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Fünf Fragen an Boris Palmer : "Für die laufenden Ausgaben hilft das Sondervermögen nicht"

Ein Einbruch der Gewerbesteuer, stark wachsende Sozialausgaben: Tübingens Oberbürgermeister Palmer verlangt eine Politik, die "die Wirtschaft wieder flott" macht.

21.05.2025
True 2025-05-22T12:46:55.7200Z
3 Min

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) erklärt, wie dramatisch die Wirtschaftskrise auf seine Stadt durchschlägt und was die jüngste Steuerschätzung bedeutet. Von der neuen Bundesregierung verlangt er „Arbeitsanreize und weniger Alimentierung von Menschen, die nie eingezahlt haben“.

#1

Herr Palmer, die Steuereinnahmen für die Kommunen fallen niedriger aus als noch im Herbst prognostiziert. Bedeutet das für die Stadt Tübingen eine weitere Verschärfung der angespannten Finanzlage?

Boris Palmer: Ja, das ist schon eingetreten. Wir haben 14 Millionen Euro steuerliche Mindereinnahmen und müssen diesen Betrag im laufenden Haushalt erbringen, weil der Haushalt sonst nicht genehmigt wird.

Foto: Gudrun de Maddalena
Boris Palmer
ist seit 2007 Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen. Die dritte Amtszeit des 52-Jährigen hat am 11. Januar 2023 begonnen und dauert noch bis zum Jahr 2031. Von 1998 bis 2023 war Palmer Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen, seit zwei Jahren ist er parteilos.
Foto: Gudrun de Maddalena

#2

Inwiefern spiegelt sich die derzeitige Wirtschaftskrise in den (Gewerbe)-Steuereinnahmen Tübingens wider?

Boris Palmer: In einem Rückgang der Gewerbesteuer um real 25 Prozent in nur zwei Jahren.

#3

Was versprechen Sie sich von den 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Kommunen für Ihre Stadt?

Boris Palmer: Nicht viel. Das kann helfen, Investitionen nicht zu stoppen, die dringend nötig sind. Aber für die laufenden Ausgaben hilft das nicht. Dafür müsste der Bund Nullrunden in Tarifauseinandersetzungen durchsetzen oder Leistungsgesetze deutlich zurückschneiden.

#4

Können Sie ein Beispiel für ein solches Leistungsgesetz nennen?

Boris Palmer: Gerne. Das Bundesteilhabegesetz hat bis zu 30 Prozent höhere Kosten verursacht, die im Wesentlichen nur durch das Erfordernis einer einzelvertraglichen Regelung für jeden einzelnen Hilfefall entstanden sind. Dies wieder auf den Stand vor dem Bundesteilhabegesetz zu bringen, würde den Kommunen zig Millionen sparen und niemandem wirklich schaden. Es ist einfach nur mehr Bürokratie.

#5

Welche weiteren Reformen auf der Bundesebene sind nötig, um die Einnahmesituation Ihrer Stadt zu verbessern? Was halten Sie in diesem Zusammenhang von einer Reform der Gewerbesteuer?

Boris Palmer: Ich halte nichts von einer solchen Reform. Die Steuer ist gut. Hingegen muss die Wirtschaft wieder flott gemacht werden. Es muss mehr Arbeitsanreize geben und weniger Alimentierung von Menschen, die nie eingezahlt haben.

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