Große Trauer um eine geachtete Mahnerin : Bundestagspräsidentin würdigt Friedländer als „großherzige Zeitzeugin“
Der Bundestag gedenkt am Mittwoch der verstorbenen Holocaust-Überlebenden und Zeitzeugin Margot Friedländer. Im Parlament liegt ein Kondolenzbuch für sie aus.

„In tiefer Trauer verneige ich mich vor einer großherzigen Zeitzeugin, die mit ihrer Offenheit und Zugewandtheit berührte und beeindruckte", so Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU).
Im Bundestag liegt ein Kondolenzbuch für die am Freitag im Alter von 103 Jahren verstorbene Holocaust-Überlebende und Zeitzeugin Margot Friedländer aus. Die Entscheidung, für sie ein Kondolenzbuch auszulegen, obwohl Friedländer nicht Teil des Parlaments war, begründete Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) mit der außergewöhnlichen Lebensleistung der Verstorbenen. Klöckner selbst trug sich am Montagmittag in das Buch ein.
Friedländer, die sich mit großem Engagement als Zeitzeugin gegen das Vergessen der nationalsozialistischen Verbrechen einsetzte, habe ihre Erinnerungen als einen Auftrag für die Zukunft verstanden, betonte Bundestagspräsidentin Klöckner. Mit dem Kondolenzbuch drücke der Bundestag seinen Respekt und seine Dankbarkeit gegenüber der gebürtigen Berlinerin aus, die oft auf der Tribüne im Bundestagsplenum Platz genommen hat. Außerdem gedenkt das Parlament am Mittwochmittag im Plenum der hochgeachteten Mahnerin.
Friedländer gab ihre Erinnerungen unermüdlich weiter
In der schlichten aber eindringlichen Botschaft “Seid Menschen!” verdichte sich Friedländers Lebensweisheit, die sie im Angesicht von Unmenschlichkeit gewonnen habe, so Klöckner weiter. Friedländer war als Jüdin in der NS-Zeit ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt worden. Sie überlebte das Konzentrationslager und wurde erst am letzten Kriegstag, dem 8. Mai 1945, befreit. Ihr Bruder und ihre Mutter wurden in Auschwitz ermordet. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte sie in die USA, kehrte aber im Jahr 2010 im Alter von 88 Jahren in ihre Heimat zurück. Bei zahlreichen Veranstaltungen, etwa an Schulen, Universitäten und bei öffentlichen Anlässen, berichtete sie als Zeitzeugin über ihre Erlebnisse und Erinnerungen.
Ausgerechnet am Freitag hätte Friedländer in Berlin, deren Ehrenbürgerin sie seit 2018 war, das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten sollen. Dazu kam es nicht mehr.
Mehr zum Thema lesen

Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland über Fehlentwicklungen in der Bildungsarbeit und den dauerhaften Kampf gegen Antisemitismus.

Geschichte und partizipatives Lernen zusammen denken – mit Empathie und Kreativität: Lehrerin Anette Heintzen über kluge Pädagogik, die Historie lebendig macht.

Mit 103 Jahren ist Margot Friedländer Anfang Mai gestorben. Bei einer Trauerfeier nahmen Vertreter aus Politik und Gesellschaft Abschied.