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Haushaltsentwurf 2025 : Klingbeils neue Rechenregeln

In der nächsten Sitzungswoche beginnen die Haushaltsberatungen. Finanzminister Klingbeil will dank neuer Regeln in diesem Jahr rund 116 Milliarden Euro investieren.

27.06.2025
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5 Min

Für die Haushaltspolitiker der Fraktionen fallen die Sommerferien in diesem Jahr wohl eher kurz aus. Am Dienstag beschloss das Kabinett den Haushaltsentwurf für das laufende Jahr, am Donnerstag ging der 3.431 Seiten umfassende Haushaltsplan als Drucksache beim Parlament ein. Nach der ersten Lesung, die in der kommenden Sitzungswoche ab dem 7. Juli stattfindet, sind die Fach-, aber vor allem der Haushaltsausschuss an der Reihe. Ende Juli und Ende August stehen dort die Beratungen der Einzelpläne auf der Tagesordnung. 

Foto: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) präsentierte am Dienstag seinen ersten Haushaltsentwurf als Minister. Der Sozialdemokrat plant mit hohen Investitionen, Ausgaben und Schulden.

Auch eine Anhörung zu einem Haushaltsbegleitgesetz 2025 sowie zum Einrichtungsgesetz für das Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" ist angesetzt, bevor nach aktueller Planung am 4. September in der Bereinigungssitzung der Etat für das laufende Jahr fix gemacht wird. Die zweite und dritte Lesung wenige Tage später dürfte dann Formsache sein - die Haushaltsexpertinnen und -experten dürften zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon mit den Gedanken beim Haushalt 2026 sein, der unmittelbar danach zur Beratung ansteht.

Die nun anstehenden Beratungen stehen allerdings unter neuen haushaltspolitischen Vorzeichen - und neuen Rechenregeln. Zur Erinnerung: Die Ampel-Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zerbrach auch an wesentlichen Fragen rund um den Haushalt 2025. Den Entwurf hatten Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) noch mit Ach und Krach und trotz milliardenschwerer Lücken durchs Kabinett und ins Parlament gebracht. Doch kurz vor der Bereinigungssitzung zerbrach das Bündnis - unter anderem, weil Lindner keine Ausnahme von der Schuldenregel erklären lassen wollte.

Grundgesetzänderungen erlauben mehr Schulden im Haushalt 2025

Dieses Problem hat die neue schwarz-rote Bundesregierung nicht. Noch bevor überhaupt die Koalitionsgespräche beendet waren, brachte die Koalition in spe noch mit dem alten Bundestag eine umfassende Grundgesetzänderung durch das Parlament. Damit lockerte sie die Schuldenbremse des Grundgesetzes kräftig, die eigentlich die Neuverschuldung des Bundes begrenzen soll. Nun gibt es eine sogenannte Bereichsausnahme, nach der Ausgaben für Verteidigung und bestimmte Sicherheitsausgaben ab einer bestimmten Höhe - ein Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts des Vorjahres - bei der Berechnung der zulässigen Nettokreditaufnahme nicht mehr angerechnet werden. "Whatever it takes", hatte Friedrich Merz (CDU) diese Neuerung begründet, die für das Erreichen des neuen Nato-Ziels von entscheidender Bedeutung sein dürfte.

Zudem schuf sich Schwarz-Rot ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen, das in den nächsten Jahren zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität ermöglichen soll. Der Klimapunkt kam vor allem auf Drängen der Grünen hinzu, deren Unterstützung für die Grundgesetzänderung notwendig war.

Mit seinem am Dienstag beschlossenen und vorgestellten Entwurf zeigt Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) erstmals, welche konkreten Auswirkungen diese Änderungen haben. Rund 503 Milliarden Euro will die neue Bundesregierung im laufenden Jahr ausgeben (2024: 476,8 Milliarden Euro). Die Ampel-Regierung hatte mit 488,6 Milliarden Euro gerechnet. Klingbeil plant mit einer Neuverschuldung von 81,8 Milliarden Euro (2024: 39 Milliarden Euro); sein Vorgänger Lindner hatte 51,3 Milliarden Euro vorgesehen.

Hier kommt nun die Bereichsausnahme zum Tragen: Nach der Schuldenregel des Grundgesetzes wäre eigentlich nur eine Nettokreditaufnahme von 49,7 Milliarden Euro zulässig. Da aber insbesondere die Verteidigungsausgaben deutlich über der BIP-Grenze liegen, kann Klingbeil weitere 32,1 Milliarden Euro an Schulden aufnehmen.

Die Investitionsquote hat eine große Bedeutung für das neue Sondervermögen

Im Haushaltsentwurf wird auch die Investitionsquote, also das Verhältnis der für Investitionen in Bau, Schienen, Brücken und Co. eingeplanten Mittel zu den Gesamtausgaben, besonders berücksichtigt und ausführlich berechnet. Denn bei den Beratungen zur Grundgesetzänderung für das Sondervermögen hatten die Grünen darauf gedrängt, dass aus diesem neuen Topf nur zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und die Klimaneutralität fließen dürfen. Diese "Zusätzlichkeit" der Investitionen soll über die Investitionsquote im Kernhaushalt belegt werden. Laut Bundesregierung liegt sie 2025 bei genau zehn Prozent und damit genau im Rahmen der Quote, die bei den Verhandlungen vor einigen Monaten genannt wurde.

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Somit darf auch Geld aus dem neuen Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" fließen. Dies ist zwar noch nicht im Detail geregelt, doch enthält der Haushaltsentwurf bereits einen Wirtschaftsplan für das laufende Jahr. Demnach sollen aus dem neuen, komplett kreditfinanzierten Topf 37,2 Milliarden Euro verausgabt werden. Im Jahr 2025 sollen beispielsweise 11,7 Milliarden Euro für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und vier Milliarden Euro für die digitale Infrastruktur aufgewendet werden.

Ein weiteres Investitionsvehikel ist der Klima- und Transformationsfonds (KTF). Aus diesem sollen im kommenden Jahr 36,7 Milliarden Euro abfließen. Der KTF erhält dafür auch Mittel aus dem neuen Sondervermögen in Höhe von zehn Milliarden Euro. So kann der Bund laut Planung der Bundesregierung schon in diesem Jahr eine Rekordsumme für Investitionen mobilisieren. Insgesamt rechnet die Bundesregierung mit 115,7 Milliarden Euro - 2024 waren es noch 74,5 Milliarden Euro.

Eckwerte für den Haushalt 2026 beschlossen

Nun ist das Jahr beim Haushaltsbeschluss im September schon weit fortgeschritten - wirklich entfalten kann sich der neue Haushaltsspielraum aber erst ab dem nächsten Jahr. Dazu gibt es bereits erste Zahlen in Form von Eckwerten für den Haushalt 2026: Demnach sollen die Ausgaben aus dem Kernhaushalt im Jahr 2026 auf 519,5 Milliarden Euro steigen. Die Investitionen aus dem Haushalt, dem Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" sowie den KTF sollen auf 123,6 Milliarden Euro anwachsen.

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