Entlastung für Firmen : Die Stromsteuer soll sinken – aber nicht für alle
Die Regierung will Unternehmen dauerhaft bei den Energiekosten entlasten. Von einer Abgabenreform sollen auch Biogasanlagen und die E-Mobilität profitieren.
Um 93 Euro hätte eine vierköpfige Familien entlastet werden können, wenn die Bundesregierung sich für eine Senkung der Stromsteuer für alle entschieden hätte. Das hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln ausgerechnet. Aber die Bundesregierung hat sich dagegen entschieden. Nun sollen weiterhin nur Unternehmen mit einem Verbrauch von mehr als 12.500 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr entlastet werden. So sieht es ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der am Donnerstag erstmals debattiert wurde.

Die Regierung will für Industrie und teilweise auch für Verbraucher die Abgaben auf Strom senken.
Dass das aber immerhin 600 000 Unternehmen betreffe, hob Michael Thews für die SPD-Fraktion in der ersten Lesung hervor und ergänzte: "Wir führen damit die befristete Entlastung aus dem Strompreispaket von 2023 fort." Davon profitierten die Industrie, der Mittelstand, die Chemiehersteller, der Maschinenbau, Bäckereien, Bau- und Handwerksbetriebe.
Für die AfD-Fraktion stellte Jan Wenzel Schmidt fest: "Ja, es gibt eine Entlastung; aber diese ist minimal und betrifft nur wenige Branchen." Der normale Verbraucher müsse weiterhin das 40-Fache des EU-Mindestsatzes auf die Stromsteuer zahlen.
AfD will den Strompreis auf das europäisch zulässige Minimum senken
Die AfD-Fraktion hat zu dem Gesetzentwurf einen eigenen Antrag eingebracht, und will die Stromsteuer für alle Verbraucher auf das europäisch zulässige Minimum senken. Das wäre für die betriebliche Verwendung ein einheitlicher Satz von 0,05 Cent pro kWh, für private Verbraucher wären es insgesamt 0,1 Cent pro kWh.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach Sascha Müller. Auch er kritisierte, dass die Bundesregierung nicht die Senkung der Stromsteuer für alle Bürger angeht: "Was ist Ihnen nämlich wichtiger, als Handwerker, Selbstständige, Dienstleistungsberufe und all die privaten Haushalte zu entlasten? Welche Prioritäten setzen Sie? Gastrosteuersenkung, Mütterrente, Pendlerpauschale." In der Folge “fehlt das Geld eben für die Entlastung vieler Menschen und Unternehmen.”
Die Stromsteuer im Überblick 📊
🔌 Derzeit zahlen Nutzer 2,05 Cent pro Kilowattstunde (kWh)
🏭 Das produzierende Gewerbe, die Land- und Forstwirtschaft sowie Betreiber von Blockheizkraftwerken zahlen nur das europäische Minimum von 0,05 Cent pro kWh, für private Verbraucher beträgt das EU-Minimum 0,1 Cent.
💡 Diese Ausnahme sollte ursprünglich Ende 2025 auslaufen, die Bundesregierung will sie aber nun verstetigen.
💰 Konsumenten und Firmen, für die nicht der reduzierte Steuersatz gilt, will die Bundesregierung weiter mit 2,05 Cent pro kWh zur Kasse bitten.
💸 5,2 Milliarden Euro hat der Bund im Jahr 2024 mit der Stromsteuer eingenommen. Die gesamten Steuereinnahmen lagen bei 375 Milliarden Euro.
📉 Die geltende Stromsteuersenkung für Unternehmen hat 2024 zu steuerlichen Mindereinnahmen von 1,7 Milliarden Euro geführt.
Auch Doris Achelwilm von der Fraktion Die Linke stieß in dieses Horn, wies aber noch auf einen anderen Punkt hin: "Warum zum Beispiel bleibt die Deutsche Bahn außen vor?" Den Bahnstrom gebe es zwar vergünstigt. "Im EU-Vergleich ist er trotzdem sehr teuer."
Nach Plänen der Bundesregierung sollen die Netzentgelte für alle sinken
Der Regierungsentwurf sieht neben der Fortführung der reduzierten Stromsteuer für Großverbraucher auch weitere Veränderungen im Strom- und Energiesteuerrecht vor. Das hob Florian Dorn (CSU) hervor: "Auch für viele Biogasanlagenbetreiber schafft das Gesetz wichtige Rechts- und Planungssicherheit. Beispielsweise Strom aus Anlagen bis zwei Megawatt elektrischer Leistung bleibt nun rechtssicher von der Stromsteuer befreit, und das ganz bürokratiearm, ohne ein aufwendiges Nachweissystem für den Einsatz von Biomasse."
Bereits zu Beginn der Debatte hatte SPD-Mann Thews auf das bidirektionale Laden hingewiesen, wenn also etwa die Batterie in einem Elektroauto als Stromspeicher für die Versorgung eines Hauses dient, beispielsweise in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage. Der Gesetzentwurf sorge auch hier für steuerliche Klarheit.
Der federführende Finanzausschuss hat zu dem Gesetzentwurf und damit verbundenen Anträgen der Oppositionsfraktionen eine öffentliche Anhörung am 3. November, angesetzt.
Eine Entlastung für alle Stromverbraucher soll es nach dem Willen der Bundesregierung aber dennoch geben, auch wenn die Stromsteuer nicht für alle sinkt. Geplant ist, die Stromübertragungsnetzentgelte für 2026 durch einen Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu senken. Die Netzbetreiber sollen dazu verpflichtet werden, den Zuschuss vollständig zur Senkung der Strompreise einzusetzen. Der Gesetzentwurf wurde am Freitag nach Redaktionsschluss erstmals im Bundestag beraten. Federführend ist hier der Ausschuss für Wirtschaft und Energie.
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