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Haushaltspolitik : Schwarz-Rot sieht sich unter Konsolidierungsdruck

Trotz neuer milliardenschwerer Spielräume durch Grundgesetzänderungen will die Koalition den Rotstift ansetzen. Gekürzt werden soll unter anderem beim Personal.

30.04.2025
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3 Min

In der Haushaltspolitik hatte die künftige Koalition aus CDU, CSU und SPD bereits Pflöcke eingeschlagen, als die Koalitionsgespräche gerade erst begonnen hatten. Kurz vor der Konstituierung des 21. Bundestages beschlossen die Abgeordneten der drei Parteien - mit Unterstützung der Grünen - weitreichende Grundgesetzänderungen, die die Haushaltspolitik der nächsten Jahre prägen werden.

Foto: picture alliance/dpa | Matthias Bein

Der designierte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) wird die Haushaltspolitik der neuen Koalition verantworten.

Als Ergebnis der Sondierungen zwischen den Parteien wurde zum einen festgelegt, dass verteidigungs- und sicherheitspolitische Ausgaben ab einer bestimmten Höhe künftig nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Zum anderen wurde die Einrichtung eines Sondervermögens in Höhe von 500 Milliarden Euro für zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz ermöglicht.

Details zum Sondervermögen Infrastruktur sollen geregelt werden

In der laufenden Legislaturperiode wollen CDU, CSU und SPD nun die Details regeln. Das gilt vor allem für das Sondervermögen, für das im Koalitionsvertrag ein Errichtungsgesetz angekündigt wird. Es soll "klare Ziele und Investitionsfelder" definieren, die mit einer "Erfolgskontrolle" verbunden sein sollen. Auch privates Kapital soll "wo möglich" gehebelt werden, heißt es in der Vereinbarung der drei Parteien. Von den 500 Milliarden Euro sollen 100 Milliarden an die Länder für eigene Investitionsvorhaben gehen.

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Außerdem sollen schrittweise insgesamt 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen - pro Jahr sollen es "rund zehn Milliarden Euro" sein, schreiben die Neu-Koalitionäre. Der KTF soll zudem saniert und auf die "zentralen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität" konzentriert werden. So sollen "Kleinstprogramme" auslaufen.

Außerdem wird eine weitere Modernisierung der Schuldenbremse angekündigt. Dazu soll eine Expertenkommission eingesetzt werden, die erarbeiten soll, "wie dauerhaft zusätzliche Investitionen in die Stärkung unseres Landes" ermöglicht werden können. Auf dieser Grundlage wollen Union und SPD bis Ende des Jahres die entsprechende Gesetzgebung abschließen. Eine Grundgesetzänderung würde im Bundestag allerdings nicht nur die Mitwirkung der Grünen, sondern auch der Linken oder der AfD erfordern – eine politische Herausforderung für die neue Koalition.

Schwarz-rote Koalition sieht "hohen Konsolidierungsdruck" im Haushalt

Mit Blick auf den Haushalt – die neue Koalition muss noch in diesem Jahr einen Etat für das laufende und das kommende Jahr vorlegen – bedeuten die Grundgesetzänderungen, dass der voraussichtliche nächste Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) bei der Finanzplanung etwas Luft zum Atmen hat. Die Spenderhosen hat Schwarz-Rot nach eigenem Bekunden aber nicht an, im Gegenteil: Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt, für darüber hinausgehende Maßnahmen muss eine Gegenfinanzierung nachgewiesen werden.

Aus Sicht der drei Parteien steht der Bundeshaushalt trotz der beschlossenen Verfassungsänderungen "weiter unter einem hohen Konsolidierungsdruck". In dieser Legislaturperiode soll daher ein "erheblicher Konsolidierungsbeitrag" erbracht werden, der im Koalitionsvertrag allerdings nicht näher beziffert wird.

Wie genau dies geschehen soll, wird im Vertrag zumindest angedeutet. Zum einen gibt es Prüfauftragsprosa: "Alle Subventionen" und "alle Förderprogramme" sollen auf den Prüfstand kommen – alles unter dem Stichwort einer "Aufgaben- und Ausgabenkritik", die noch in diesem Jahr beginnen soll.

Rotstift wird bei Verwaltungsausgaben und Personal angesetzt

Zum anderen gibt es in einigen Bereichen vergleichsweise konkrete Vorgaben: So sollen die Förderprogramme um insgesamt eine Milliarde Euro gekürzt werden, Einsparungen sind auch bei den freiwilligen Beiträgen an internationale Organisationen, bei der Entwicklungshilfe und beim Bürgergeld vorgesehen. Mit Ausnahme der Sicherheitsbehörden sollen zudem die "sächlichen Verwaltungsausgaben" in allen Einzelplänen des Bundeshaushalts bis 2029 um zehn Prozent sinken. Im noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurf für das laufende Jahr wurden die sächlichen Verwaltungsausgaben immerhin mit rund 26 Milliarden Euro veranschlagt – inklusive der Sicherheitsbehörden.

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Auch beim Personal will die Koalition ansetzen – in den nächsten vier Jahren sollen acht Prozent der Stellen in der Bundesverwaltung abgebaut werden. Auch hier sollen die Sicherheitsbehörden, zu denen etwa Bundespolizei und Zoll gehören, ausgenommen werden.

Überschuldete Kommunen sollen laut Koalitionsvertrag unterstützt werden

Der Koalitionsvertrag nimmt auch die gesamtstaatliche Perspektive in den Blick. Angekündigt wird ein "Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen". Ziel ist – erneut – eine "umfassende Aufgaben- und Kostenkritik" sowie die Stärkung der "finanziellen Handlungsfähigkeit". Die Koalitionäre wollen sich für eine "faire Aufgaben- und Finanzierungsverteilung" zwischen den staatlichen Ebenen einsetzen.

Kommunen, die unter hohen Altschulden leiden, will die neue Koalition unter die Arme greifen. So soll sich der Bund mit jährlich 250 Millionen Euro hälftig an Maßnahmen der Länder beteiligen, "die ihre Kommunen durch eine landesseitige Übernahme übermäßiger Kassenkredite entlasten", heißt es im Koalitionsvertrag. Außerdem plant die Koalition, die Geberländer im bundesstaatlichen Finanzausgleich im gleichen Zeitraum um 400 Millionen Euro zu entlasten.