Piwik Webtracking Image

Foto: picture alliance/dpa
Bundespolizei am Münchener Hauptbahnhof: Um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im öffentlichen Raum wird aktuell hart unter dem Stichwort "Stadtbild" diskutiert.

Migrationspolitik und innere Sicherheit : Der "Stadtbild"-Streit erreicht das Parlament

Die "Stadtbild"-Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz sorgt im Bundestag für eine Kontroverse über Migrationspolitik und innere Sicherheit.

06.11.2025
True 2025-11-06T20:09:01.3600Z
2 Min

Die umstrittene "Stadtbild"-Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat am Donnerstag im Bundestag zu einer heftigen Kontroverse über die Migrationspolitik und die innere Sicherheit geführt. In einer von der AfD beantragten Aktuellen Stunde sagte ihr Abgeordneter Bernd Baumann, Merz beklage die desolate innere Sicherheit und verspreche, "das deutsche Stadtbild zu verändern". Aus diesen Ankündigungen werde aber "gar nichts". In Deutschland lebten 1,3 Millionen Syrer und Afghanen als Bürgerkriegsflüchtlinge sowie 300.000 abgelehnte Asylbewerber. Sie müssten "alle zurück", was die AfD seit Jahren fordere. Die Union indes übernehme nur AfD-Forderungen, mache aber das Gegenteil.

CDU: 63 Prozent haben Merz verstanden und stimmen ihm zu

Alexander Throm (CDU) entgegnete, die Koalition habe eine "klar festgelegte Agenda in der Flüchtlingspolitik". Als erstes reduziere sie den Zugang zur illegalen Migration, was mit 50 bis 60 Prozent weniger Erstasylanträgen als 2024 bereits "zum Großteil geschafft" sei: Dies schaffe Ressourcen, "um die Migrationslage im Innern zu ordnen" und für mehr Sicherheit zu sorgen. Dabei müssten Migranten ohne Bleibeperspektive schnell das Land verlassen. Das "Ordnen in Deutschland selbst" sei indes beim Bürger vor Ort noch nicht so spürbar. Es sei "quasi das Sinnbild, zu sagen, dass es sich im Stadtbild noch nicht bemerkbar macht". 63 Prozent der Menschen hätten Merz verstanden und stimmten ihm zu.


„Deutschland ist vielfältig, und das ist kein Zeichen des Niedergangs, sondern ein Zeichen von Lebendigkeit. “
Sebastian Fiedler (SPD)

Omid Nouripour (Grüne) konstatierte, dass es natürlich Migrationsprobleme im Land gebe und es stimme, wenn Merz sage, dass diejenigen Probleme machten, die sich nicht an Regeln halten. Das Problem an seiner "Stadtbild"-Äußerung sei aber die "Reduzierung von Leuten auf ihr Aussehen". Um die innere Sicherheit zu stärken, müsse dafür gesorgt werden, dass die Polizei ihre mehr als 20 Millionen Überstunden abbauen und genug Personal da ist, damit sie ihrer Arbeit ausreichend nachgehen kann.

SPD und Linke begrüßen Vielfalt in Deutschland

Sebastian Fiedler (SPD) sagte, gebraucht würden mehr Polizisten mit besseren Befugnissen sowie "mehr Kriminalprävention, bessere Beleuchtung, saubere Plätze", Sozialarbeit, Wohnraum und "konsequentes Durchgreifen, wo Regeln verletzt werden". An vielen dieser Themen arbeite die Koalition. Deutschland werde sicherer gemacht, indem man das Vertrauen stärkt und nicht Hass sät. Dass das Land vielfältig sei, sei kein Zeichen des Niedergangs, sondern von Lebendigkeit, und Städte mit Vielfalt seien keine schwachen Städte: "Sie bleiben frei, wenn sie sich nicht spalten lassen", betonte Fiedler.

Mirze Edis (Linke) betonte, das Stadtbild Deutschlands seien die Menschen, die hier leben, die das Land aufgebaut haben, anpacken und Verantwortung übernehmen. Das Problem sei nicht die Vielfalt auf den Straßen, sondern "Menschen, die mit Hass durch unsere Straßen ziehen" und andere bedrohen. Diese Vielfalt sei vielmehr "unsere Stärke", fügte Edis hinzu. Deutschland sei vielfältig, solidarisch und "stärker, wenn wir zusammenstehen".

Mehr zum Thema

„Abgeschoben“ steht auf einem Stempeleintrag im Pass
Asylpolitik der Bundesregierung: Schwarz-Rot setzt auf Migrationskompromisse
Grenzkontrollen, Doppelpass und sichere Herkunftsstaaten: Wie Union und SPD ihre Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zur Zuwanderungspolitik umsetzen.
Sonja Eichwede auf der Dachterrasse des Reichstagsgebäudes
Sonja Eichwede im Interview: "Wir sind ein Einwanderungsland"
Die SPD-Fraktionsvize über die Reform des Europäischen Asylsystems, Kompromisse in der Koalition und die Akzeptanz der doppelten Staatsbürgerschaft durch die Union.
Porträt von Özgür Özvatan
Soziologe Özgür Özvatan im Interview: "Das Potenzial von Migrantengruppen wird massiv unterschätzt"
Özgür Özvatan schreibt in seinem Buch "Jede Stimme zählt" über Wähler mit Migrationshintergrund und die Versäumnisse der etablierten Parteien bei ihrer Ansprache.