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Schwarz-rote Rechtspolitik : Ministerin Hubig will neuen "Pakt für den Rechtsstaat"

Verschärfung bei Migration, Speicherung von IP-Adressen - die Rechtspolitik der Koalition erntete harten Widerspruch aus der Opposition.

16.05.2025
True 2025-05-16T17:06:15.7200Z
3 Min

Auf die Kabinettsmitglieder, die nicht aus einer der Koalitionsfraktionen rekrutiert wurden, hatte sich bei der Regierungsbildung ein besonderes Augenmerk gerichtet. Das gilt auch für die neue Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Stefanie Hubig (SPD). Allerdings ist Hubig keine klassische Seiteneinsteigerin. Die Juristin war nicht nur Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz, sondern zuvor auch beamtete Staatssekretärin im Bundesjustizministerium.

Stärkung der Justiz bei Personal und Digitalisierung geplant

In ihrer ersten Rede vor dem Bundestag nannte Hubig die Stärkung der Justiz einen der "wichtigsten Beiträge zur Stärkung unserer Demokratie". Deshalb wolle die Regierung einen "neuen Pakt für den Rechtsstaat" mit den Ländern schließen und diese bei der Digitalisierung und personellen Verstärkung der Justiz unterstützen. Die Dauer von Prozessen solle verkürzt, Online-Verfahren sollten eingeführt werden. Im Bereich der Migration und der inneren Sicherheit zeigte sich Hubig "mit dem Innenminister einig" im Ziel einer "Besserung der Lage auf rechtsstaatlichem Wege". Als weiteres wichtiges Ziel nannte sie wirksamere Maßnahmen gegen häusliche Gewalt. Auf dem Feld des Verbraucherschutzes kündigte Hubig einen baldigen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse an.

Foto: picture alliance/dpa

Rückkehr als Ministerin: Stefanie Hubig (SPD) war bereits als beamtete Staatssekretärin im Justizressort in Berlin tätig.

Die Redner der AfD präsentierten sich dagegen als die wahren Vertreter der Rechtsstaatlichkeit, die von den anderen Parteien und dem Verfassungsschutz auf nicht rechtsstaatliche Weise angegriffen würden. Stefan Brandner (AfD) sprach von Geheimdiensten mit "Zehntausenden Mitarbeitern und Spitzeln, die unbequeme Personen und Parteien gnadenlos aushorchen, verfolgen und deren Räume und Wohnungen verwanzen, sie öffentlich diffamieren, stigmatisieren, drangsalieren und zersetzen". Die wahren "Feinde der Demokratie und Totengräber des Rechtsstaats", schloss Brandner, seien diejenigen, die "einen demokratischen Staat ausplündern, von innen zersetzen und die Opposition unterdrücken".

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Für die Bezeichnung der anderen im Parlament vertretenen Parteien als "Kartellparteien" erteilte Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Linke) Brandner einen Ordnungsruf. Für den daraufhin aus der AfD-Fraktion zu hörenden Zwischenruf "Amtsmissbrauch" erteilte Ramelow einen weiteren Ordnungsruf.

Andere Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit von Vorhaben der Koalition kamen von der linken Seite des Plenarsaals. Helge Limburg (Grüne) sprach angesichts von Plänen etwa zur erweiterten Vorratsdatenspeicherung von einem "Überwachungskatalog des Grauens". "Sie wollen die Privatsphäre auf ein Minimum zurückdrängen, Bürgerrechte zählen bei Ihnen praktisch nichts mehr", beklagte Limburg. Heftig kritisierte er auch das Vorhaben, den vom Internationalen Strafgerichtshof als Kriegsverbrecher gesuchten israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu einzuladen.

Harte Kritik von Grünen und Linken

Limburg wie auch Aaron Valent (Linke) kritisierten zudem geplante Maßnahmen in der Migrationspolitik, wie die Abschaffung des Anspruchs auf anwaltlichen Beistand bei Abschiebungen. Menschenrechte seien nicht verhandelbar, erklärte Valent. Die Rechtspolitik sei ein "Spiegelbild dessen, was in der Gesellschaft falsch läuft". Luke Hoß (Linke) ergänzte: "Sie sprechen von Rechtsstaat und fordern das Gegenteil: Überwachungsmaßnahmen ausbauen, Strafgesetze verschärfen."

Dagegen begründete Günter Krings (CDU) die in der Koalition vereinbarten Rechtsänderungen mit Notwendigkeiten der Verbrechensbekämpfung. Insbesondere im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern sei die Speicherung von IP-Adressen vorrangig, weil diese oft "der einzige Ansatzpunkt" sei, um Verbrechen im Netz aufzuklären. Vorrang hätten daneben auch Maßnahmen gegen die unerträgliche Zunahme von Gewalt gegen Frauen. Deshalb müsse man "endlich Fußfesseln ermöglichen". In schweren Fällen sollten nicht Frauen ins Frauenhaus flüchten müssen, sondern "Täter ins Täterhaus" kommen - nämlich in Haft. 

In den Worten von Sonja Eichwede (SPD) gelte es angesichts von Angriffen auf Demokratie und Rechtsstaat zu zeigen, "dass sich die Justiz auf uns verlassen kann und dass nur ein starker, gut ausgestatteter und lebendiger Rechtsstaat unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen kann".

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