
Steuerliche Anreize für mehr Investitionen : Wie der Investitions-Booster bei Ökonomen ankommt
Mit einer neuen Super-Abschreibung als "Investitions-Booster" will die Koalition die Wirtschaftswende einläuten. Bei Ökonomen stößt der Ansatz auf Zustimmung.
Viel Lob aus der Wissenschaft erhält die neue Bundesregierung für ihr "Investitions-Booster"-Gesetz, insbesondere für die darin vorgesehenen erhöhten Abschreibungsregeln und für die Senkung der Körperschaftssteuer. Um 30 Prozent des Investitionswerts sollen Unternehmen künftig ihr steuerpflichtiges Einkommen im ersten Jahr der Anschaffung senken dürfen, wenn sie beispielsweise eine neue Maschine kaufen. Wer also 10.000 Euro investiert und 30 Prozent Steuern auf seine Gewinne zahlt (Körperschafts- und Gewerbesteuer), mindert die zu zahlende Steuerlast im ersten Jahr um 900 Euro, im zweiten um 630 Euro und im dritten Jahr um 441 Euro. Das ist deutlich mehr als bei der bisher geltenden linearen Abschreibungsregel, die für zehn Jahre zehn Prozent des Anschaffungswertes vorsieht.
Auch in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses gab es überwiegend ein positives Echo der geladenen Experten.

„Investitionen in produktivitätssteigernde Maßnahmen werden attraktiver.“
"Die Super-Abschreibung von 30 Prozent sorgt dafür, dass die Unternehmen in den ersten drei Jahren weniger Steuern zahlen müssen, wenn sie investieren", erklärt Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, auf Anfrage und führt aus: “Dies reduziert das Risiko von Investitionen und kann dadurch vor allem in Bereichen wie Industrie, Maschinenbau oder IT neue Projekte anstoßen.”
Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft der Bundesregierung und Ökonomie-Professorin an der University of California, Berkeley, beurteilt die geplanten Abschreibungen ebenfalls positiv: “Die Effekte dürften beträchtlich sein, und die wachstumsfördernde Wirkung dürfte insbesondere bei Liquiditätsengpässen und vorgezogenen Investitionen auftreten.”
Wirtschaftsweise verlangt datenbasierte Evaluation der Wirkung
Um die Wirkung solcher Maßnahmen künftig besser quantifizieren zu können, empfiehlt Malmendier, die erhöhten Abschreibungen, die bereits die Ampel-Koalition befristet ermöglicht hat, und die nun geplanten, im Nachhinein wissenschaftlich zu evaluieren. Es müsse sichergestellt werden, "dass Mikrodaten zu den Reaktionen der Unternehmen zeitnah zur Verfügung gestellt werden".
Aus Sicht von Dominika Langenmayr, Professorin für Finanzwissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, wird die nun geplante Super-Abschreibung "Investitionen in produktivitätssteigernde Maßnahmen attraktiver" machen. Sie erklärt weiter: “Die Befristung der Super-Abschreibung auf drei Jahre sorgt zudem dafür, dass Investitionen vorgezogen werden.”

„Nach rund zehn Jahren fallen die positiven Effekte größer aus als die Mindereinnahmen des Staates.“
Tobias Hentze, Leiter des Themenclusters Staat, Steuern und Soziale Sicherung beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), lobt auch, dass mit dem beschlossenen Gesetz ab dem Jahr 2028 der Satz der Körperschaftssteuer sukzessive über fünf Jahre hinweg von 15 auf zehn Prozent sinken wird. "Langfristig, nach rund zehn Jahren, fallen die positiven Effekte auf Investitionen und Konsum laut unseren Simulationsrechnungen größer aus als die Mindereinnahmen des Staates", prognostiziert er.
"Die Reduzierung der Körperschaftsteuer auf zehn Prozent bis 2032 bietet das Potenzial für eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen", findet LBBW-Chefökonom Kraemer. Dadurch könnten nicht nur inländische Investitionen steigen, sondern Deutschland auch für ausländisches Kapital attraktiver werden.
Kompensation für Kommunen, aber Belastung ab 2028
Vorübergehend kostet das Paket den Bundeshaushalt aber erstmal Geld, mehrere Milliarden Euro pro Jahr, zumal der Bund nun auch zugesagt hat, die Einnahmeausfälle der Kommunen infolge der erhöhten Abschreibung zu kompensieren: Bis 2028 sollen die Kommunen einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer erhalten, auch die Länder sollen noch eine Kompensation bekommen.
Zum Ausgleich für die ab 2028 sinkende Körperschaftssteuer könnten die Kommunen aus Sicht von Finanzwissenschaftlerin Langenmayr selbst die Sätze der Gewerbesteuer anheben. Das ist möglich, schließlich entscheiden über die Höhe der Gewerbesteuer, die Unternehmen zu zahlen haben, Städte und Gemeinden jeweils selbst.

„Die Kombination von Super-Abschreibung und Körperschaftssteuersenkung schafft attraktive Rahmenbedingungen.“
Die zeitliche Abfolge jedenfalls, dass zuerst die Abschreibungssätze erhöht und dann die Steuersätze gesenkt werden, findet die Finanzwissenschafts-Professorin richtig. Auch LBBW-Chefvolkswirt Kraemer lobt: "Die Kombination aus der Super-Abschreibung und der Körperschaftssteuersenkung schafft attraktive Rahmenbedingungen, um Investitionen zu fördern."
Die Kritik der Opposition, insbesondere der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, von den erhöhten Abschreibungsregeln profitierten primär Unternehmen, die bereits ordentlich Gewinne schreiben, verfängt bei den Ökonomen indes nur bedingt. Die Grünen setzen sich schon länger für sogenannte Investitionsprämien ein, die aus den USA als "Tax Credits" bekannt sind: Dabei wird nicht die steuerliche Bemessungsgrundlage verändert, etwa der zu versteuernde Gewinn, sondern die Investition direkt gefördert. Beispielsweise zahlt der Staat bei jeder Unternehmensinvestition einen pauschalen Zuschuss von zehn Prozent. "Investitionsprämien haben den Vorteil, dass sie Unternehmen in Verlustsituationen helfen", erklärt Langenmayr. Denn wer keinen Gewinn erzielt, zahlt ohnehin keine Steuern, dem helfen also auch Abschreibungen nichts.
Warnung vor Bürokratie bei Investitionsprämien
IW-Ökonom Hentze argumentiert, dass der wirtschaftliche Impuls von Investitionsprämien "vermutlich etwas stärker wäre, dafür käme es auch zu dauerhaften Kosten für den Staat, nicht nur zu einer zeitlichen Verschiebung von Steuereinnahmen wie bei der degressiven Abschreibung".
Unterstützung bekommen die Grünen für ihren Ansatz aus den USA, wo dieser bereits erprobt ist: "Ich halte die Nutzung eines echten Ansatzes von 'Tax Credits' für äußerst wünschenswert", sagt Berkeley-Ökonomin Malmendier, ergänzt jedoch: "Allerdings gilt dies nur dann, wenn sich jeder Unternehmer sofort darauf verlassen kann, dass er oder sie diese Prämien vollumfänglich und ohne bürokratischen Aufwand erhält." Nur dann sei der in den USA zu beobachtende starke und zeitnahe Effekt auf Investitionen zu erwarten. "In Deutschland und Europa sehe ich hingegen die Gefahr, dass die Politik Prämien nur für bestimmte Investitionen gewähren möchte und komplizierte, bürokratische Förderprogramme aufbaut. Dies muss unbedingt vermieden werden", warnt Malmendier. Sollte in Deutschland kein bürokratiearmer Weg für Investitionsprämien gefunden werden, "dann bleiben die geplanten degressiven Abschreibungen wohl die bessere Alternative".

„Langfristiges Wachstum ist nur zu erwarten, wenn junge Unternehmen mit neuen Technologien gefördert werden.“
Dass Investitionsprämien in Deutschland ohne große Bürokratie umgesetzt werden können, bezweifelt die Ingolstädter Ökonomin Langenmayr. Würden diese auch an junge Unternehmen ohne Gewinne ausgezahlt, bestehe die Gefahr von Betrügereien, denen nur mit viel Bürokratie begegnet werden könne. "Die Erfahrungen aus der Corona-Zeit mit den Test-Zentren lassen grüßen", warnt LBBW-Ökonom Kraemer in diesem Zusammenhang.
Kritik an Ausgestaltung der Forschungszulage
Als Lösung des Dilemmas schlägt Langenmayr vor: "Möchte man Verlustunternehmen unterstützen, wäre eine Ausweitung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten sinnvoller." Soll heißen: Unternehmen können beispielsweise in der Zukunft, wenn sie Gewinne machen, Verluste von heute steuerlich verrechnen. Das sieht auch die Wirtschaftsweise Malmendier so. Sinnvoll sei es dann, perspektivisch "zu einer Negativsteuer für Unternehmen mit Verlusten zu kommen".
Kritische Worte findet Malmendier für die im Gesetz vorgesehene Ausweitung der Forschungszulage, mit der Unternehmen ihre Steuerschuld ebenfalls mindern können. Es bestehe die Gefahr, "dass die Verzerrung hin zur Förderung großer Unternehmen verstärkt wird". Sie fordert eine bessere Unterstützung für kleine Unternehmen und Start-ups, denn: “Langfristiges Wachstum ist in Deutschland nur dann zu erwarten, wenn zukunftsorientierte, junge Unternehmen mit neuen Technologien auch in der Wachstumsphase gefördert und in Deutschland gehalten werden können.”
IW-Ökonom lobt E-Auto-Förderung
Positives Feedback erhält die Koalition auch für die geplante Förderung der Elektromobilität: “Eine Abschreibung von 75 Prozent im ersten Jahr ist ein starker Anreiz. Dadurch kann es gelingen, die E-Mobilität spürbar voranzubringen - dies ist ein erklärtes Ziel der Regierung”, erklärt IW-Ökonom Hentze. Zugleich sei es aber richtig, die Subvention zu befristen. “Daran sollte die Regierung auch festhalten, damit keine Gewöhnung und kein Mitnahmeeffekt zulasten der Steuerzahler eintreten.”
Die Wirtschaftsweise Malmendier äußert sich auch hier etwas kritischer: Bei Firmenwagen habe sich die Elektromobilität ohnehin relativ gut durchsetzt, 2024 sei der Firmenwagen-Anteil an allen in Deutschland neu zugelassenen Elektro-Pkw bei 53,2 Prozent gelegen. Da “dürften die verstärkten Abschreibungen ähnlich wie bei anderen Sonderabschreibungen für Investitionen wirken”, erwartet Malmendier. Im Güterverkehr sei nach wie vor die Ladeinfrastruktur ein Hemmnis, mahnt die Ökonomin. “Damit die Anreize aus den Abschreibungen wirken können, muss die Infrastruktur zuerst ausgebaut werden”, mahnt sie, und verweist auf das Jahresgutachten des Sachverständigenrates aus 2024.

Mit Maßnahmen wie Abschreibungen und Steuersenkungen hat der Bundestag am Donnerstag ein Gesetz beschlossen, das die Wirtschaft wieder in Fahrt bringen soll.

Super-Abschreibungen sollen zum "Investitions-Booster" werden und die Elektromobilität voranbringen. Ein super Signal, meint CDU-Finanzpolitiker Fritz Güntzler.

Um eine "Wirtschaftswende" zu erreichen, will die Koalition über "Super-Abschreibungen" Anreize für mehr Investitionen setzen.