Tech-Giganten sollen zahlen : Grüne und Linke drängen Weimer
Der Bundestag debattiert über Anträge zur Einführung einer Digitalsteuer oder Digitalabgabe für Tech-Giganten. Kulturstaatsminister Weimer fordert sie seit Monaten.
Wolfram Weimer hatte im Mai dieses Jahres gerade erst seine Amtsräume im Bundeskanzleramt als neuer Kulturstaatsminister bezogen, da macht er schon mit einem ersten Vorstoß für einen "Plattform-Soli" von sich reden: Internet-Giganten wie Alphabet und Meta sollten in Deutschland ähnlich wie in Österreich eine Digitalabgabe auf Werbeeinnahmen zahlen müssen.
Doch während Österreich eine Digitalsteuer von fünf Prozent auf die Werbeeinnahmen erhebt, hält Weimer einen Abgabesatz von zehn Prozent für "moderat und legitim". Zur Begründung verwies Weimer auf die monopolähnlichen Strukturen von Online-Plattformen wie Google, Facebook, oder Instagram. Sie schränkten den Wettbewerb ein und konzentrierten Medienmacht, zahlten aber trotz Milliardenumsätzen kaum Steuern.
Online-Konzerne machen zwar Millionengewinne, zahlen bislang aber kaum Steuern in Deutschland. Grüne und Linke fordern daher eine Digitalabgabe beziehungsweise -steuer.
Erstaunlich war Weimers Vorstoß jedoch weniger wegen seines Inhaltes - über die Erhebung einer Digitalsteuer oder Abgabe wird seit etlichen Jahren diskutiert -, sondern wegen seines Zeitpunktes.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD lediglich darauf verständigt, die "Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen", zu prüfen. Doch Weimer will offenbar schnell Nägel mit Köpfen machen und kündigte wiederholt an, entsprechende Vorschläge im Herbst dieses Jahres im Bundeskabinett einzubringen.
Bedenken bei Wirtschaftsministerin Reiche und Unionsfraktionschef Spahn
Doch die Pläne des parteilosen Kulturstaatsministers stoßen auf Bedenken. Während CDU-geführte Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein Unterstützung für eine Digitalabgabe ankündigten, zeigen sich Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und der Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn, skeptisch bis ablehnend.
"Wir sollten nicht über mehr, sondern über weniger Handelshemmnisse sprechen", verkündete Reiche im Sommer. Gleichzeitig müssten die Wettbewerbsbedingungen für deutsche und europäische Digitalunternehmen verbessert werden.
„Wollen Sie etwa amerikanische Verhältnisse hier bei uns? Das kann doch nicht das Ziel sein.“
Mehrfach hatte US-Präsident Donald Trump gedroht, Länder mit Strafzöllen zu belegen, wenn sie eine Digitalsteuer einführen sollten. Kein Wunder: Es wären vor allem amerikanische Tech-Giganten von einer solchen Steuer betroffen.
Nun erhöhten die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke den innenpolitischen Druck auf die Regierungskoalition und legten zwei Anträge vor, über die der Bundestag am Mittwoch erstmals debattierte. Während die Grünen sich in ihrem Antrag weitgehend an den Vorstellungen Weimers orientieren und eine Abgabe auf die Werbeumsätze von Onlineplattformen und Suchmaschinen fordern, spricht sich die Linksfraktion für eine Digitalsteuer von mindestens zehn Prozent für alle Unternehmen mit globalem Jahresumsatz von mindestens 250 Millionen Euro aus.
Grüne: Koalition lässt Weimer mit seinen Plänen "im Regen stehen"
Die Grünen-Abgeordnete Anna Lührmann warf der Koalition vor, sie lasse Kulturstaatsminister Weimer mit seinen Plänen "im Regen stehen", um US-Präsident Trump nicht zu verärgern. Selbst Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) habe bei der USA-Reise verkündet, es werde keine Digitalsteuer geben. "Sie sehen doch in den USA, was passiert, wenn die Tech-Konzerne zu viel Macht bekommen", sagte Lührmann. "Wollen Sie etwa amerikanische Verhältnisse hier bei uns? Das kann doch nicht das Ziel sein. Andere Länder zeigen da deutlich mehr Mut und Rückgrat - Frankreich, Österreich."
Doris Achelwilm (Linke) argumentierte, es gebe kaum eine andere Branche, die auf legalem Wege weniger Steuern zahle in Deutschland. Nach Schätzungen des Netzwerkes Steuergerechtigkeit zahlten Milliardenkonzerne wie Google, Apple, Microsoft und Meta gerade mal 3,4 Prozent Steuern auf die in Deutschland erwirtschafteten Gewinne. "Das ist grotesk", befand Achelwilm.
Der SPD-Abgeordnete Martin Rabanus hielt Lührmann entgegen, es sei kein Widerspruch, wenn sich Finanzminister Klingbeil gegen eine Digitalsteuer ausspreche. Im Koalitionsvertrag sei von einer zweckgebundenen Digitalabgabe die Rede, deren Erträge dem Mediensystem insgesamt zu Gute kommen soll. Allerdings, so mahnte Rabanus, müsse dies sorgfältig vorbereitet werden, da das Bundesverfassungsgericht den Rahmen für solche Sonderabgaben "relativ eng gesteckt" habe.
Eine "plumpe Steuerlösung", so argumentierte Lukas Krieger (CDU), würde die Einnahmen im allgemeinen Haushalt versickern lassen. "Eine zweckgebundene Abgabe hingegen kann transparent ausgestaltet werden und sorgt dafür, dass die Mittel dort ankommen, wo sie gebraucht werden: bei Medien, Kultur und Kreativen." Dafür werde Kulturstaatsminister Weimer ein "solides, tragfähiges Konzept" vorlegen.
AfD stellt sich gegen eine Digitalsteuer oder Abgabe
Eine klare Absage an die Forderungen der Grünen und Linken kam dagegen von der AfD-Fraktion. Iris Nieland (AfD) sagte, die Anträge atmeten "den Geist linker Ideologie von Dirigismus und Unfreiheit". Der deutsche Wirtschaftsstandort müsse gestärkt werden und benötige ein "einfaches und verständliches Steuersystem, das sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientiert".
Es sei nicht die Schuld der Tech-Konzerne, wenn die etablierten Medien an Reichweite und Auflage verlieren. “Die Bürger finden diese Produkte unattraktiv. Der mündige Bürger kauft dort ein, wo er einen Nutzen hat. Das ist Markt, das ist Wettbewerb.”