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Digital- und Verkehrspolitik der Ampel : Alte Baustellen in neuem Gewand

Minister Volker Wissing (FDP) will Deutschland zum Vorreiter in Sachen Gigabit-Internet und Elektromobilität machen. Doch nicht alle sind von seinem Kurs überzeugt.

17.01.2022
2023-10-02T11:31:18.7200Z
3 Min

"Aus BMVI ist BMDV geworden." So begann einer der ersten Tweets des neuen Ministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Mit dieser ersten Amtshandlung sorgte Minister Volker Wissing (FDP) dafür, dass nach zwölf Jahren in fester CSU-Hand, das "Digitale" nicht nur im Koalitionsvertrag, sondern auch im Ministeriumsnamen nach vorn rückte. Sein Ressort soll zur wichtigsten Adresse für das Digitale werden nachdem sich die Hoffnungen der Liberalen auf ein eigenes Digitalministerium nicht erfüllt hatten. Wissing erbt damit die Zuständigkeiten der ehemaligen Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär (CSU), und damit auch die Probleme, die das Querschnittsthema Digitalisierung bei der Umsetzung mit sich bringt: Im Koalitionsvertrag der Ampel findet sich das Wort "digital" 226 Mal in den unterschiedlichsten Kapiteln wieder.

Wie die Umsetzung der Infrastrukturausbau-Vorhaben organisiert und zwischen den 15 Ministerien und dem Kanzleramt koordiniert wird, blieb auch in der Debatte zur Digital- und Verkehrspolitik vergangene Woche im Bundestag eine offene Frage. Die Themen sind die bekannten: Holpriges Internet und Mobilfunklöcher seien "nicht akzeptabel" für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es brauche ein leistungsfähiges Internet und verlässlichen Mobilfunk überall dort, wo Menschen leben und arbeiten, sagte Minister Wissing und kündigte eine umfassende Gigabit-Strategie und ein bundeseinheitliches Gigabit-Grundbuch sowie "schlanke digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren" an.

Im Verkehrssektor liege der Schwerpunkt auf einer klimaneutralen Mobilität. "Nachhaltige Mobilität muss einfach, bequem und bezahlbar sein", sagte Wissing. Das bedeute, jedem und jeder ein entsprechendes Angebot zu machen. Er kündigte mehr Tempo beim Ausbau der Elektromobilität und Infrastruktur an, um das Ziel, mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030, zu erreichen. Dies sei ein wichtiger Baustein für das Einhalten der Klimaschutzziele, das gelte aber ebenso für strombasierte Kraftstoffe, etwa im Flug- und Schiffsverkehr.

Union spricht von Wortbruch

Kritik an diesem Kurs und der Rolle synthetischer Kraftstoffe bei Autos kam vom verkehrspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß (CDU). Wissing vollziehe einen Kurswechsel indem er sich von den alternativen Kraftstoffen verabschiedete, dies sei "ein Wortbruch", sagte Bareiß. Von der Technologieoffenheit sei nicht mehr viel übrig. Das schade dem Automobilstandort Deutschland. Die Beschäftigten bräuchten einen Minister, auf den sie sich verlassen könnten.

Weil das Ministerium als zentral für die Klimawende gilt, wird Wissing auch von den Grünen kritisch beäugt, die das Ressort gern selbst besetzt hätten. Die ersten Unstimmigkeiten hatten sich Anfang Januar gezeigt, als Wissing einen möglichen Ausgleich höherer Energiesteuern auf Dieselkraftstoffe durch geringere Kfz-Steuern ins Gespräch gebracht hatte. Grünen-Politikerin Julia Verlinden betonte, das Ziel sei eine bessere Mobilität, die nicht automatisch zu mehr Verkehr führe. Dabei gehe es auch um passende Angebote für alle, "auch für diejenigen, die keinen Führerschein haben oder im Rollstuhl sitzen." Wichtig sei zudem ein Augenmerk auf dem Erhalt und der Sanierung von Brücken und Tunneln.

Mehr Tempo bei Umsetzung von investitionen gefordert

Unterstützung für die Pläne des Ministers kam von Detlef Müller (SPD): Verkehr, Digitalisierung und Energie seien die zentralen Bereiche, die Klimaschutz und gesellschaftlichen Fortschritt prägten. "Wir müssen schneller werden", betonte Müller, etwa was die Umsetzung von Investitionen angehe. Auch die Digitalisierung der Bahn, des ÖPNV und der Verwaltung müssten schneller vorangebracht werden: "Wir wollen, dass die Digitalisierung der Verwaltung ein Niveau erreicht, für das man sich international nicht mehr schämen muss", sagte der Sozialdemokrat.

Die Ampel habe sich "viele wohlklingende Sätze" vorgenommen, die man bereits aus der Digitalpolitik der vergangenen Legislatur kenne, sagte Digitalpolitikerin Joana Cotar (AfD). Sie kritisierte insbesondere die FDP für ihre Haltung zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nach der Regierungsübernahme. Es sei "alles beim alten bei der neuen Ampel", so Cotar.

Thomas Lutze (Linksfraktion) attestierte Wissing, dass er es nicht schlechter als sein Vorgänger, Andreas Scheuer (CSU) machen könne: "Nutzen Sie Ihre Chance und gehen Sie das Projekt Verkehrswende richtig an", forderte er. Dazu gehöre für ihn eine Aufhebung der Mehrwertsteuer bei Bahn- und ÖPNV-Tickets. Davon würden Millionen von Fahrgästen profitieren, sagte Lutze. Im Digitalbereich komme es vor allem auf die Umsetzung der Strategie an, betonte Fraktionskollegin Anke Domscheit-Berg. Diese müsse mit der Nachhaltigkeitsstrategie verknüpft sein und "sinnvolle und messbare Ziele" enthalten.