Wende in der Digitalisierung im Blick : Digitalminister Wildberger ist umgeben von großen Erwartungen
Mit der Staatsmodernisierung und der digitalen Transformation warten auf Politik-Neuling Karsten Wildberger Mammutaufgaben. Dieser betreibt Erwartungsmanagement.
Eine rudimentäre Webseite gibt es bereits. Personal und einen provisorischen Sitz in einer Liegenschaft des Innenministeriums nahe des Berliner Tiergartens auch: Karsten Wildberger (CDU), der erste Digitalminister Deutschlands, startet also nicht bei null in seine Aufgaben rund um die Verwaltungsdigitalisierung, Staatsmodernisierung, den Ausbau digitaler Infrastrukturen, Fragen digitaler Souveränität und internationaler Digitalpolitik sowie die Digitalisierung der Wirtschaft.

Minister Karsten Wildberger (CDU) und sein Digitalministerium erhalten noch umfangreichere Kompetenzen als ursprünglich geplant.
Und doch ist es die große Neuerung in der schwarz-roten Koalition: Nach jahrelanger Diskussion über die Notwendigkeit eines Digitalministeriums hat Kanzler Friedrich Merz (CDU) das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) nun mit zahlreichen Kompetenzen und Arbeitsbereichen ausgestattet: Der 55-jährige Wildberger, der erst kürzlich CDU-Mitglied wurde, hat rund zwei Dutzend Zuständigkeiten und Abteilungen aus sechs Ministerien erhalten. Auch ein Zustimmungsvorbehalt "für alle wesentlichen IT-Ausgaben der unmittelbaren Bundesverwaltung" ist für Wildbergers Haus vorgesehen. Das Ziel: Die gesamte IT des Bundes besser steuern zu können.
Enges Miteinander mit Ländern und Kommunen angestrebt
Welche Pläne er für das neue Ressort hat, erläuterte der ehemalige Manager aus der Wirtschaft am Freitag den Abgeordneten in seiner ersten Rede vor dem Parlament - und betrieb sogleich Erwartungsmanagement. "Für die Digitalisierung gibt es keinen Schalter, den man einfach umlegt", sagte Wildberger. Sie sei vielmehr ein Prozess, der Zeit, Mut, Expertise, Geduld und Partner benötige. Er sei überzeugt, dass man mit Zeit und Beharrlichkeit vorankomme und spüre im und rund um das neu geschaffene Ressort "einen besonderen Spirit" und große Ambitionen, die digitale Zukunft Deutschlands zu gestalten.
Auf den Überraschungskandidaten im Kabinett Merz warten neben dem Aufbau seines Ministeriums teils jahrzehntelange Versäumnisse und Baustellen. Hinzu kommen die hohen Erwartungen seiner Amtskollegen in den Ländern, denen er diese Woche bei der Digitalministerkonferenz in Ingelheim lauschte. So wurde unter anderem mehr Geld vom Bund für den Ausbau digitaler Infrastruktur, eine einheitliche Strategie im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) und eine eigenständige europäische digitale Infrastruktur gefordert. Es sei an der Zeit, dass Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen, betonte die Vorsitzende der Digitalministerkonferenz, Dörte Schall (SPD): "Für die Bürger ist es egal, wer zuständig ist. Der Bürger möchte nur, dass es funktioniert."
Wildberger, der Ex-Vorstandsvorsitzende von Ceconomy, der Muttergesellschaft von MediaMarkt und Saturn, betonte in seiner Rede, er wolle ein "enges Miteinander mit Ländern und Kommunen." Es gehe um ein modernes und digitales Deutschland "schlank in seinen Prozessen und seiner Verwaltung", sagte er. Ein zentrales Element sei die digitale Identität, ein Wallet, die das Leben der Menschen erleichtere, kündigte der neue Digitalminister weiter an. Auch müssten Unternehmensgründungen erleichtert werden, für Gründerinnen und Gründer müsse Deutschland die "erste Wahl" sein.
Schwierige Mission: Modernisierungsschub für Deutschland
Ralph Brinkhaus (CDU) betonte, das Ministerium sei "überfällig" - gleichzeitig blieben Digitalisierung und Staatsmodernisierung eine Führungsaufgabe für jedes Ministerium und auch das Kanzleramt.
Zuspruch kam auch von Digitalpolitiker Armand Zorn (SPD). Die Staatsmodernisierung sei das Fundament für alle gewichtigen politischen Vorhaben, aber auch für die politische Gestaltungsfähigkeit und das Vertrauen der Menschen in den Staat. Entscheidend seien weiter Souveränität und Innovation; es gelte, Abhängigkeiten zu reduzieren, da diese verwundbar machten, betonte Zorn.
„Machen Sie Digitalpolitik für alle und nicht nur für Profite.“
Auch die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen begrüßten das neu geschaffene Ressort. Beatrix von Storch sagte für die AfD-Fraktion, dass eine Digitalpolitik nötig sei, die "unseren Bürgern dient". Ihre Fraktion wolle "digitale Freiheit made in Germany". Kritisch sehe sie insbesondere den "digital only"-Ansatz aus dem Koalitionsvertrag: Es müsse immer möglich bleiben, dass die Bürger ihren Staat persönlich erreichen könnten.
Grüne: Digitalisierung muss dem Gemeinwohl dienen
Grünen-Politikerin Rebecca Lenhard betonte, Digitalisierung sei eine Gegenwartsaufgabe und auch eine Standortfrage. Die Erwartungen an das neue Ressort seien groß und ihre Fraktion werde es konstruktiv begleiten, damit es endlich vorangehe. In der Ampelkoalition sei viel Richtiges angestoßen worden, man habe aber auch gemerkt, wie lähmend "Zuständigkeiten auf zu vielen Schultern verteilt" sein könnten, sagte sie. Lenhard betonte, Digitalisierung dürfe kein Risiko für die soziale Spaltung werden und müsse am Ende dem Gemeinwohl dienen.
Auch Donata Vogtschmidt (Die Linke) sagte, ihre Fraktion werde Wildbergers Arbeit genau beobachten. Mit Blick auf die als Allheilmittel geltende Künstliche Intelligenz forderte sie klare Qualitätsstandards - stattdessen: "kein Wort zu Energieverbrauch, Diskriminierung und Transparenz", monierte Vogtschmidt. “Machen Sie Digitalpolitik für alle und nicht nur für Profite.”
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