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Neues Ressort, neue Zuständigkeiten : Was in der Digitalpolitik passieren soll

Deutschland bekommt sein erstes Digitalministerium. Diese Schwerpunkte will die neue Bundesregierung in der Digitalpolitik und bei der Staatsmodernisierung setzen.

07.05.2025
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7 Min

Es ist die große Neuerung: Nach Jahren der Diskussion um die beschleunigte Digitalisierung des Landes wird es in der 21. Legislaturperiode ein eigenes Digitalministerium geben, das auch für die Staatsmodernisierung verantwortlich ist. Das neu geschaffene Ressort unter CDU-Führung liegt in den Händen von Karsten Wildberger (parteilos). Der genaue Zuschnitt und die Zuständigkeiten sind in dem am Dienstagabend verabschiedeten Organisationserlass der Bundesregierung  festgelegt. 

Foto: DBT/ Thomas Köhler/ photothek

Überraschungskandidat im Kabinett: Karsten Wildberger (Mitte), der Mann aus der Wirtschaft, und das neue Digitalministerium erhalten noch umfangreichere Kompetenzen als ursprünglich geplant.

Demnach erhält das neue Ressort umfassende Kompetenzen: Die Abteilungen und Zuständigkeiten kommen aus insgesamt sechs Häusern, dem Kanzleramt, dem Innenministerium, dem Verkehrsministerium, dem Justiz-, Wirtschafts- sowie dem Finanzministerium. Um die gesamte IT des Bundes besser steuern zu können, erhält es zudem - bis auf einige ausgenommene Geschäftsbereiche - einen Zustimmungsvorbehalt „für alle wesentlichen IT-Ausgaben der unmittelbaren Bundesverwaltung“.

Schwierige Mission: Wildberger soll für Deutschlands Modernisierungsschub sorgen 

Auf Wildberger, den Manager aus der Wirtschaft, warten neben dem Aufbau des Ministeriums teils jahrzehntelange Versäumnisse und Baustellen. Um die digitale Transformation im Land voranzutreiben, hat sich Schwarz-Rot eine „ambitionierte Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung“ vorgenommen; digitale Abhängigkeiten sollen abgebaut und „europäisch integrierte und resiliente Wertschöpfungsketten“ geschaffen werden. Schlüsseltechnologien sollen in Deutschland entwickelt und digitale Infrastrukturen geschützt und ausgebaut werden. Zudem will die neue Koalition die gesellschaftliche Ebene in den Blick nehmen und eine „altersübergreifende digitale Kompetenzinitiative“ starten.

43 Mal findet sich der Begriff „Digitalisierung“ in dem 146-seitigen Koalitionsvertrag. Auch „Künstliche Intelligenz“ und „KI“ tauchen auffällig oft in dem Vertragswerk auf. Welche Systeme damit genau gemeint sind, bleibt offen. Unter anderem ist von einer „KI-Offensive mit einem 100.000-GPU-Programm“ die Rede, um Deutschland zu einer „KI-Nation“ zu machen. Dafür wolle man „mindestens eine der europäischen „AI-Gigafactories“ nach Deutschland holen sowie KMU und Start-ups mit KI-Reallaboren unterstützen. Der Auf- und Ausbau von Rechenzentren, „insbesondere auch in Ostdeutschland“, soll beschleunigt werden. Auch wollen die Koalitionäre Verwaltungsprozesse mittels KI automatisieren, beschleunigen und effizienter gestalten. Mit Blick auf den AI Act wolle man eine innovationsfreundliche und bürokratiearme nationale Umsetzung und keine zersplitterte Marktaufsicht, heißt es im Koalitionsvertrag.

Beschleunigung für die Gigabitgesellschaft

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Für die digitale Infrastruktur und den Breitbandausbau will die neue Koalition ein Beschleunigungsgesetz auf den Weg bringen, das den Glasfaser- und Mobilfunkausbau als im „überragenden öffentlichen Interesse“ definiert. Ein solches Gesetz hatte bereits die Ampelkoalition vorgelegt, aber nach dem Ampel-Aus nicht mehr verabschieden können. 

Es bleibt auch dabei, dass die Mindestanforderungen an Breitbandanschlüsse kontinuierlich angehoben werden sollen. In dünn besiedelten Gebieten, in denen kein „marktgetriebener Ausbau möglich“ ist, setzt die Koalition weiter auf Förderprogramme bei Glasfaser und Mobilfunk. Fortgesetzt werden soll auch der Einsatz von Satellitentechnologie, um Funklöcher zu schließen.

Was laut Koalitionsvertrag in der Netzpolitik und im Digitalrecht geplant ist

In der Netzpolitik bekennt sich die neue Koalition zu einem offenen Netz: „Wir setzen uns für den Erhalt des freien, fairen, neutralen und offenen Netzes ein“, schreibt Schwarz-Rot. Weiter heißt es: „Die Entwicklung offener europäischer Plattformmodelle begrüßen wir.“ 

Mit Blick auf die digitale Souveränität will die neue Bundesregierung auf die Förderung souveräner Cloud-Plattformen setzen und Open-Source-Ansätze vorantreiben. Ein strategisch ausgerichtetes IT-Budget, das Zentrum Digitale Souveränität (ZenDis) und die „Sovereign Tech Agency“ sollen mit der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) dazu beitragen. Die IT-Sicherheit kritischer Infrastrukturen und auch die öffentliche IT-Sicherheit sollen verbessert werden.

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Weiterentwickeln will die neue Koalition den Digital Services Act (DSA): „Wir setzen uns in der EU dafür ein, radikalisierungsfördernde Algorithmen im DSA stärker zu regulieren“, heißt es im Koalitionsvertrag. Beim Umgang mit Desinformation plädieren die Koalitionspartner dafür, dass systemisches Versagen, etwa beim Entfernen strafbarer Inhalte, Konsequenzen haben müsse. Dazu sollen Sanktionsmöglichkeiten verschärft werden. Der „massenhafte und koordinierte Einsatz von Bots und Fake-Accounts“ müsse verboten werden. Geprüft werden soll eine verschärfte Haftung der Social-Media-Plattformen für Inhalte, die diese transportieren.

Revival für digitales Gewaltschutzgesetz 

Erneut angegangen werden soll ein digitales Gewaltschutzgesetz, mithilfe dessen Frau besser geschützt werden sollen, etwa vor Stalking durch GPS-Tracking oder Spionage-Apps. Nach dem Willen der Koalition sollen unter anderem Plattformen Schnittstellen zu Strafverfolgungsbehörden bereitstellen, damit „relevante Daten automatisiert und schnell abgerufen werden können“. 

Datenpolitik und Änderungen beim Datenschutz

Änderungen soll es im Bereich der Datenschutzaufsicht geben; angestrebt wird eine Bündelung der Zuständigkeiten und Kompetenzen bei der Bundesdatenschutzbeauftragten „im Interesse der Wirtschaft.“ Sie soll zur Bundesbeauftragten für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit werden. 

Wie bereits die Ampelkoalition möchte auch die neue Koalition für ein offeneres und positiveres Datennutzungsverständnis eintreten, eine Kultur des Teilens und Nutzens von Daten etablieren. Folgen wolle man dem Grundsatz „public money, public data.“ Allein zwölf Mal findet sich der Begriff „Datennutzung“ in dem Vertragswerk. Weiter ist ein Datengesetzbuch vorgesehen, das die Regelungen von Bund und EU bündeln soll.

Digitale Verwaltung und Bürokratieabbau

Wie schon die Ampelkoalition hat sich auch Schwarz-Rot zum Ziel gesetzt, alle wichtigen Verwaltungsleistungen digital und ohne Behördengang über eine zentrale Plattform nutzbar zu machen. Dabei wollen die Koalitionäre auf „digital-only“ setzen, geht aus dem Koalitionsvertrag hervor. Dementsprechend soll der Zugang zur Verwaltung über die „automatisch bereitgestellte Deutschland-ID und die sichere eID/EUDI-Wallet“ kommen. Außerdem will die Koalition die Registermodernisierung vorantreiben, indem die Bundesregister vernetzt und zentral auf souveränen Cloud-Plattformen vorgehalten werden.

Notwendig seien zudem ein umfassender Rückbau der Bürokratie und „grundlegende Strukturreformen“. Unter anderem sollen behördenübergreifend „Aufgaben, Institutionen und Behörden“ auf den Prüfstand gestellt und Förderprogramme des Bundes auf „Zielgenauigkeit und Effizienz“ überprüft werden. Über ein digitales Bürokratieportal sollen „bürokratische Hemmnisse und Verbesserungsvorschläge“ gemeldet werden können.

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