Weitere Kürzungen im Entwicklungs-Etat geplant : Alabali Radovan warnt vor dem "amerikanischen Weg"
Entwicklungsministerin Alabali Radovan wirbt für eine Aufstockung der Mittel ihres Ressorts. Linke und Grüne kritisieren die neuen Einschnitte scharf.
Der Etatansatz für die Entwicklungszusammenarbeit soll weiter sinken. Nachdem schon 2025 um knapp eine Milliarde Euro im Vergleich zum Vorjahr gekürzt wurde, sind es diesmal "nur" rund 330.000 Euro weniger. Damit sollen laut dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2026 noch 9,94 Milliarden Euro im Einzelplan 23 zur Verfügung stehen. Zur Erinnerung: 2023 lag der Ansatz für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung noch bei gut zwölf Milliarden Euro.

Ein Rückzug aus internationalen Hilfssystemen wäre fatal, "weil es um Menschenleben geht": Reem Alabali Radovan (SPD), hier am Mittwoch im Plenum, stemmt sich gegen Budgetkürzungen.
Die Enttäuschung war denn auch bei SPD, Grünen und Linken während der ersten Lesung am Mittwoch deutlich zu spüren. Auch Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) ist mit diesen Zahlen nicht glücklich, hält aber Deutschland entwicklungspolitisch weiterhin für handlungsfähig. Bei der Union will man die vorhandenen Mittel umso konzentrierter und wirkungsvoller einsetzen. Die AfD hingegen sieht im Einzelplan 23 noch erheblich mehr Einsparpotenzial.
Grüne sehen den Entwicklungs-Etat als Sparopfer der Bundesregierung
"Wir stehen vor enormen globalen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können", sagte Ministerin Alabali Radovan. Trotz der Einsparungen sei man sich in der Koalition einig, "dass wir nicht den amerikanischen Weg gehen wollen" - also den Weg des Rückzugs aus internationalen Hilfssystemen, wie ihn die USA derzeit antreten. Das, so Alabali Radovan, wäre fatal, "weil es um Menschenleben geht". Humanitäre Hilfe helfe akut - Entwicklungszusammenarbeit helfe langfristig und nachhaltig. "Beides ist untrennbar miteinander verbunden", sagte die Ministerin und warb zugleich "für die Erhöhung der Mittel".
Der Entwicklungs-Etat sei von der Bundesregierung von Anfang an als Sparopfer vorgesehen worden, kritisierte Jamila Schäfer (Grüne). “Und das ausgerechnet in einer Welt, in der sich die Krisen weiter zuspitzen.”
„Das ist verantwortungslos gegenüber den Ärmsten dieser Welt. Das ist Wortbruch.“
Dafür, dass sich die USA aus der Entwicklungszusammenarbeit zurückziehen, sei die Bundesregierung nicht verantwortlich, räumte die Grünen-Abgeordnete ein. Auch könne Deutschland diesen Verlust nicht komplett kompensieren. Die Bundesregierung setze aber eben auch auf Kürzungen, "ohne zumindest den Versuch zu unternehmen, etwas gegen diese historisch falschen Entwicklungen zu tun".
Sascha Wagner (Linke) nannte den Etatentwurf "mehr als enttäuschend". Jahr für Jahr werde gekürzt. "Deutschland hatte einmal zugesagt, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen", sagte Wagner. Dieses Ziel werde klar verfehlt. “Das ist verantwortungslos gegenüber den Ärmsten dieser Welt. Das ist Wortbruch.”
AfD würde “im Interesse der Steuerzahler” Milliarden sparen
Nicolas Zippelius (CDU) warb dafür, zu priorisieren und "die Mittel konzentriert und wirkungsvoll einzusetzen". An Stellen, wo das Gießkannenprinzip genutzt und wo unnötiger Stellenaufbau betrieben worden sei, gelte es nachzusteuern. Grundsätzlich sollten Investitionen in Infrastruktur und Regierungsführung ausgebaut werden: Jeder Euro hier könne nachgewiesenermaßen zwei Euro Direktinvestitionen auslösen.
Felix Döring (SPD) nannte die Finanzplanung "sehr herausfordernd". Er könne auch jegliche Kritik daran "sehr, sehr gut nachvollziehen". Dennoch, so der SPD-Abgeordnete, sei die Situation nicht wie in den USA, wo mehr als 70 Prozent der Mittel einfach wegfallen und mit USAID die entwicklungspolitische Behörde abgeschafft wurde. "Die Kürzungen sind schmerzhaft", sagte Döring. Dennoch sei auf Deutschland weiterhin Verlass.
Die Koalition wolle im Einzelplan 23 300 Millionen Euro sparen, sagte Mirco Hanker (AfD). "Wir würden im Interesse der Steuerzahler Milliarden sparen", machte er deutlich. Der AfD-Abgeordnete kritisierte zudem, dass im Vorwort zum Entwurf für das BMZ die Rede davon sei, "dass die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung die maßgebliche Richtschnur für die deutsche Entwicklungspolitik ist". Dies bedeute: Fast zehn Milliarden Euro deutscher Steuergelder würden an einer Agenda ausgerichtet, "die von diesem Parlament nie beschlossen wurde", monierte er.
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