Kranken- und Pflegeversicherung : Sparziele sollen Beiträge stabil halten
Die Regierung verspricht stabile Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung 2026. Defizite sollen ausgeglichen werden, doch Finanzierungsfragen bleiben.
Wenige Wochen vor dem Jahreswechsel kommt Bewegung in die Diskussion um die dringlich erwarteten Reformvorschläge für die Gesetzliche Kranken- und Soziale Pflegeversicherung (GKV/SPV). An Ideen aus Fachkreisen hat es nie gemangelt, nun aber skizziert Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) erstmals selbst einen Weg, um die Finanzen zumindest kurzfristig zu stabilisieren.
Warken verspricht, dass Beitragssatzerhöhungen in der Kranken- und Pflegeversicherung 2026 nicht zu erwarten sind und kündigt für die GKV ein "kleines Sparpaket" an. Die Kassen legen den Beitrag aber letztlich selbst fest und sind weniger optimistisch.

Die finanzielle Stabilisierung der Kranken- und Pflegeversicherung gehört zu den zentralen Aufgaben der schwarz-roten Koalition.
Im Gesundheitsausschuss hatte die Ministerin den Abgeordneten unlängst erläutert, dass 2026 Defizite von jeweils zwei Milliarden Euro in beiden Versicherungen ausgeglichen werden müssen. Kritiker sehen darin schon den Versuch, die Probleme kleinzurechnen. Warken erläuterte nun, wie sie die Einsparungen in der GKV erreichen will. An drei Stellen soll angesetzt werden: bei Krankenhäusern, dem Innovationsfonds und den Krankenkassen.
Krankenhäuser sollen weniger Geld bekommen
Mit erhofften Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro entfällt der größte Batzen auf die Kliniken. So soll die "Meistbegünstigungsklausel" ausgesetzt werden. Krankenhäuser haben bisher davon profitiert, dass in einer erwarteten Bandbreite von Kosten der höhere Wert angenommen und vergütet wurde, nun sollen die realen Kosten maßgebend sein.
Beim Innovationsfonds, der mit Mitteln der GKV die Erprobung innovativer, sektorenübergreifender Versorgungsformen fördert, sollen 100 Millionen Euro durch die Halbierung der Zuwendungen eingespart werden. Ebenfalls 100 Millionen Euro sollen die Krankenkassen bei ihren Verwaltungskosten einsparen.
„Wir werden einiges in der Pflege auf den Prüfstand stellen müssen.“
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) reagierte aufgebracht und warf der Bundesregierung "Wortbruch" vor. Der AOK-Bundesverband forderte eine Sparrunde auch im Arzneimittelbereich. Zudem könnten Apotheker und Ärzte einen Sparbeitrag leisten. Die GKV-Kommission, die sich mit der langfristigen Finanzierung der Krankenversicherungen befasst, soll Ende März 2026 erste Eckpunkte präsentieren.
Der Pflegegrad 1 soll stärker an der Prävention orientiert werden
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform hat in dieser Woche bereits einen Zwischenbericht vorgelegt. Demnach soll die Unterscheidung nach Pflegegraden beibehalten werden. Beim Pflegegrad 1, über dessen Streichung diskutiert wurde, sollen Leistungen stärker auf die Prävention orientiert werden. Bei den Krankenkassen stößt der Präventionsgedanke auf Zustimmung. Mit der Stärkung der Prävention werde "endlich ein längst überfälliges Signal gesetzt, systemische Anreize zu schaffen" erklärte der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK).
Wie die Bundesregierung einen neuerlichen Beitragsanstieg in der Pflegeversicherung konkret verhindern will, ließ Warken allerdings noch offen. Die Pflege-Arbeitsgruppe will ihren Abschlussbericht im Dezember vorlegen. Was davon letztlich umgesetzt wird, ist aber völlig offen.
Schwarz-Rot versichert, von Leistungskürzungen sei keine Rede
Die Linksfraktion legte sicherheitshalber einen Antrag vor mit der Forderung, auf Leistungskürzungen in der Pflege zu verzichten. Die Opposition mutmaßt, dass hinter bestimmten Formulierungen der Kürzungsgedanke lauert.
In der Debatte über den Antrag am Mittwoch versicherten Vertreter von Union und SPD, dass von Leistungskürzungen keine Rede sein könne. Simone Borchardt (CDU) warf der Linken vor, "Angstmache" zu betreiben und fügte hinzu: "Es wird keine Leistungskürzungen in der Pflege geben." Allerdings würden neue Ansätze gebraucht und "richtige Reformen". Es reiche nicht, an ein paar Stellschrauben zu drehen. Borchardt betonte: "Wir werden einiges in der Pflege auf den Prüfstand stellen müssen", denn es gebe "einige Verwerfungen". Auch Claudia Moll (SPD) versicherte, es gehe in der Kommission nicht um geheime Kürzungspläne, sondern darum, Eigenanteile zu begrenzen, Leistungen zu dynamisieren und die Pflege finanziell stabil und generationengerecht zu sichern. Es sei "unredlich, jetzt mit unbegründeten Wasserstandsmeldungen die Bevölkerung zu verunsichern".
Die Opposition befürchtet eine Sparrunde auch in der Pflege
Die Opposition sieht das anders und befürchtet Sparrunden nicht nur in der GKV, sondern auch in der Pflege. Evelyn Schötz (Linke) kritisierte, die Pflege-Kommission wolle die Erhöhung der Schwellenwerte für Pflegegrade prüfen. Dabei gehe es simpel darum, Geld zu sparen. “Wir reduzieren einfach die Zahl der Pflegebedürftigen, indem wir ihre Zahl kleinrechnen.”
„Das System droht in eine gefährliche Schieflage zu geraten, denn die Pflegeversicherung ist strukturell unterfinanziert.“
Claudia Weiss (AfD) befand: "Was einst ein Versprechen von Fürsorge und Sicherheit war, ist heute zum Symbol staatlicher Überforderung und politischer Gleichgültigkeit geworden." Leistungen auf Prävention zu konzentrieren, sei in Wahrheit der Versuch, Einsparungen zu kaschieren. Pflege brauche keine Kürzungen, sondern ein stabiles Fundament.
Die Grünen vermissen ein Konzept. Simone Fischer (Grüne) sagte, die soziale Pflegeversicherung stehe massiv unter Druck, die Mittel reichten nicht mehr aus. Sie warnte: "Das System droht in eine gefährliche Schieflage zu geraten, denn die Pflegeversicherung ist strukturell unterfinanziert." 2024 habe das Defizit bereits bei 1,5 Milliarden Euro gelegen, für 2026 würden rund 4,5 Milliarden Euro Defizit erwartet.
Die Koalition reagiere darauf nicht mit der nötigen Klarheit und Konsequenz. Die Frage sei, ob die Bundesregierung weiter über Leistungskürzungen in der Pflege sprechen wolle. Bislang sei die Kommunikation widersprüchlich.
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