Etat für Arbeit und Soziales : Bürgergeld und Rente bleiben die größten Ausgabenposten
Zwar ist es das erklärte Ziel der Koalition, beim Bürgergeld zu sparen, bisher schlägt sich dieses Vorhaben aber noch nicht im Haushaltsentwurf 2025 nieder.

Die Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit hat sich zuletzt wegen der schwächelnden Konjunktur verschlechtert.
Es war der Dauerstreit, während die Ampel regierte: Das Bürgergeld müsse durch eine "Neue Grundsicherung" ersetzt und diese deutlich billiger werden, hieß es noch im Wahlkampf von der Union; die regierenden SPD und Grünen hielten dagegen. Im nun vorgelegten Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2025 steigen jedoch die Ausgaben für die in Misskredit geratene Grundsicherung für Arbeitssuchende erstmal kräftig. Mehr als 29 Milliarden Euro lässt sich der Bund in diesem Jahr das Bürgergeld kosten. Das ist ein Plus von drei Milliarden Euro gegenüber 2024.
Insgesamt steigt der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sogar um 14 Milliarden Euro (auf 190,3 Milliarden Euro) gegenüber dem Vorjahr, was zu einem großen Teil an den steigenden Rentenkosten liegt.
Arbeitsministerin Bas will die Sozialstaatsdebatte anders führen
Als die Debatte über den Einzelplan 11, den mit Abstand größten Einzeletat im Haushaltsentwurf, am Freitag wegen der koalitionsinternen Kontroverse über die Wahl neuer Bundesverfassungsrichter durch den Bundestag, sehr verspätet startete, war es Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales, ein Anliegen, etwas Grundsätzliches klarzustellen: "In die Debatte über unseren Sozialstaat hat sich ein schriller Ton eingeschlichen, der uns nicht gut tut. Wir müssen die Debatte entgiften und dürfen nicht zulassen, dass Arbeitnehmer, Arbeitgeber und arbeitslose Menschen gegeneinander ausgespielt werden."
Bas betonte, dass auch sie Reformbedarf sieht, deshalb werde sie eine Kommission zur Reform des Sozialstaats einsetzen und aus dem Sondervermögen Geld in die digitale Infrastruktur der Sozialbehörden stecken.
Von einer neuen Kommission war Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) nicht begeistert: "Wir brauchen jetzt eine aktive Politik und nicht eine neue Kommission nach der anderen." Sie kritisierte außerdem, dass sich der Haushaltsentwurf gegenüber jenem der Ampel-Regierung für 2025 kaum verändert habe und keine eigenen Akzente setze.
„Sie haben keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit dieser Menschen!“
An Carsten Linnemann (CDU) war es, Zuversicht zu verbreiten: Neue Zahlen zeigten, dass es der Wirtschaft wieder besser gehe, das komme auch dem Sozialstaat zugute. "Der Solidargedanke steht für diese Koalition ganz oben", betonte er. Dennoch müsse das Bürgergeld durch eine neue Grundsicherung ersetzt werden, um Menschen, die arbeiten können, stärker in die Pflicht zu nehmen.
Einzelplan ist für die SPD ein “klares Bekenntnis für nachhaltige Beschäftigung”
Leon Eckart (Grüne) warf Linnemann vor, an der von Bas attestierten spaltenden Debatte mitzuarbeiten. Die Grünen setzten dagegen auf wirkliche Solidarität. Dazu gehöre ein "Bürgergeld, das die Menschen an die Hand nimmt und an sie glaubt".
Offenbar konnte das Eingangsstatement der Ministerin auch Tamara Mazzi (Die Linke) nicht überzeugen. Denn sie warf der Regierung und explizit auch der SPD vor, mit Verachtung auf arme Menschen zu blicken. Wöchentlich höre man in Talkshows die Klagen über fehlende Sanktionen im Bürgergeld, aber: "Sie haben keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit dieser Menschen!" Die Mehrheit wolle arbeiten, betonte Mazzi.
Für Kathrin Michel (SPD) drückt sich in dem Einzelplan "das klare Bekenntnis der Regierung für nachhaltige Beschäftigung, Existenzsicherung und Respekt aus". Natürlich müsse Sozialbetrug verfolgt werden, aber dies betreffe nur einen sehr kleinen Kreis von Menschen. "Daraus eine Systemdebatte zu machen, ist unverantwortlich", sagte sie.
Löwenanteil des Arbeits-Etats geht wie immer an die Rente
Der Löwenanteil des 190-Milliarden-Euro-Etats von Ministerin Bas entfällt dabei wie immer auf die Rentenversicherung und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Dafür sieht der Entwurf insgesamt 134,39 Milliarden Euro vor (2024: 127,3 Milliarden Euro). Darin enthalten sind die Leistungen an die Rentenversicherung mit 122,5 Milliarden Euro (2024: 116,27 Milliarden Euro). Die Beitragszahlungen für Kindererziehungszeiten ("Mütterrente") summieren sich auf 19,2 Milliarden Euro (2024: 18,14 Milliarden Euro). Die Erstattungen des Bundes für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schlagen mit 11,76 Milliarden Euro zu Buche (2024: 10,9 Milliarden Euro).
Für die Grundsicherung für Arbeitsuchende will der Bund in diesem Jahr 51,96 Milliarden Euro ausgeben (2024: 46,81 Milliarden Euro). Die Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung soll von 11,1 Milliarden Euro 2024 auf 13 Milliarden Euro 2025 steigen.
Deutliche Erhöhungen sind bei den Kosten für das Bürgergeld geplant: Im Entwurf vorgesehen sind 29,6 Milliarden Euro (2024: 26,5 Milliarden Euro). Die Leistungen für Eingliederung in Arbeit, also die Vermittlung, sollen 4,1 Milliarden Euro kosten und haben sich damit gegenüber dem Vorjahr kaum verändert (2024: 4,15 Milliarden Euro).
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