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Dauerhafter Gedenkort geplant : Erinnerung an die polnischen Opfer

Der Bundestag fordert die dauerhafte Errichtung eines Gedenkortes für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs. Auch ein Deutsch-Polnischen Haus soll entstehen.

05.12.2025
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3 Min

In Berlin soll ein dauerhafter Gedenkort für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzungszeit zwischen 1939 und 1945 errichtet werden. Der Bundestag verabschiedete am Mittwoch einen entsprechenden Antrag mit den Stimmen der antragstellenden Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD sowie der Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Die AfD-Fraktion enthielt sich mehrheitlich, zwei Abgeordnete votierten gegen den Antrag.

Foto: picture alliance / epd-bild / Christian Ditsch

Ein temporärer Gedenkort für die mehr als fünf Millionen polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Besatzungsherrschaft wurde im Mai 2025 auf dem Gelände der ehemaligen Kroll-Oper eröffnet.

Der Gedenkort soll das derzeitige temporäre Denkmal auf dem Gelände der früheren Kroll-Oper ersetzen, das im Juni dieses Jahres enthüllt worden war. In der Kroll-Oper hatte Reichskanzler Adolf Hitler am 1. September 1939 den Angriff auf Polen verkündet, der den Beginn des Zweiten Weltkriegs einleitete.

Über die Gestaltung des zukünftigen Gedenkortes soll ein architektonisch-künstlerischer Wettbewerb entscheiden, an dessen Ausgestaltung auch die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und polnische Experten eingebunden werden sollen. Zudem fordert der Bundestag mit dem Antrag die Bundesregierung auf, gemeinsam mit dem Land Berlin eine Immobilie oder ein Grundstück für die Realisierung des Deutsch-Polnischen Hauses zu schaffen, "das als ein Ort der historischen Aufklärung und Begegnung sowie als Zukunftslabor für die Zivilgesellschaften Deutschlands und Polens realisiert werden soll".

Mehr als fünf Millionen Tote unter der polnischen Zivilbevölkerung

Die Redner aller Fraktionen erinnerten in der Debatte an den Angriff Deutschlands auf Polen und die deutsche Besatzungszeit mit mehr als fünf Millionen zivilen Opfern unter der polnischen Bevölkerung. Noch mehr Polen wurden in Konzentrationslager oder zur Zwangsarbeit verschleppt. Etwa die Hälfte der Opfer des Holocaust waren polnische Bürger. Städte und Dörfer wurden zerstört und Kulturgüter geraubt. Tausende polnische Kinder wurden ihren Eltern weggenommen und in Heimen im Sinn der Nationalsozialisten erzogen.

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Mit der Errichtung des Gedenkortes werde "eine Lücke in unserer Gedenklandschaft" geschlossen und ein neues Kapitel in den deutsch-polnische Beziehungen eröffnet, betonte die CDU-Abgeordnete Ottilie Klein.

Der AfD-Abgeordnete Götz Frömming kritisierte, dass geplante Deutsch-Polnische Haus sei kein "Projekt auf Augenhöhe". Ansonsten dürfte dort nicht nur an die polnischen Opfer, sondern auch an die etwa zwölf Millionen Deutsche erinnert werden, die bei Ende des Zweiten Weltkriegs "durch Flucht, Vertreibung oder Deportation" ihre Heimat verloren hätten. Frömming erinnerte zudem an die Reparationsforderungen der polnischen Regierung an Deutschland. Diese Forderungen seien auch während der Debatten über das Mahnmal für die polnischen Opfer nicht leiser geworden.

Breite Kritik an Frömmings Äußerungen

Nancy Faeser (SPD) bezeichnete Frömmings Rede als "unwürdig" und hielt ihm vor, die Vergangenheit zu relativieren. Der Antrag der Koalition sei ein "Meilenstein" in den deutsch-polnischen Beziehungen. 

Auch Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Isabelle Vandre (Linke) kritisierten Götz Frömming. Er verharmlose die deutschen Verbrechen, verhöhne die Opfer und betreibe Geschichtsrevisionismus. Paul Ziemiak (CDU) attestierte der AfD, auch in Polen gebe es Politiker, die "auf Nationalismus und auf Abgrenzung setzen" und nicht sehen wollten, “was uns als Länder verbindet”.

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