Etat für Arbeit und Soziales : Die Rentenzuschüsse steigen erneut kräftig
Union und SPD betonen den Reformwillen beim Sozialstaat und vermeiden Zeichen von Uneinigkeit. „Starke Schultern müssen mehr tragen“, sagt Ministerin Bärbel Bas.

Nachdem die monatlichen Regelsätze beim Bürgergeld 2023 und 2024 deutlich angehoben worden sind und es anschließend heftige Kritik an der Kostenexplosion gab, wird es in diesem und im nächsten Jahr eine Nullrunde bei den Regelsätzen geben.
Als am Mittwochabend der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für 2025 im Bundestag debattiert wurde, ging es natürlich auch um diverse Titelansätze dieses Haushaltsplans. Aber eigentlich alle Abgeordneten hatten ihre Aufmerksamkeit auch auf etwas anderes gelegt, auf das große Ganze sozusagen: die Sozialstaatsreform. Die Notwendigkeit selbiger leugnet inzwischen niemand mehr, das war auch in dieser Haushaltsdebatte zu spüren. Immerhin das ist schon ein erster Erfolg der seit Wochen tobenden Debatte darum, auch wenn die dafür eingesetzte Kommission erst Ende des Jahres ihre Ergebnisse präsentieren soll.
Der Etat umfasst 14 Milliarden Euro mehr als 2024
Union und SPD bemühten sich um größtmögliche Distanz zu "Bullshit"-Rhetoriken. Es war erkennbar ein Anliegen der Koalitionäre, Gemeinsamkeiten zu betonen; noch müssen sie bei diesem Punkt auch keine Detailfragen klären. Die Rolle der "Bremser" beziehungsweise Mahner vor zu viel Sozialabbau nahmen vor allem Grüne und Linke ein, während die AfD sich thematisch treu blieb und vor allem den hohen Anteil ausländischer Staatsbürger unter den Bürgergeld-Beziehern anprangerte.
Wie üblich ist der Einzelplan 11 der größte Einzelposten im Bundeshaushalt insgesamt. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) stehen in diesem Jahr 190,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit steigt der Etat deutlich gegenüber 2024 (175,68 Milliarden Euro), um mehr als 14 Milliarden Euro. Gegenüber dem Regierungsentwurf kamen noch einmal 36 Millionen Euro hinzu. Der Anstieg geht vor allem auf höhere Zuschüsse des Bundes an die Rentenversicherung zurück. Diese sind mit Abstand der größte Ausgabenposten und belaufen sich auf 122,5 Milliarden Euro (2024: 116,27 Milliarden Euro), Auf Platz zwei folgen die Ausgaben für die Grundsicherung für Arbeitssuchende (unter anderem: Bürgergeld, Unterkunftskosten und Eingliederungsleistungen) mit 51,96 Milliarden Euro (2024: 46,81 Milliarden Euro).
„Wo sind die Maßnahmen, die den demografischen Wandel angehen?“
Neu in das Ressort und damit in den Haushaltsplan integriert wurden die Zuständigkeiten der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (vorher im Kanzleramt angesiedelt) einschließlich des Arbeitsstabes sowie der Beauftragten für Antirassismus.
Viele Verweise auf die wirtschaftliche Gesamtsituation
Ministerin Bärbel Bas bekräftigte den Reformwillen der Regierung: "Wir wollen unser Land modernisieren. Ich möchte, dass mehr Menschen in Arbeit kommen, in gute Arbeit." Dafür müsse die wirtschaftliche Dynamik gestärkt werden, sagte Bas. Sie wehrte sich dagegen, die Errungenschaften des Sozialstaats in Misskredit zu bringen. "Nur wer sich auf die soziale Sicherheit verlassen kann, der ist auch bereit zu Reformen. Die Menschen erwarten, dass starke Schultern mehr tragen, aber auch, dass der Sozialstaat nicht ausgenutzt wird", betonte sie.
Der Etat für Arbeit und Soziales im Überblick 📊
💰 Für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik werden in diesem Jahr 190,3 Milliarden Euro ausgegeben.
💸 Das meiste Geld fließt in Zuschüsse für die Rentenversicherung (122,5 Milliarden Euro) und in die Grundsicherung für Arbeitssuchende (51,96 Milliarden Euro). Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung kostet 11,76 Milliarden Euro.
🤝 Neu im BMAS angesiedelt sind die Beauftragten der Regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und für Antirassismus.
Yannick Bury (CDU) sagte, entscheidend sei jetzt, dass der Arbeitsmarkt anziehe, damit sich die Beitragszahlungen in die Sozialsysteme stabilisieren. "Die größte Gefahr für die Sozialsysteme ist nicht die aktuelle Diskussion darüber, sondern jetzt nichts zu tun", warnte er.
Kathrin Michel (SPD) ging ebenfalls auf die Sozialstaatsdebatte ein: "Was wir brauchen, ist ein starkes soziales Fundament. Unser Sozialstaat ist kein Almosen, er ist die Brücke, die uns verbindet und die Gesellschaft zusammenhält."
Die AfD kritisiert zu hohen Ausländeranteil im Bürgergeld
Gerrit Huy (AfD) forderte, ausländische Staatsangehörige sollten erst sehr viele Jahre in die Sozialsysteme eingezahlt haben, um einen Anspruch auf Leistungen zu erwerben. Auch sollten Flüchtlinge, die keine Arbeit finden, in ihre Heimat zurückkehren oder ansonsten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Dadurch könne ein zweistelliger Milliardenbetrag eingespart werden, so ihre Prognose.

Leon Eckert (Bündnis 90/Die Grünen) attestierte Union und SPD, ein Stillhalteabkommen zulasten der jüngeren Generation geschlossen zu haben. Sei es die Ausweitung der Mütterrente, die Verlängerung der Renten-Haltelinie oder die Aktivrente, all dies müsse nicht die jetzige Rentengeneration bezahlen. "Wo sind die Maßnahmen, die den demografischen Wandel angehen?", fragte er und kritisierte eine Schieflage.
Tamara Mazzi (Die Linke) betonte in Richtung Bundesregierung: "Die Arbeitslosen sind nicht Schuld an Ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik, und Haushaltslöcher lassen sich auch mit Einsparungen beim Bürgergeld nicht stopfen." Sie warf der schwarz-roten Koalition vor, ausgerechnet bei der Weiterbildung von Arbeitssuchenden zu sparen. Deshalb solle sie nicht zu laut über Fachkräftemangel klagen, sagte Mazzi.
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