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Kurz rezensiert : Wider der deutschen Untergangsstimmung

Der Historiker Frank Trentmann stellt die "blockierte Republik" auf den Prüfstand und mahnt die Deutschen zu mehr Optimismus beim Umgang mit den aktuellen Krisen.

13.10.2025
True 2025-10-13T13:54:01.7200Z
2 Min

Es gibt sie noch: Bücher, die Optimismus verbreiten, die helfen, das Hier und Jetzt besser zu verstehen und neue Herausforderungen mit Zuversicht anzunehmen. Frank Trentmanns Buch "Die blockierte Republik" gelingt dies in herausragender Weise. 

Trentmann zeigt die Bedeutung der Geschichte für die Gegenwart auf und betont: "Wir sind nicht zum passiven Zuschauen verdammt." Der an den Universitäten von London und Helsinki lehrende Historiker geht der Frage nach, warum sich Deutschland mit den aktuellen Krisen so schwer tut und welche Erkenntnisse aus der Vergangenheit helfen können, sie zu beurteilen und zu lösen.

Lange Liste an Polykrisen

Deutschland sieht sich einem Komplex scheinbar "übermächtiger" Krisen gegenüber. Die Polykrisen-Hitliste wird angeführt von Migration, den Folgen der demografischen Entwicklung für Renten und Pflege, Russlands Krieg gegen die Ukraine, steigenden Energiekosten sowie massiven Investitionsbedarfen in Infrastruktur, Klimaschutz und Sicherheit. Zur gesellschaftlichen Entfremdung tragen 35 Jahre nach der Einheit die Frustrationen in Ostdeutschland bei, die Rechtspopulisten in Gestalt einer neuen "Volkspartei" geschickt für ihre Zwecke zu nutzen wissen. Dabei geht es den Menschen in Ostdeutschland deutlich besser als vielen Bürgern in den meisten EU-Ländern. Dies kann Trentmann gut nachweisen.


Frank Trentmann:
Die blockierte Republik.
Deutschland zwischen Vergangenheit und Zukunft.
S. Fischer,
Frankfurt/M. 2025;
288 Seiten, 24,00 €


Ohne parteipolitische Rücksichtnahmen stellt er die "blockierte Republik" auf den Prüfstand und stemmt sich mit sachlich fundierten Argumenten gegen die verbreitete Untergangsstimmung. Er ordnet die aktuelle Lage aus historischer Perspektive ein und kritisiert den "verzerrten Blick auf die Vergangenheit", die Idealisierung des "Wirtschaftswunders" und eine "Ostalgie", die die Unfreiheit und Armut in der ehemaligen DDR völlig ausblende.

Trentmann warnt vor dem “Tunnelblick” auf das Jahr 1933

Zudem thematisiert der Historiker das "deutsche Mantra" des "Nie wieder", also die zentrale Rolle der "Hitlerjahre als dem historischen Bezugspunkt der deutschen Geschichte". Trentmann stellt den Holocaust und den Vernichtungskrieg im Osten als singuläre Verbrechen nicht in Abrede. Sie verdienten einen besonderen Platz in der Erinnerung. Gleichwohl stehe Deutschland heute "weder politisch noch wirtschaftlich, weder geistig noch international" an einem Wendepunkt wie kurz vor 1933. "Allein auf dieses Jahr zu schauen, kann zu einem Tunnelblick führen."

Trentmanns Buch ist perfekt recherchiert, ausführlich dokumentiert und dazu sehr gut lesbar - wie es im angelsächsischen Raum üblich ist.

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