Bärs Aufholjagd beginnt : Milliarden für die Hightech-Agenda
Im UN-Innovationsindex liegt Deutschland nur noch auf Platz elf – für Forschungsministerin Bär ein zusätzlicher Ansporn, kräftig zu investieren.
Deutschland ist im Innovationsindex der Vereinten Nationen weiter abgerutscht. Im neuesten Bericht der UN-Organisation für geistiges Eigentum (Wipo) belegt die Bundesrepublik hinter China Platz elf und gehört damit nicht mehr zu den zehn innovationsreichsten Ländern der Welt. An der Spitze des jährlich im September erscheinenden Rankings steht die Schweiz, gefolgt von Schweden und den USA.

Für das Leibniz-Institut baut das Start-up IQM Germany den europäischen Quantenrechner Euro-Q-Exa. Mit Quantentechnologie will Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern.
Für Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) ist der Negativtrend im Innovationsindex kein Grund zur Sorge. Vielmehr sei dies "eine ganz große Chance" beim Thema Innovationen und Schlüsseltechnologien kräftig zu investieren und den Trend umzukehren, sagte sie am vergangenen Donnerstag bei der Debatte zum Einzelplan 30 des Haushaltsentwurfs 2026.
Forschungsetat liegt für 2026 bei rund 21,3 Milliarden Euro
Da Bär sich leicht verspätete, hörte sie sich zunächst die erste Rede aus jeder Fraktion an, bevor sie selbst ans Rednerpult trat. Unternehmen, Start-ups und Menschen in diesem Land hätten eine enorme Innovationskraft, sagte sie dann. Damit diese sich auch entfalten könne, wolle der Staat den Bürokratieabbau vorantreiben und vor allem bei den Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz und Quantenforschung unterstützen. Bärs Ziel dabei: "'Made in Germany' muss seinen alten Glanz wiederbekommen".
Von den rund 21,3 Milliarden Euro, die der Haushaltsentwurf für das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) vorsieht, sind rund 8,2 Milliarden Euro für die Forschung für Innovationen und die Hightech-Agenda Deutschland vorgesehen. Weitere Gelder für die Hightech-Agenda stehen außerdem im Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität zur Verfügung.
„'Made in Germany' muss seinen alten Glanz wiederbekommen.“
Wie viel Geld Bär am Ende tatsächlich für ihr Prestige-Projekt zur Verfügung haben wird, ist schwierig zu beziffern. Die Aufteilung zwischen Kernhaushalt und Sondervermögen sorge für Intransparenz und mache eine exakte Aufstellung der Gelder sehr kompliziert, kritisierte der Bundesrechnungshof in seinem Bericht zum Einzelplan 30, der "Table Media" vorliegt.
Neben den Schlüsseltechnologien fokussiert sich das Ministerium mit der Hightech-Agenda auf sogenannte strategische Forschungsfelder wie die Gesundheitsforschung und die Raumfahrt. Für Letzteres sind laut Bär mehr als eine Milliarde Euro in dieser Wahlperiode eingeplant. Für 2026 sollen zusätzlich rund 50 Millionen Euro aus dem Sondervermögen für die nationale Raumfahrtinfrastruktur fließen.
Bei Zuständigkeiten und Aufgaben des BMFTR herrscht weiterhin Uneinigkeit
Die Raumfahrt gehöre zur kritischen Infrastruktur und sei daher entscheidend für eine stärkere Souveränität Deutschlands, betonte Ronja Kemmer (CDU). Ohne Satelliten gebe es beispielsweise keine Navigation in Autos und kein verlässliches Netz im Krisenfall. Deutschland habe viele starke Player bei der Raumfahrtforschung, es sei nun an der Bundesregierung, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Obwohl nun bereits der Haushalt für 2026 beraten werde, gebe es immer noch kein Organigramm des neu zugeschnittenen Ministeriums, kritisierte Grünen-Politikerin Paula Piechotta. Dadurch herrsche weiterhin Unklarheit über die Zuständigkeiten und Ansprechpartner. Ursprünglich sollten die Ressorts bis zum 1. August die Zuständigkeiten geregelt haben, die mit dem neuen Zuschnitt des ehemaligen Bildungs- und Forschungsministeriums einhergehen. Bislang konnte jedoch keine Einigung erzielt werden. Insbesondere der Streit mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) um Aufgabenbereiche hemme laut Piechotta die Arbeit des Ministeriums. Es sei dringend an der Zeit, dass das Haus "mit Substanz gefüllt wird".
SPD: Mehr junge Menschen müssen vom Bafög wissen
Piechotta sagte weiter, dass sie vor allem beim Thema Bafög "keine neuen Anreize und Steigerungen" im Entwurf sehe. Sie sei gespannt, ob die Koalition bei der angekündigten Bafög-Novelle ihr Wort halte. Dass eine Reform dringend notwendig sei, zeige sich schon darin, dass in vielen Städten die Wohnpauschale mittlerweile unter dem Durchschnittspreis eines WG-Zimmers liege.
Der Etatentwurf veranschlagt rund 1,1 Milliarden Euro für Studierenden-Bafög. Hinzu kommen 507 Millionen Euro für das Schüler-Bafög.
Auch Svenja Schulze (SPD) adressierte das Bafög in ihrer Rede. Um keine jungen Talente zu verlieren, gebe es Unterstützungen wie Bafög, so Schulze. Doch die besten Reformen nützten nichts, wenn die Betroffenen nichts davon wüssten. Junge Menschen müssten schnell erfahren, ob und wie viel Förderung sie erhalten.
AfD und Linke thematisieren Wissenschaftsfreiheit
Viel Kritik am Haushaltsentwurf übte AfD-Politiker Sergei Minich. Es handelte sich dabei nicht um ein "Zukunftsprogramm, sondern eine teure PR-Maschine". Die Regierung mache Schulden auf Pump und gebe sie als Zukunftsinvestitionen aus. Es fehle an Fokus, Effizienz und Prioritäten.
Minich betonte außerdem, dass die AfD sich zwar für eine freie Wissenschaft einsetze, allerdings könne diese nur "ohne Quote, ohne Dogma und ohne Gängelung" wirken. Es sei nicht die Aufgabe des Staates, sich überall einzumischen.
Auch Nicole Gohlke (Die Linke) befasste sich mit der Wissenschaftsfreiheit. Es sei jetzt geboten, das deutsche Wissenschaftssystem resilienter zu machen "gegen autoritäre und antidemokratische Übernahmeversuche von rechts". Die aktuelle Politik von US-Präsident Donald Trump zeige, wie sehr die Wissenschaft sonst unter Druck gerate. Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland sind laut Gohlke "fatal, weil sie auf ein System treffen, bei dem bewusst über Jahrzehnte hinweg prekäre Beschäftigung forciert wurde". In der Forschung seien befristete Verträge immer noch die Regel. Ein solches System, das "auf Unsicherheit und Abhängigkeit" beruhe, mache sich erpressbar. Daher forderte Gohlke von Forschungsministerin Bär "Dauerstellen für Daueraufgaben" und bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft.
Mehr zum Haushalt 2026

Bundeskanzler Friedrich Merz will die Deutschen auf Änderungen im Sozialstaat vorbereiten. Wie diese konkret aussehen sollen, ist allerdings noch unklar.

Der Haushalt des Innenministers soll nach dem Willen der Bundesregierung im kommenden Jahr die Schwelle von 16 Milliarden Euro übersteigen.

Deutschlands Verteidigungsausgaben sollen 2026 auf rund 108 Milliarden steigen. Bis 2029 sollen sie gar auf 153 Milliarden anwachsen.