Parlamentarisches Profil : Die Logische: Gerrit Huy
AfD-Politikerin Gerrit Huy fordert für Rentner mit Hinzuverdienst einen Steuerfreibetrag in Höhe von 12.000 Euro - und die Öffnung der Aktivrente für Selbstständige.
Eine Nahbarkeit kann man ihr nicht absprechen. Den Anruf in ihrem Büro nimmt sie selbst entgegen, und zum Interview empfängt Gerrit Huy, Abgeordnete der AfD aus dem bayerischen Weilheim, direkt an der Tür; die Mitarbeiter sind gerade unterwegs. Auch die Wasserflasche bringt sie selbst. Etwas Eigenständiges geht von ihr aus.
"Es ist schwer, Leute zu aktivieren und zu Kandidaturen zu bewegen", sagt sie mit Blick auf die anstehenden Kommunalwahlen im kommenden März. “Wir sind noch nicht in ausreichender Tiefe bei mir im Wahlkreis vertreten. Nicht überall werden wir die Listen vollkriegen.”
Gerrit Huy sitzt seit 2021 für die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Die Abgeordnete ist Obfrau im Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Huy redet schnell, zuweilen atemlos. Wirkt dabei etwas hart. Und sie schaut einen dabei an, lässt sich unterbrechen, sucht das Gespräch. Über die Renten in Deutschland sagt sie kurz und knapp: "Wir wollen höhere Renten. Die Armutsquoten bei den über 65-Jährigen sind schon hoch, und sie unterschätzen sogar die bestehenden Probleme." Fast 50 Prozent der Beschäftigten, schiebt sie nach, würden dies zu einem Lohn tun, der später in der Rente - Stand heute - nicht über der Grundsicherung liegen würde. "Da muss sich doch etwas ändern."
Huy zweifelt an Verfassungskonformität des Koalitionsentwurfs zur Aktivrente
Der von Union und SPD geplanten Aktivrente kann Huy durchaus etwas abgewinnen. Ab 2026 sollen Rentner, die freiwillig weiterarbeiten, monatlich 2.000 Euro steuerfrei hinzuverdienen können. "Wir bevorzugen einen Steuerfreibetrag in Höhe von 12.000 Euro für Rentner mit Hinzuverdienst", sagt Huy. "Beim Koalitionsvorschlag sehe ich Fallstricke. Wenn man netto 24.000 Euro verdienen kann, könnten kleine Arbeitgeber in die Versuchung kommen, dann die Bruttolöhne zu senken." Ihre Partei aber wolle "jüngere Arbeit nicht durch ältere Arbeit verdrängen" und die Option der Aktivrente für Selbstständige eröffnen. “Der Koalitionsantrag beinhaltet eine Ungleichbehandlung, die mir nicht verfassungsfest vorkommt.”
„Die Armutsquoten bei den über 65-Jährigen sind schon hoch. Da muss sich doch was ändern.“
Huy zog 2021 in den Bundestag ein, sitzt im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Neben einer Rentenerhöhung fordert sie die Senkung von Steuern. Wie soll das gehen? "Der Staat gibt zu viel für Soziales aus, vor allem für Ausländer", sagt sie. Bürgergeld nur für Deutsche und jene, die zehn Jahre eingezahlt haben, Wegfall von Analogleistungen und anderem, wie der freiwilligen Überbezahlung internationaler Organisationen. "Das ist der einzige Weg, um die Sozialsysteme dauerhaft zu finanzieren".
Wer ihr zuhört, wird oft mit einer Klarheit konfrontiert, die nur richtig oder falsch kennt. Menschengemachter Klimawandel? "Wer das sagt, irrt sich." Meinungsfreiheit? "Die ist stark beschränkt." Wo denn? "Man durfte nicht schlecht über Migration reden." Jedenfalls, sagt sie, stehe in den Medien immer nur die andere Meinung.
Huys Familie war anfangs entsetzt über ihren AfD-Eintritt
Huy ist eine Frau mit Zahlenverständnis. Sie absolvierte eine Banklehre, studierte Mathematik, dann Volkswirtschaftslehre und schließlich Public Administration in Harvard - immer mit Abschluss. Früher definierte sich Huy als diffus links. Sie legte eine steile Karriere in der Wirtschaft hin. Ihre erste Vollzeitanstellung war die als Persönliche Referentin des damaligen Finanzvorstands von Daimler, Edzard Reuter. Danach kam sie in andere leitende Funktionen beim Automobilkonzern, wechselte danach in die IT-Branche als Vorsitzende der Geschäftsführung bei Compaq Computer Deutschland.
In den Nullerjahren dann mehrere Beteiligungen und Aufsichtsratsposten. Und sie wollte in die Politik, "das wollte ich schon immer, um dem Staat etwas zurückzugeben". Doch die SPD-Oberen habe sie nach Gerhard Schröder nicht mehr ernst nehmen können, wie sie sagt, und die CSU schreckte sie ab; ihr Freundeskreis mochte die Christsozialen nicht. Doch dann kamen die Zehnerjahre, die AfD - und die Fluchtbewegungen, ein Thema, das sie auch heute noch beschäftigt. Huy trat ein. Ehemann und Kinder seien anfangs entsetzt gewesen. “Aber das hat sich gelegt.”
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