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Politisches Profil : Der Frohgemute: Danyal Bayaz

Danyal Bayaz, der Wirtschaftsminister Baden-Württembergs, hat vieles vorausgesehen –dass die Union so schnell den Weg der Verschuldung ging, hat auch ihn überrascht.

29.07.2025
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3 Min

Es müssen diese "Soft Skills" sein, von denen Danyal Bayaz spricht, die er in seiner Zeit als Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG) in den USA erlernt habe: Führen mit positiver Fehlerkultur, als er am Ende des Telefonats sagt: "Das schaffen Sie bestimmt!" Wobei seine Stimme einen Mangel an Zuversicht nicht zulässt. Gerade war die Frage aufgekommen, wie man so viele Informationen wie über ihn in einen mit knapp 4.000 Zeichen recht kurzen Text gießen könne. Aber nehmen wir den Finanzminister Baden-Württembergs beim Wort.

Foto: picture alliance/dpa/Bernd Weißbrod

Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit Mai 2021 Finanzminister des Landes Baden-Württemberg. Davor saß der Unternehmensberater von 2017 bis 2021 im Bundestag.

Neulich gewann er viele Wetten, während eine danebenging. Dass die neue Bundesregierung den Weg einer verstärkten Verschuldung gehen werde, sagte Bayaz voraus. Wie schnell indes sich die Union dazu nach der vergangenen Bundestagswahl entschied, hatte er nicht kommen sehen, "diese eine Wette habe ich verloren", sagt er. Noch im vergangenen Herbst habe er mit dem damaligen Oppositionsführer Friedrich Merz bei einem Panel diskutiert, “und als er meinte, allein mit Bürokratieabbau und Kürzung des Bürgergeldes werde das schon mit dem Haushalt, fragte ich mich: Glaubt er das wirklich?”


„Ich bin ein Anhänger der Schuldenbremse, aber sie muss weiterentwickelt werden, mit einem Hebel für zielgerichtete Investitionen.“
Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen)

Jedenfalls stimmte seine Partei, die Grünen, "aus staatspolitischer Verantwortung den Verschuldungsplänen zu, mit einem mulmigen Gefühl". Denn Bayaz ist einer, der kraft Amtes das Geld beisammenzuhalten hat. "Die grüne Bundestagsfraktion hat der Regierung mit dieser Zustimmung einen Vertrauensvorschuss gegeben, daraus erwächst eine große Verantwortung für die Koalition." Bayaz sieht drei Punkte der Zukunftsfähigkeit: Schulden, Klima und Rente. 

Bayaz sieht eine finanzpolitische Zeitenwende auf sein Bundesland zukommen

"Ich bin ein Anhänger der Schuldenbremse, aber sie muss weiterentwickelt werden, mit einem Hebel für zielgerichtete Investitionen." Dennoch solle die Expertenkommission die Zügel künftig straffer ziehen, insbesondere die hohen Summen für die Verteidigung müssten mittelfristig wieder stärker aus dem Kernhaushalt finanziert werden. Beim Klimaschutz könne es nicht sein, dass der bei einer einzigen Partei abgeladen werde, "und an die Finanzierung der Rente müssen wir rangehen, bestimmte Berufsgruppen werden länger arbeiten müssen, zum Beispiel Akademiker". Auch für sein Bundesland sieht er eine finanzpolitische Zeitenwende.

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Kommunen vermelden sinkende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben. "Da muss man Prioritäten setzen. Wir tun dies bei der Förderung von Forschung", sagt er und hebt an zu einem Loblied auf Baden-Württemberg, auf seine "Hidden Champions" und dass die Bayern nur im Angeben noch weiter seien als alle anderen Bundesländer. Man merkt, dass die Grünen seit einigen Jahren im Land regieren. Bayaz, 41, kam in Heidelberg auf die Welt. Die Mutter aus einer hessischen Großfamilie, der Vater ein türkischer Rundfunkredakteur, dessen Vater Großkonsul der Türkei in Deutschland gewesen war. "Mein Elternhaus war schon sehr politisch", erinnert er sich, "da wurde viel diskutiert". Doch parteipolitisches Engagement stellte sich beim Junior erst später ein, als Bayaz beim Studium Lokalgrößen wie Fritz Kuhn und Cem Özdemir kennenlernte.

Das große Ganze im Blick

Das Interesse für die Komplexitäten von Wirtschaft und Finanzen wurde im Studium der Kommunikationswissenschaft geweckt, Bayaz promovierte über Finanzmärkte, unter anderem an der Cornell-Universität in New York, wo ihn auch die Strategieberater von BCG entdeckten. Seine Arbeit dort endete 2017 mit dem Einzug in den Bundestag. 

2021 dann die Ernennung zum obersten Kassenwart seines Heimatbundeslandes. "In der Exekutive bin ich weniger frei und muss gerade als Finanzminister das Ganze im Blick haben", sagt er, "aber dafür näher dran am konkreten Gestalten". Je länger das Interview dauert, desto mehr wirkt es wie ein Tresengespräch, eine Vertrautheit stellt sich ein. Bayaz erzählt von der Basketballmannschaft am Landtag, in der sich Pförtner, Abgeordnete und Minister unterm Korb tummeln - aber dann sind die 4.000 Zeichen schon voll.

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