Weniger Mittel für Entwicklungs-Zusammenarbeit : Am Ende sind alle Fraktionen unzufrieden
Der Etat des Entwicklungsministeriums schrumpft 2025 um fast eine Milliarde Euro. Die meisten Fraktionen bedauern das, für die AfD wird noch viel zu wenig gekürzt.
Das Haus von Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) soll sparen. Um knapp eine Milliarde Euro auf 10,31 Milliarden Euro schrumpft der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in diesem Jahr, so hat es der Bundestag am Mittwoch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Alle Oppositionsfraktionen stimmten gegen die vom Haushaltsausschuss geringfügig geänderte Fassung des Regierungsentwurfs. In der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses wurden allerdings über mehrere Jahre geplante Ausgaben ("Verpflichtungsermächtigungen") weiter um knapp 1,3 Milliarden gekürzt.

Die deutschen Beiträge zur Globalen Initiative zur Ausrottung von Polio (hier eine Impfaktion in Nepal) sinken 2025 um fast die Hälfte.
Für Ressortchefin Alabali Radovan kein zufriedenstellendes Ergebnis, wie sie in der Debatte einräumte. Deutschland investiere weit weniger als dringend gebraucht werde, sagte sie. Klar sei aber auch: "Die deutsche Entwicklungspolitik bleibt handlungsfähig." Von amerikanischen Verhältnissen sei man weit entfernt, sagte sie mit Blick auf die Entscheidung der USA unter Präsident Donald Trump, sämtliche Programme zu streichen oder drastisch zu reduzieren. Bisher waren die USA größter Geber in der Entwicklungszusammenarbeit.
Ministerin betont Bedeutung für Sicherheit und Frieden
Tatsächlich bleibt der BMZ-Etat mit geplanten Investitionen in Höhe von 6,57 Milliarden Euro der zweitgrößte Investitionshaushalt des Bundes. Ein Großteil davon (4,84 Milliarden Euro) fließt in die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit, also die direkte Kooperation mit den Partnerländern. Darunter fällt die Vergabe von günstigen Krediten, Beratungsleistungen oder die Förderung von Entwicklungsprojekten nichtstaatlicher Akteure wie Kirchen, politischen Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen. 722,47 Millionen Euro sind für Krisenbewältigung und Wiederaufbau eingeplant.
Entwicklungspolitik sei Präventionsarbeit, Zukunftsarbeit und Friedenspolitik zugleich, betonte Alabali Radovan. “Jeder Euro, der weltweit klug investiert wird, fördert Sicherheit und Frieden, auch für uns in Europa und in Deutschland.”
„Afrika braucht Unternehmer. Die Entwicklungshilfe braucht Unternehmer.“
Das sieht die AfD-Fraktion anders. Sie hatte vorgeschlagen, den Einzelplan um 7,8 Milliarden Euro zu kürzen und die verbleibenden 2,5 Milliarden "sinnvoll" aufzuteilen, erklärte Rocco Kever. So sollten 1,5 Milliarden Euro an das Wirtschaftsministerium fließen, um deutsche Interessen im Ausland "ohne rot-schwarzen Ideologiewahnsinn" zu fördern.
Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die Mittelkürzungen demgegenüber scharf und nannte die Prioritätensetzung im Bundeshaushalt "verantwortungslos". Entwicklungszusammenarbeit sei auch positiv für die deutsche Wirtschaft, betonte sie mit Verweis auf eine Studie der Universität Göttingen, wonach durch sie in den vergangen zehn Jahren 140.000 Arbeitsplätze gesichert worden seien.
Sascha Wagner (Die Linke) sprach von einem "Kahlschlag". Die Kürzungen seien nicht nur kurzsichtig, sondern auch ein Bruch mit dem Anspruch globaler Solidarität, befand er und kritisierte insbesondere die Streichungen beim Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Seine Programme stärkten Gesundheitssysteme und sicherten Mütter- und Kindergesundheit.
“Die ärmsten Länder können nach wie vor auf uns zählen”
Nach Ansicht von Inge Gräßle (CDU) könne man nicht davon ausgehen, dass Deutschland auch bei einem Etat von zehn, elf oder zwölf Milliarden Euro der "Gamechanger" von einer schlechten zu einer guten Welt sein könne. Statt Panik zu verbreiten, gelte es zu zeigen, "dass wir auch mit zehn Milliarden Euro in Sachen Effizienz und in Sachen Entideologisierung der Entwicklungshilfe gute Ergebnisse erzielen können". Auch "die ärmsten Länder können nach wie vor auf uns zählen", zeigte sie sich sicher. Gräßle sprach zugleich von einem Umbau zu mehr Kooperation mit der Wirtschaft. "Afrika braucht Unternehmer. Die Entwicklungshilfe braucht Unternehmer", sagte sie.
Felix Döring (SPD) machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. Angesichts der zunehmenden Krisen weltweit sei es "sehr schmerzhaft, dass der Etat so absinkt". Allerdings wurden aus seiner Sicht im Haushaltsverfahren auch Verbesserungen erreicht. So habe man den Zuschuss zum Welternährungsprogramm um 22 Millionen Euro erhöht. Zehn Millionen Euro mehr gebe es jeweils für das Programm zur Bekämpfung von Polio sowie für die Finanzierung privater Träger. Davon profitierten unter anderem die Welthungerhilfe, der Verein Apotheker ohne Grenzen und die Johanniter.

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