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Deutschlandticket bis 2030 gesichert : Das Ende der jährlichen Hängepartie

Bund und Länder stellen die Finanzierung des Deutschlandtickets bis 2030 sicher; 2026 soll es monatlich 63 Euro kosten. Linke und Grüne warnen vor zu hohen Preisen.

07.11.2025
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4 Min

Nun also doch. Die Koalition hat sich auf eine Fortführung des Deutschlandtickets geeinigt. Nicht nur für das Jahr 2026 - wie ursprünglich von der Bundesregierung geplant -, sondern bis 2030 wird es einen jährlichen Bundeszuschuss von 1,5 Milliarden Euro geben. Die gleiche Summe sollen auch die Länder bereitstellen, so dass es bei einer Unterstützung von drei Milliarden Euro pro Jahr bleibt. 

Mit der Annahme eines Änderungsantrages von Union und SPD hatte der Verkehrsausschuss am Mittwoch den Weg für die Fortführung des deutschlandweit gültigen Tickets freigemacht. Am Freitag stimmten im Plenum des Bundestages die Koalitionsfraktionen für den geänderten Gesetzentwurf zur Novellierung des Regionalisierungsgesetzes. AfD und Linke votierten mit Nein, die Grünen enthielten sich.

Foto: picture alliance/dpa/Robert Michael

Das Deutschlandticket soll ab dem kommenden Jahr 63 Euro kosten. Grüne und Linke warnen jedoch vor noch höheren Preisen.

Damit ist eine Kernforderung des Bundesrates umgesetzt, die auch bei einer Sachverständigenanhörung des Verkehrsausschusses Anfang Oktober immer wieder zu vernehmen war: eine dauerhafte Finanzierung für das Deutschlandticket sicherzustellen, mindestens jedoch bis Ende des Jahres 2030.

Die bei der Anhörung angemahnte Regelung, die alle Bundesländer verpflichtet, auch in den kommenden Jahren ein Deutschlandticket anzubieten, findet sich im Gesetz zwar nicht. Stattdessen aber eine Protokollnotiz der Koalitionsfraktionen, mit der gefordert wird, dass die Länder das Deutschlandticket verpflichtend einführen, um die notwendige Rechtssicherheit herzustellen, "etwa durch einen Anwendungsbefehl in den ÖPNV-Gesetzen der Länder".

Preis für das Deutschlandticket steigt ab 2026 auf 63 Euro pro Monat

So weit, so gut. Doch wie steht es um den künftigen Preis für das Ticket? Klar ist: Das Deutschlandticket wird schon im Jahr 2026 teurer. Die als 49-Euro-Ticket gestartete Fahrkarte für den Regionalverkehr in ganz Deutschland, die aktuell 58 Euro kostet, wird ab dem kommenden Jahr 63 Euro pro Monat kosten.

Damit, so befand Thomas Kiel d'Aragon als Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände während besagter Anhörung, werde die Finanzierungslücke von bis zu 920 Millionen Euro jedoch nicht verlässlich geschlossen. Finanzierungslasten für die kommunale Ebene seien daher "nicht sicher ausgeschlossen". Positiv bewertete er den Beschluss der Sonder-Verkehrsministerkonferenz (VMK) vom September, eine indexbasierte Preisfortschreibung ab 2027 zu schaffen. Damit sollen Personal-, Energiekosten und allgemeine Kostensteigerungen abgebildet werden. Ein noch nicht näher konkretisierter Dämpfungsfaktor soll nach den Vorstellungen der Länder große Preissprünge vermeiden.


„Das ist eher eine sanfte Sterbehilfe für das Deutschlandticket.“
Victoria Broßart (Grüne)

Die Hoffnung des Kommunalvertreters, dass nicht nur der Ticketpreis, sondern auch der von Bund und Ländern gewährte Ausgleichsbetrag entsprechend der Kostenentwicklung im ÖPNV dynamisiert wird, erfüllt sich jedoch nicht. Nach aktuellem Stand der Dinge bleibt es bei den drei Milliarden Euro pro Jahr - jeweils hälftig von Bund und Länder aufzubringen.

Union und SPD sind mit der nun gefundenen Lösung dennoch sehr zufrieden, wie sich bei der Debatte am Freitag zeigte. "Wir sorgen für Verlässlichkeit und Klarheit", befand Stephan Stracke (CDU). Es gebe nun eine klare Perspektive für die nächsten Jahre. Die jährliche Hängepartie, ob das Ticket auch im kommenden Jahr weiter besteht, werde beendet. Statt eines Tarifdschungels sei nun die sorglose und bequeme Nutzung des ÖPNV möglich, sagte der Unionsabgeordnete.

AfD fordert "ehrlichen Preis" für das Deutschlandticket

Bequem und ÖPNV passen nach Auffassung von Wolfgang Wiehle (AfD) eher nicht zusammen. Nicht umsonst gebe es den Scherz über das Bahnfahren: "Da können Sie das Leben in vollen Zügen genießen", sagte er. Für diese vollen Züge sorge die Politik, was wiederum ein übler Scherz auf Kosten der Bürger sei, so Wiehle. Angesichts des "billigen Tickets" fehle den Kommunen Geld, was zu ausgedünnten Fahrplänen und den besagten vollen Zügen führe. "Da läuft etwas grundlegend falsch", befand er. Das Deutschlandticket sei im Grunde eine gute Idee, brauche aber einen ehrlichen Preis, sagte Wiehle.

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Welchen "ehrlichen Preis" die AfD dem Deutschlandticket denn geben würde, sage sie aber nicht, entgegnete ihm Isabel Cademartori (SPD). Die Verstetigung des in Deutschland einheitlich geltenden Ticket sei eine wichtige Wegmarke, befand sie. “Das ist eine erhebliche Verbesserung für alle, die den ÖPNV nutzen und gerne nutzen möchten.”

Jetzt, so Cademartori, werde man sich der Frage widmen, "wie das Deutschlandticket weiterentwickelt werden kann". Große Hoffnung setze sie darauf, dass durch die Sicherstellung der Finanzierung das Thema Jobticket "deutlich Fahrt gewinnt" und mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern dieses Angebot unterbreiten.

Grüne und Linke kritisieren steigende Kosten für die Nutzer

Victoria Broßart (Grüne) hielt Union und SPD deren Koalitionsvertrag vor die Nase. Dort sei von einer schrittweisen und sozialverträglichen Erhöhung des Anteils der Nutzerfinanzierung ab 2029 die Rede. "Wenn Sie den Zuschuss des Bundes bis 2030 fixieren, bedeutet das: Der Preis des Tickets muss jedes Jahr immer weiter steigen", sagte Broßart. Bis 2030 gingen Schätzungen von 74 bis 80 Euro pro Monat aus. Das habe nichts mit sozialverträglich zu tun und sei auch kein Anreiz mehr, auf den ÖPNV umzusteigen: "Das ist eher eine sanfte Sterbehilfe für das Deutschlandticket."

Luigi Pantisano (Linke) stimmte der Kritik der Grünen zu. Die Koalition feiere, dass die Finanzierung des Deutschlandtickets bis 2030 gesichert ist. Was aber bringe das, "wenn das Ticket Jahr für Jahr teurer wird?" Ein bis auf 80 Euro steigender Preis sei für viele Menschen schlichtweg nicht mehr bezahlbar, befand der Linken-Abgeordnete.

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