Kurz rezensiert : Umetikettierung rechtspopulistischer Parteien
Der Historiker Peter Hoeres beklagt einen "Kampf gegen Rechts", der die bürgerliche Freiheit gefährde. Doch in seinem Buch zündet er etliche Nebelkerzen.
Laut AfD-Chefin Alice Weidel waren die Nazis Sozialisten und Adolf Hitler ein Kommunist. Dies verlautbarte sie in einem Gespräch mit US-Milliardär Elon Musk im Januar 2025. Unerwähnt ließ Weidel, dass die Nazis Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemokraten systematisch verfolgten und ermordeten. Um die rechtsextreme Ideologie zu verharmlosen, ist es bei den ihr zugeneigten Politikern und Publizisten schön länger opportun, sie als links zu verorten.
Nebelkerzen zündet auch Peter Hoeres in seinem Buch "Links und Rechts": Er verwischt die Ähnlichkeiten zwischen rechtsextremistischen Parteien und der NSDAP: "Während jene einen defensiven Nationalismus gegen die arabisch-islamische Migration ins Feld führen", hätten die Nazis einen "eliminatorischen Antisemitismus, eine Zusammenarbeit mit islamischen Befreiungsbewegungen und einen offensiven Imperialismus" verfochten.
Hoeres operiert systematisch mit Halbwahrheiten und Verallgemeinerungen
Damit relativiert der in Würzburg lehrende Historiker die ausländerfeindliche, rassistische Politik heutiger rechtsextremistischer Parteien. Er meint, die neuen Rechtsparteien in Europa setzten auf klassische "Law and Order"-Politik, hätten "starke Führungsfiguren", seien aber keine "Führerparteien". Erst spät in seinem Buch erwähnt er die AfD. Deren Unterstützung für Wladimir Putins autoritäres Regime in Russland und seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine verschweigt er allerdings.
Peter Hoeres:
Rechts und links.
Zur Karriere einer folgenreichen Unterscheidung in Geschichte und Gegenwart.
Zu Klampen,
Springe 2025;
216 S., 24,00 €
Ausländerfeindliche und rechtsextreme Straf- und Gewalttaten will Hoeres zwar nicht bagatellisieren, aber er operiert systematisch mit Halbwahrheiten und Verallgemeinerungen. Politische Gewalt in Medien und Gesellschaft, so Hoeres, werde je nach Herkunft der Täter unterschiedlich bewertet. "So heißt es nach islamischen Terrorakten und Messerangriffen von Asylbewerbern umgehend, diese dürfen nicht instrumentalisiert werden." Antisemitische Gewalt- und Straftaten würden "rechts" zugeordnet, auch wenn arabische Täter oder Islamisten involviert seien. Weiter klagt Hoeres, in Deutschland gebe es zu wenige Informationen über migrantische Gewalt. An diese Themen traue sich niemand heran, "wegen der Gefahr, als rechts zu gelten".
Der Historiker behauptet weiter, in Deutschland werde ein "Kampf gegen Rechts" geführt, der letztendlich die bürgerliche Freiheit gefährde. Das akzeptierte politische Spektrum reiche hierzulande nur von "Linksaußen bis zur Mitte". Den neuen Rechten empfiehlt er deshalb, sich "rechtsbürgerlich" zu nennen. Das liest sich wie der Versuch einer Umetikettierung der AfD.
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