
Auswärtiges Amt : Der Neue schlägt einen Pflock ein
Außenminister Johann Wadephul (CDU) will die Verteidigungsausgaben massiv steigern. Die Weltlage sei "brandgefährlich" erklärt er im Bundestag.
Antrittsbesuch in Paris und Warschau, Gespräche in Israel und in den Palästinensischen Gebieten, Nato-Treffen der Amtskollegen in der Türkei: Die Terminkalender von Chefdiplomaten sind rappelvoll, das bekommt auch Johann Wadephul als Außenminister im Kabinett Merz schnell zu spüren. Mit dem Juristen aus Schleswig-Holstein, seit 2009 Mitglied des Bundestages, lenkt seit bald sechs Jahrzehnten wieder ein Christdemokrat die Geschicke im Auswärtigen Amt.
Am Donnerstag schlug der Neue gleich einen Pflock ein. Wadephul stellte sich beim Treffen der Nato-Außenminister in Belek bei Antalya hinter die Forderung von US-Präsident Donald Trump nach einer massiven Steigerung der Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten: auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung - 3,5 Prozent für Verteidigung, 1,5 Prozent für militärisch nutzbare Infrastruktur.
Europäer und die USA sprechen von weiteren Russland-Sanktionen
Eine Botschaft richtete er in Richtung des russischen Präsidenten: Putin müsse realisieren, dass er im Ringen um einen Waffenstillstand im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine "dabei ist, seine Karten zu überreizen", sagte der CDU-Politiker. Dass der Kreml-Chef das Angebot ausgeschlagen habe, in Istanbul direkt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu verhandeln, werde Folgen haben. Es gebe in Europa eine große Entschlossenheit, über weitere Sanktionen zu entscheiden. Auch die US-Regierung gehe davon aus, dass vom Senat in Washington ein Sanktionspaket beschlossen werde, falls sich Putin nicht bewege.
„Jeder, der Frieden in Europa will, muss jetzt verhandeln, und der Ball liegt im Feld von Herrn Putin.“
Am Vortag hatte Wadephul in einer Erklärung zur Außen-, Europa- und Menschenrechtspolitik der neuen Bundesregierung im Bundestag Einblicke in seine Pläne als neuer Außenamtschef gegeben. "Brandgefährlich" sei die Weltlage - mit Blick auf Israel und die Situation im Gazastreifen, mit Blick auf iranische Atomwaffenambitionen und mit Blick auf die russische Aggression gegen die Ukraine. "Die Ukraine hat jede Bereitschaft gezeigt, jetzt bedingungslos Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen zu führen", betonte Wadephul. "Jeder, der Frieden in Europa will, muss jetzt verhandeln, und der Ball liegt im Feld von Herrn Putin."
Waffenlieferungen an die Ukraine sind im Plenum weiter umstritten
Markus Frohnmaier (AfD) rief in der Aussprache den neuen Außenamtschef zu einer "Zeitenwende hin zur Realität" auf. Deutsche Interessen seien nicht deckungsgleich mit ukrainischen. "Es liegt nicht im Interesse Deutschlands, Milliarden an Steuergeldern und tonnenweise Waffen in das bodenlose Fass Ukraine zu werfen." Die Krim und weite Teile der Ostukraine würden nicht unter ukrainische Kontrolle zurückkehren. “Diese Wahrheit anzunehmen, ist kein Verrat, sondern Realpolitik.”
Siemtje Möller (SPD) kündigte für ihre Fraktion an, weiter an der Seite der Ukraine zu stehen. "Wir unterstützen die Ukraine politisch, humanitär, wirtschaftlich und auch militärisch. Nicht, weil wir den Krieg, sondern weil wir einen auf Souveränität, Gleichheit und Gerechtigkeit beruhenden Frieden wollen." Die Ukraine verteidige nicht nur ihr eigenes Land, sie kämpfe für Freiheit, Selbstbestimmung und die Unverletzlichkeit von Grenzen - mithin "für die Prinzipien, auf denen unsere internationale Ordnung beruht", sagte Möller.
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf eine Äußerung des CDU-Abgeordneten Thomas Bareiß zur Nord-Stream-Pipeline sowie auf ein Treffen des SPD-Abgeordneten Ralf Stegner mit russischen Vertretern und attestierte der Koalition ein Glaubwürdigkeitsproblem: "Kaum regieren Union und SPD wieder zusammen, erwachen die Zombies der alten Moskau-Connection wieder zum Leben." Nie wieder dürften sich die Fehler früherer Bundesregierungen wiederholen, "dass wir unsere Energieversorgung abhängig machen vom Kriegsverbrecher im Kreml und seine Kriegskassen erneut füllen".
Linke fordert kompletten Stopp von Rüstungsexporten
Lea Reisner (Die Linke) forderte eine "neue, eine linke Außenpolitik". Dazu gehörten ein Ende von Waffenexporten, ein Schuldenerlass für Länder des globalen Südens, Klimagerechtigkeit und sichere Fluchtwege für Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Hunger fliehen. "Wir wollen keine Weltordnung, in der das Recht des Stärkeren gilt, sondern eine, in der die Menschenrechte nicht vom Pass abhängig sind."
Norbert Röttgen (CDU) rief dazu auf, "Sicherheit in Europa als unsere europäische Aufgabe und Verantwortung" anzunehmen und nicht mehr als in erster Linie amerikanische zu verstehen. Keinen Illusionen wollte sich Röttgen gegenüber Russlands Führung hingeben: “Putin will Krieg. Putin will nicht verhandeln. Er kommt nicht freiwillig zur politischen Lösung, sondern wir brauchen Druck auf Putin, und wir brauchen die militärische und zivile Unterstützung der Ukraine.”

Reem Alabali-Radovan (SPD) will die Entwicklungspolitik neu aufstellen – im Dreiklang mit der Außen- und Verteidigungspolitik.

Sollen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine künftig nicht mehr öffentlich gemacht werden? Ein Pro und Contra mit Richard Herzinger und Julia Weigelt.

Unter Olaf Scholz fiel Deutschland als treibende Kraft in der EU weitgehend aus. Nun ruhen die Hoffnungen der europäischen Partner auf Friedrich Merz.