Nach dem Besuch des Bundeskanzlers in Washington : Ein erster Grundstein ist gelegt
In Berlin herrscht Erleichterung über den harmonischen Antrittsbesuch von Friedrich Merz bei US-Präsident Donald Trump. Doch die Arbeit fängt erst an.
So viel Lob hat Friedrich Merz (CDU) in seiner noch kurzen Kanzlerschaft selten gehört. Merz habe seine Sache gut gemacht, befand die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Europäischen Parlaments, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), nach dessen Antrittsbesuch bei US-Präsident Donald Trump. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bescheinigte dem Kanzler in Washington einen "souveränen Auftritt". Er habe einige für Deutschland und Europa entscheidende Punkte ansprechen können.
Auch der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Metin Hakverdi (SPD), sprach von einem "Erfolg". Dem Kanzler sei es offensichtlich gelungen, "eine gute persönliche Beziehung" zu Trump aufzubauen.
US-Präsident Trump will guten Handelsdeal mit Deutschland finden
Das sah auch Merz selbst so. Gelöst berichtete er den Journalisten am Donnerstag nach den offiziellen Terminen von "offenen und kollegialen" Gesprächen. "Wir verstehen uns auf der persönlichen Ebene gut."

Friedrich Merz (CDU) und US-Präsident Donald Trump haben in Washington offenbar einen Draht zueinander gefunden. Wie stabil er ist, muss sich erst beweisen.
In Anbetracht der schweren Krise, in der sich die transatlantischen Beziehungen seit dem Amtsantritt von Trump im Januar befinden, gilt allein das im politischen Berlin schon als Erfolg. Anders als den Präsidenten aus Südafrika und der Ukraine blieben Merz öffentliche Demütigungen vor laufenden Kameras erspart. Stattdessen traf er auf einen gut gelaunten Präsidenten, der vor der versammelten US-Hauptstadtpresse überwiegend Monologe über die amerikanische Innenpolitik hielt, aber dem deutschen Gast zwischendurch warme Worte schenkte.
Merz sei ein "großartiger Vertreter Deutschlands" und ein "sehr respektierter Mann". Er lobte dessen Englisch und die Bereitschaft der Bundesregierung, mehr Geld für Verteidigung auszugeben. Nur beiläufig nahm er Bezug auf seine harte Zollpolitik gegenüber Deutschland und anderen Staaten und versprach Merz: "Wir werden einen guten Handelsdeal finden." Er, Trump, wolle eine gute Beziehung zwischen beiden Ländern.
Kanzler Merz kommt ohne konkrete Ergebnisse aus Washington nach Hause
Die Erwartung, dass Merz mit konkreten Ergebnissen aus Washington zurückkehrt, sich mit Trump beispielsweise auf eine Lösung des Zollstreits einigt, ihm Zusagen für die weitere Unterstützung der Ukraine abringt oder gar belastbare Sicherheitsgarantien für Europa entlockt, hatte das Umfeld des Kanzlers vor der Reise zu Recht gedämpft. Immerhin konnte Merz seine klare Haltung zur russischen Aggression in der Ukraine unwidersprochen unterbringen. Nachdem Trump den Krieg mit prügelnden Kindern verglichen hatte, die man ein wenig kämpfen lassen müsse, bevor man sie trenne, stellte Merz klar, dass Russland der Angreifer sei - und Trump es in der Hand habe, den Konflikt zu beenden.
Merz hat damit einen für Europa wichtigen Punkt gemacht, doch die größten Hürden im transatlantischen Verhältnis liegen noch vor ihm - Sympathien allein bauen schließlich weder Handelshemmnisse ab noch schaffen sie Frieden.
Opposition übt Kritik an US-Politik der Regierung im Bundestag
Wie das gelingen kann, darüber gibt es im Bundestag allerdings unterschiedliche Vorstellungen, wie in einer von CDU/CSU und SPD anberaumten Aktuellen Stunde am Mittwoch deutlich wurde.
Als einzige Fraktion untermauerte die AfD ihre Sympathien für den US-Präsidenten. Sie sei froh, "dass in Washington ein neues Denken begonnen hat", sagte Markus Frohnmaier. Er erinnerte Merz an seine Aussage nach dem Wahlsieg Trumps, dieser sei "eine ernstzunehmende, große Gefahr für die Demokratie". Frohnmaier bezichtigte Merz der Lüge, wenn er sich nun in Washington als "Vordenker der deutsch-amerikanischen Freundschaft" geriere.
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung Unterwürfigkeit gegenüber den USA vor. Die Trump-Administration breche Regeln und missachte unabhängige Gerichte, bestrafe Widerspruch aus den freien Medien, den freien Universitäten und von politisch Andersdenkenden. "Es liegt an uns, gerade jetzt unsere vielen Partnerinnen und Partner in den USA nicht im Stich zu lassen." Ähnlich äußert sich die Grünen-Abgeordnete Sara Nanni im Interview mit dieser Zeitung.
Norbert Röttgen sprach von einer "Disruption" in den USA, sieht die Aufgabe deutscher Amerikapolitik aber darin, "eine Balance, eine Übereinstimmung zwischen deutschen und amerikanischen Interessen zu finden". Deutschland und Europa müssten damit umgehen, dass es unter Trump eine neue Definition amerikanischer Interessen mit Blick auf Sicherheit und Frieden gebe.
Gute Beziehungen zu den USA sind laut SPD wichtig, um aktuelle Krisen zu lösen
Ralf Stegner (SPD) nannte die Situation eine "Rosskur" für Europa und die amerikanische Demokratie. Dennoch seien gute Beziehungen zu den USA wichtig für Deutschland, um die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten zu beenden und den Handelsstreit zu lösen.
Der Linken-Abgeordnete Sören Pellmann forderte die Bundesregierung auf, Trump zu einem "Kurswechsel" zu bewegen. Statt dessen Forderungen nach einer drastischen Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf bis zu fünf Prozent zu unterstützen, solle sie sich bei ihm für Abrüstung, Rüstungskontrolle und das Bekenntnis zum Völkerrecht starkmachen.
Trump hat die Gegeneinladung des Bundeskanzlers nach Deutschland angenommen. Doch schon in den nächsten Wochen werden die Staatsmänner sich auf den Gipfeln von G7 und Nato in Kanada und Den Haag wiedertreffen. Eine erste Belastungsprobe für den feinen Draht, den Merz und Trump zwischen sich gespannt haben.
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