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Keine Freude für Aktionäre : Investoren-Alptraum unter dem Ärmelkanal

Der Eurotunnel zwischen Frankreich und Großbritannien erreichte nie die prognostizierten Verkehrszahlen. Die Geldgeber verloren dadurch zunächst Milliarden.

29.07.2025
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2 Min

Vor dem Baubeginn des Kanaltunnels zwischen Großbritannien und Frankreich 1987 zeigte die damalige britische Premierministerin Margaret Thatcher, dass sie ihren Beinamen "Eiserne Lady" nicht zu Unrecht erhalten hatte: Aus der britischen Staatskasse werde es keinen Penny für das gigantische Projekt geben, ließ die konservative Politikerin wissen - und setzte sich durch. Der mit 50,45 Kilometern längste Unterwassertunnel der Welt wurde komplett mit Geldern von privaten Investoren gebaut.

Der Kurs der Eurotunnel-Aktie fiel von knapp 20 Euro auf 44 Cent

Das Meisterstück der Ingenieurskunst entwickelte sich jedoch zum Alptraum für die Geldgeber. Schuldenerlasse und Aktienverluste machten das Kanaltunnelprojekt zum Milliardengrab für Investoren.

Foto: picture alliance / empics

Rein privatwirtschaftlich fuhr der Eurotunnel bis 1997 und dann erneut 2006 in die Insolvenz. Doch seit 2009 zahlt die Betreiberfirma eine wachsende Dividende an ihre Aktionäre.

Schon die Baukosten waren mit 15 Milliarden Euro doppelt so hoch wie geplant. Damit war eigentlich auch klar, dass mit den Einnahmen aus dem Tunnelbetrieb keine dauerhafte Betriebsfinanzierung möglich war, weil die Zinskosten der aufgenommenen Kredite und die Tilgungslasten viel zu hoch waren.

Die Eurotunnel-Aktie war 1987 beim Gang an die Börse von den Anlegern stark nachgefragt worden. Der anfängliche Kurs von rund 5,34 Euro stieg bis knapp 20 Euro. Doch angesichts nicht so hoher Nutzerzahlen und des unter den Erwartungen bleibenden Güterverkehrs kannte die Aktie einige Zeit später nur noch eine Richtung: nach unten.

Nach zwei Insolvenzen und einer Neugründung steigt die Dividende seit 2009 

1997 kam es zu einer Umschuldung der Betreibergesellschaft. Zugleich gewährten Frankreich und Großbritannien der Eurotunnel Gesellschaft das Recht, den Tunnel länger zu betreiben - bis zum Jahr 2086. Dennoch kam das Unternehmen nicht mehr auf die Beine. 2004 kam es zu einer "Aktionärsrevolution". Erboste Anteilseigner setzten den Vorstand ab und installierten einen neuen Vorstand. Es half nichts: 2006 wurde eine erneute Umschuldung notwendig, bei der die Gläubiger auf nahezu die Hälfte ihrer Forderungen verzichten mussten. Die Schulden wurden von 9,4 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro reduziert, die Gesellschaft durch eine Neugründung ersetzt. Sonst hätte die Zahlungsunfähigkeit gedroht.

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Die Eurotunnel-Aktien waren zwischen 2006 und 2007 vom Börsenhandel ausgesetzt. Die rund 550.000 Aktionäre - darunter viele Kleinanleger - stimmten schließlich einem Tausch ihrer bisherigen Aktien in Aktien der neuen Tunnelgesellschaft zu, die heute "Getlink" heißt. Die alten Aktien waren zum Schluss noch 0,44 Euro pro Stück wert gewesen.

Für später eingestiegene Aktionäre hat sich die Investition in Getlink gelohnt. Das Unternehmen zahlte 2009 bereits eine Jahresdividende von 0,04 Euro, die - abgesehen von einem scharfen Einbruch wegen Corona - seitdem regelmäßig erhöht wurde. 2025 gab es pro Aktie eine Ausschüttung vor Steuern von 0,58 Euro, was einer Rendite von 3,65 Prozent entspricht. Auch andere Mautstreckenbetreiber machen den Aktionären Freude: Atlas Arteria, die unter anderem den Warnow-Tunnel in Rostock betreibt, kommt sogar auf eine Dividendenrendite von 7,8 Prozent.

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