
Gastgewerbe in der Krise : Im Wirtshaus geht das Licht aus
Steigend Kosten, sparsame Gäste und kein Personal heißen die Probleme des Gastgewerbes. Ob eine Steuersenkung helfen kann, ist in einer Expertenanhörung umstritten.
In immer mehr Gastwirtschaften und Restaurants gehen die Lichter aus - endgültig. Nach Angaben des Branchenverbands Dehoga hat sich die Zahl der Schankwirtschaften von 2016 bis 2023 von 30.725 auf 21.815 verringert, die Zahl der Restaurants ging von 72.481 auf 65.919 zurück. Besserung ist nicht in Sicht: Im Juli 2025 meldeten die Betriebe im Schnitt Umsatzverluste von 9,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. "Die Kosten explodieren, die Gäste sind preissensibler, die Umsätze sinken", so der Warnruf von Dehoga-Präsident Guido Zöllick.
Rückzug ins Private statt Gang in die Kneipe
Die Situation war Anlass genug für den Tourismus-Ausschuss des Bundestages, sich in einer öffentlichen Anhörung am Mittwoch mit dem sogenannten Wirtshaussterben zu beschäftigen. Professor Justus Haucap (Düsseldorf Institute for Competition Economics - DICE) erläuterte die Gründe für die zahlreichen Schließungen: Es gebe einen Rückzug ins Private, ein Schrumpfen des Vereinswesens und im Fall der Schankwirtschaften auch ein verändertes Gesundheitsbewusstsein ("Joggen statt Frühschoppen"). Zum anderen würden steigende Kosten für Mieten, Energie und Arbeitskräfte die Profitabilität des Gastgewerbes schwächen.
Dehoga-Vertreterin Ingrid Hartges erinnerte an die Funktion der Gaststätten als "öffentliche Wohnzimmer" und soziale Begegnungsstätten der Gesellschaft. Ohne sie funktioniere auch kein Tourismus.
Doch für die Betriebe werde es angesichts steigender Kosten und wachsender Probleme bei der Personalgewinnung immer schwerer, die Türen offen zu halten. Die Insolvenzzahlen seien weit höher als in anderen Branchen. Zur Verbesserung der Lage setzt Dehoga auf leichtere Anwerbung ausländischer Fachkräfte und die Aufhebung des Acht-Stunden-Tages.
Gewerkschaften gegen Aufhebung des Acht-Stunden-Tages
Dagegen gab es erbitterten Protest der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). NGG-Vertreter Mark Baumeister beklagte etwa, dass zunehmend junge Menschen aus Vietnam angeworben und ausgebeutet würden. Eine Abschaffung des Acht-Stunden-Tages werde abgelehnt, weil sie der Branche mehr schaden als nutzen würde.
Die Branche setzt zudem auf Entlastungen durch die von der Regierung geplante Senkung der Mehrwertsteuer für in den Restaurants verzehrte Speisen von 19 auf sieben Prozent. Für Essenslieferungen und den Außer-Haus-Verkauf gilt das längst. Die NGG lehnte das strikt ab, weil das Geld dem Staat für andere Ausgaben fehle.
Ökonomin Langenmayr kritisiert neue Subvention
Auch Professor Dominika Langenmayr (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) war dagegen: Es werde eine neue Subvention geschaffen. Gaststätten im ländlichen Bereich würden kaum profitieren. Ganz anders argumentierte Haucap: Er könne sich sogar eine Reduzierung des Steuersatzes auf Getränke vorstellen. Gaststätten hätten schließlich auch eine soziale Funktion.
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