Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung : Unter Druck von allen Seiten
Dass die Ausgaben für Entwicklung 2026 erneut sinken werden, sorgt im Bundestag für breite Unzufriedenheit. Nur die AfD will das Ministerium ganz abschaffen.
So viel Einigkeit ist selten im Bundestag: Ob Koalitions- oder Oppositionsfraktionen - wirklich zufrieden zeigte sich keine mit dem Etat für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im kommenden Jahr. Auch wenn die vom Haushaltsausschuss geänderte Fassung (21/2061, 21/2062) des Regierungsentwurfs am Mittwoch in zweiter Beratung mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD angenommen wurde, hagelte es von allen Seiten Kritik an dem 10,05 Milliarden Euro-Budget.
AfD spricht von Steuerverschwendung
Für die AfD sprach Rocco Kever von Steuerverschwendung "ohne messbaren Mehrwert für Deutschland" und forderte erneut die Abschaffung des BMZ und die Umschichtung eines Teils der freiwerdenden Mittel: 800 Millionen Euro sollten für humanitäre Hilfe und das Welternährungsprogramm an das Auswärtige Amt gehen, 1,2 Milliarden Euro an das Wirtschaftsministerium, um Rohstoffe im Ausland zu sichern und Kooperationen im Bereich Handel und Infrastruktur zu stärken.
„Die Bundesregierung spart an den weltweit Ärmsten der Armen.“
Inge Gräßle (CDU) bemängelte unter anderem die aus ihrer Sicht zu geringen Ausgaben (162 Millionen Euro) für die Kooperation mit der Wirtschaft, obwohl private Investitionen sehr wichtig seien für die Entwicklungszusammenarbeit. Die um 80 Prozent gekürzten Mittel für die berufliche Bildung, darunter Stipendien des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD), nannte Gräßle zudem "einen Fehler", der korrigiert werden müsse.
Das Budget für Entwicklung ist seit 2021 um 20 Prozent geschrumpft
SPD, Grüne und Linke zeigten sich insgesamt enttäuscht über die neuerlichen Kürzungen im BMZ-Etat. Zumal dieser sich schon seit 2021 in stetem Sinkflug befindet: Um rund 20 Prozent sind die Ausgaben seither gesunken, 2,4 Prozent sind es im Vergleich zum laufenden Jahr. Das Minus hätte noch größer ausfallen können, wäre es in den Haushaltsberatungen nicht gelungen, den Regierungsansatz um 90 Millionen Euro aufzustocken , darunter auch die Mittel für Krisenprävention und Wiederaufbau, das Welternährungsprogramm (WFP) und die Globale Ausrottungsinitiative gegen Polio.
Die Ausgaben für Entwicklung im Jahr 2026
💶 Für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter Leitung von Reem Alabali Radovan (SPD) stehen 2026 rund 10,05 Milliarden Euro zur Verfügung (2025: 10,31 Milliarden Euro). Mit geplanten Investitionen in Höhe von 6,11 Milliarden Euro (2025: 6,57 Milliarden Euro) bleibt der Etat der zweitgrößte Investitionshaushalt des Bundes.
🔜 Die 2026 ausgebrachten Verpflichtungsermächtigungen - für Ausgaben, die in zukünftigen Haushaltsjahren anfallen - belaufen sich auf 7,95 Milliarden Euro und liegen damit 987,03 Millionen Euro über dem Regierungsentwurf.
🏢 Die Regierung hatte in ihrem Entwurf für den Bundeshaushalt 2026 eigentlich eine Absenkung des Budgets auf 9,94 Milliarden Euro vorgesehen, doch die Abgeordneten erhöhten unter anderem die Beiträge für zahlreiche Organisationen der Vereinten Nationen.
➕ Das Welternährungsprogramm bekommt nun statt 28 Millionen Euro 40 Millionen Euro, die Globale Initiative zur Ausrottung von Polio wird um vier Millionen Euro auf 23 Millionen Euro aufgestockt und für Krisenbewältigung und Wiederaufbau erhöhten die Haushälter den Ansatz um 15 Millionen Euro auf 711 Millionen Euro.
Wer allerdings in den Etat von 2025 schaut, sieht netto trotzdem ein Minus: um über drei Prozent schrumpfen die Ausgaben für Krisenbewältigung, um fast 20 Prozent die für das WFP und sogar um 23 Prozent die für das Polio-Programm; aus Sicht von Medizinern eine “fatale Entwicklung”.
Felix Döring (SPD) erklärte, die Verhandlungen über den Haushalt 2026 hätten unter schwierigen Rahmenbedingungen stattgefunden. Der Konsolidierungsdruck für den Bundeshaushalt sei hoch, im Koalitionsvertrag sei ein Absinken der öffentlichen Entwicklungsleistungen vereinbart worden. Deutschland bleibe jedoch ein verlässlicher Partner, versicherte er.
Grüne hatten Aufstockung des Etats um 2,3 Milliarden Euro gefordert
Sascha Wagner (Die Linke) warf der Bundesregierung indes vor, an den weltweit Ärmsten der Armen zu sparen und forderte von der Bundesregierung ein Sofortprogramm gegen Hunger. Ohne Entwicklungszusammenarbeit würden die Folgekosten der globalen Krisen "größer und größer, auch für den deutschen Bundeshaushalt", warnte er.
Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) hätte sich auch mehr Mittel für ihr Ressort gewünscht.
Auch Jamila Schäfer (Grüne) vertrat die Ansicht, Investitionen in Konfliktprävention und internationalen Klimaschutz seien die "wirksamsten und kosteneffizientesten Formen moderner Sicherheitspolitik". Die Grünen hatten sich für eine Aufstockung des Entwicklungsetats um 2,3 Milliarden Euro eingesetzt.
Ministerin Reem Alabali Radovan (SPD) räumte ein, dass mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit nötig seien. Sie verwies aber auch auf die Zusage von BMZ und Umweltministerium beim jüngsten Weltklimagipfel, in den nächsten zehn Jahren eine Milliarde Euro in den neuen Tropenwaldfonds TFFF einzuzahlen. "Der Kampf gegen Hunger gegen Armut und Ungleichheit bleibt das Herz der deutschen Entwicklungspolitik", stellte sie außerdem klar.
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