben alle bisher im Bund und Ländern regierenden Parteien schlicht und einfach versagt", sagte der Abgeordnete und forderte unter anderem eine Entschlackung baurechtlicher Vorschriften.
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