Einschnitte im Etat des Auswärtigen Amtes : Gelder für humanitäre Hilfe halbiert
Bis in die Reihen der Koalition tun sich viele Abgeordnete schwer mit den Kürzungen bei der humanitären Hilfe. Sie warnen: Das werde Menschenleben kosten.
Nur noch eine Milliarde Euro für humanitäre Hilfe statt wie bisher zwei Milliarden: Für viele Abgeordnete ist das eine wirklich harte Nuss. 300 Millionen Menschen seien auf humanitäre Hilfe weltweit angewiesen rechnete die Grünen-Haushälterin Jamila Schäfer am Mittwoch in der Debatte zum Etat des Auswärtigen Amtes vor. Die Bedarfe hätten sich innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt, gleichzeitig würden sich wichtige Geberländer, allen voran die USA, aus den Hilfesystemen zurückziehen. "Das ist nicht nur kurzsichtig, es kostet Leben", sagte Schäfer.

Gegen Kürzungen bei humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit regte sich bereits im Juni Protest, hier vorm Bundeskanzleramt - adressiert an Bundeskanzler Friedrich Merz.
In dem vom Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD gegen das Oppositionsvotum angenommenen Haushalt 2025 für den Einzelplan 05 sind insgesamt 5,89 Milliarden Euro eingestellt, das sind 820 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Abschläge gab es - teils im ursprünglichen Regierungsentwurf, teils in der Bereinigung durch den Haushaltsausschuss - neben der humanitären Hilfe zum Beispiel beim Beitrag an die Vereinten Nationen und weitere internationale Organisationen.
AfD kritisiert, die deutsche Außenpolitik verzichte auf die Durchsetzung eigener Interessen
Jürgen Koegel (AfD) kritisierte in der Debatte, dass fast ein Drittel der Mittel in die Verwaltung des Ministeriums flössen, davon zwei Drittel für die Personalkosten, während es heruntergekommene Auslandsvertretungen gebe. "Wir sprechen von Diplomatie und Respekt, gehen aber mit Löchern in der Hose zum Tanz." Die deutsche Außenpolitik verzichte auf die Durchsetzung eigener Interessen: “Wir verteilen Geld, das wir gar nicht haben, für Dinge, die uns keinen Nutzen bringen, in dem Versuch, Menschen zu bekehren, die gar nicht bekehrt werden wollen.”

„Wir hinterlassen Lücken, die dann andere füllen, Russland, China - Autokraten.“
Inge Gräßle (CDU) bekannte mit Blick auf die humanitäre Hilfe: "Die Kürzung über eine Milliarde tut weh." Es gebe aber die Zusage des Finanzministers, reaktionsfähig zu bleiben, wenn es zu "eskalierenden Katastrophen" komme. "Flexibilität ist entscheidend." Als ein wichtiges Vorhaben nannte Gräßle die Beschleunigung der Visaverfahren - etwa für Studierende und Fachkräfte. "Es muss schneller gehen. Wir brauchen eine Serviceverbesserung auch durch das neu geschaffene Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten."
Grüne sehen Deutschlands Ruf beschädigt
Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) beklagte die Kürzungen "ausgerechnet jetzt, obwohl wir mehr finanzpolitischen Spielraum haben als jemals zuvor". Dies "beschädigt auch Deutschlands Rolle als glaubwürdiger Partner in dieser Welt", sagte Schäfer. “Wir hinterlassen Lücken, die dann andere füllen, zum Beispiel China, Russland - Autokraten.”
Esther Dilcher (SPD) bedauerte die Kürzungen als "schweren Schlag". Die Vielzahl von Krisen weltweit mache angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel eine "harte Priorisierung unseres Engagements" nötig. "Wir riskieren eben auch, dass Deutschland und Europa in ganzen Regionen als Partner nicht mehr wahrgenommen werden." Deshalb müsse in künftigen Haushaltsberatungen nachgesteuert werden.
Sascha Wagner (Die Linke) ging mit der Bundesregierung hart ins Gericht, weil diese afghanische Ortskräfte trotz Aufnahmezusage im Stich lasse. "Das ist nicht nur ein moralisches Versagen, das ist auch ein schamloser Wortbruch." Gleichzeitig verhandle die Bundesregierung mit dem Taliban-Regime über Abschiebungen, "nur um hier innenpolitisch Stärke zu demonstrieren." Das sei "Zynismus pur", sagte Wagner.
Wadephul setzt Schwerpunkt zur Ukraine und zum Iran
Außenminister Johann David Wadephul (CDU) bekräftigte in seiner Rede die deutsche Hilfe für die Ukraine: In dem von Russland völkerrechtswidrig angegriffenen Land werde "die europäische Freiheit verteidigt". Ebenso stehe Deutschland zu seinen Verbündeten, sagte er mit Blick auf russische Drohnen über Polen und Rumänien. "Das Nato-Gebiet wird verteidigt, wir stehen zu unseren Verbündeten." Wadephul hob zudem hervor, dass Deutschland und seine Verbündeten dafür sorgen müssten, "dass Iran niemals in den Besitz von Nuklearwaffen kommt". Erwartet werde, dass das Land die vollständige Inspektion seiner Atomanlagen zulasse und dass es keine Anreicherungsprogramme mehr gebe. Hier bleibe die Bundesregierung "hart und klar", sagte Wadephul.
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